Überfordert?

Heute saß ich mit meinem abgekämpften und verzweifelten Sohn über seinen Mathe-Hausaufgaben (G8 in Bayern ist einfach Stress für die Kleinen). Er war der Meinung, die Aufgaben seien viel zu schwer und er könne das nicht. Dabei hatte er nur von einer Zeile in die nächste eine Zahl falsch abgeschrieben. Aus Müdigkeit vermutlich.

Ich habe mich gefragt, ob das nicht manchmal im “richtigen Leben” auch so läuft. Ich beschwere mich darüber, dass irgend etwas nicht klappt oder unendlich schwer ist. Am Ende war es nur ein ganz dummer, simpler Fehler, aber die Aufgabe ist durchaus zu schaffen. So lange ich aberdenke, ich bin entweder unfähig oder die Herausforderung ist zu groß, merke ich das gar nicht.

Außerdem versuche ich mir gerade Gott als einen Vater vorzustellen, der mir bei meinen Aufgaben hilft. Hatte ich bisher noch nie aus dieser Perspektive betrachtet.

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Nicht umdrehen

Heute habe ich eine Weile über die Geschichte von Lots Frau nachgedacht. Zurückschauen in Dankbarkeit ist sicher eine Tugend, und auch der Blick zurück im Kummer über die eigene Ignoranz und Sünde ist völlig in Ordnung, wenn er dann in Dank mündet statt in Selbstzersetzung.

Es gibt aber auch ein wehmütiges Verklären der Vergangenheit – so als läge das Beste nicht noch vor mir im Leben. Es gibt ein Lecken der Wunden – oder wenn ich Verluste nicht akzeptiere und dann auch loslassen will. Und dann komme ich auf einmal nicht mehr an das Ziel, das Gott mir gesteckt hat, und zu der Erfüllung, die er sich für mich wünscht. Eine Salzsäule auf halbem Weg im Niemandsland.

Vielleicht wird die Versuchung dazu größer, je mehr Erfolge und Verluste hinter mir liegen, auf die ich zurückschauen kann, und je mehr mir bewusst wird, wie schnell ich Schiffbruch erleiden und mir ein Bein stellen könnte, je mehr ich also zurückscheue vor dem Ungewissen, in das hinein Gott mich führt oder aus dem heraus er mich ruft.

Jetzt muss ich das nur noch konsequent umsetzen…

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Himmel und Erde

Die Erde ist zum Bersten voll mit Himmel
und jeder gewöhnliche Busch
steht mit Gott in Flammen
aber nur wer sieht
zieht seine Schuhe aus
die anderen sitzen drum herum
und pflücken Brombeeren.

(Elizabeth Barrett Browning, Aurora Leigh)

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Reingezappt

Gestern abend habe ich von Harald Schmidt zu Kerner gezappt und bin zum ersten Mal (sonst macht Kerner keinen Stich gegen Schmidt) dort hängen geblieben. Grund war Bernd Siggelkow von der “Arche” in Berlin-Hellersdorf, der dort von seiner Arbeit unter sozial beachteiligten Kindern sprach.

Ich fand nicht nur die Arbeit toll, sondern auch die sympathische Natürlichkeit, wie er auf seinen Glauben zu sprechen kam. Wer es noch mal sehen will, kann seinen Videorecorder auf Freitag früh 3:15 bis 4:20 Uhr programmieren. Bruno Jonas über Glauben und Kirche hatte ich schon verpasst, der ist auch mit von der Partie und sicher für ein paar überraschende Einsichten gut.

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Dicke Luft

Die USA pusten pro Kopf über doppelt so viel Kohlendioxid in die Atmosphäre wie wir in der EU, berichtet die SZ aus Montreal. Weltweit ist das ein Anteil von 25%, und die US-Regierung verschließt noch immer die Augen vor den Folgen. Die Logik war bisher ungefähr die: Es kann ja niemand sagen, ob es bei verringertem Ausstoß nicht auch wärmer würde – einfach deshalb, weil der Fall gar nicht eintritt.

So gesehen wäre die Frage, ob die Hurrikans dieses Jahres nicht auch eine Form von Gericht über die USA sind. Nicht wegen deren moralischer Sünden, sondern wegen der ökologischen (das kapieren auch die frommen Propheten da drüben nicht so ganz, fürchte ich). Wie hieß es letzten Sonntag in der Predigt: Gott bestraft uns nicht wegen unserer Sünde, sondern mit ihr.

Aber in der EU haben auch nicht alle die Ziele von Kyoto erreicht, nur Großbritannien (die???), Frankreich und Schweden. Sogar wir sauberen Deutschen haben die Hausaugaben nicht fertig. Bei manchen anderen Europäern sieht es düster aus.

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Kriecht Hollywood zu Kreuze?

Naserümpfend berichten diese Woche Spiegel und Focus über die Tatsache, dass Hollywood derzeit auch “christliche” Stoffe verfilmt. Es klingt wie eine Verzweiflungstat der Studios, um angesichts von Raubkopien und schwindenden Einnahmen neue Kundenkreise zu erschließen. Dass Mel Gibson alles nur des Geldes wegen gemacht hat (das ihm vorher niemand geben wollte…!), ist sowieso klar, die gängige “Hermeneutik des Verdachts”, wie N.T. Wright sagen würde. Es muss um jeden Preis etwas Schmutziges zu enthüllen geben. Gehen sonst die Abonnenten von der Fahne?

Das ganze ist zudem nicht gerade glänzend recherchiert. Der Focus rätselt, ob Jesus als Löwe dargestellt nicht als Sakrileg empfunden würde und fragt zynisch, was denn an Opfertod und Auferstehung per se christlich sei (als käme das in jeder halbwegs anständigen Religion und Mythologie vor). Doch dass die Narnia Chroniken in England und den USA seit Jahrzehnten ein Klassiker sind wie bei uns Emil und die Detektive oder der Räuber Hotzenplotz, wird gar nicht erwähnt. Und dass hier und überall auf der Welt ein immer größerer Hunger nach Spiritualität wächst, und wie die in Geschichten wurzelt, haben die Jungs seit dem Weltjugendtag (da fiel es manchen von ihnen mal kurz auf) wieder erfolgreich verdrängt.

Unabhängig davon, wie viel der Film einspielt und ob er hier und da sich an der amerikanischen statt an unserer Kitschgrenze orientiert: Dass das Gute existiert, und dass es nicht nur das Böse in Verkleidung ist, und dass es am Ende gewinnt, es also eine Hoffnung gibt – das müssen wir alle immer wieder hören. Oder, wie Kapuzinerbruder Paulus von SAT 1 in der aktuellen Ausgabe von “Neues Leben” sagt: “wenn die Leute begreifen würden, dass ihr Schöpfer keine Lust hat, sie zu verkleinern, sondern dass er alles dran setzt, sie zu wirklich frei werden zu lassen, dann wären wir einen kräftigen Schritt weiter.”

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Evangelikales Ancient-Future Projekt

Robert Webber, Autor von u.a. “The Younger Evangelicals”, hat auf seiner Website ein spannendes offenes Projekt zur Erneuerung evangelikaler Theologie und Gemeinde vorgestellt. Es soll eine Weiterführung des “Chicago Call” von 1977 werden. Was genau der enthielt, muss ich auch erst noch herausfinden

Ich werde mich auf jeden Fall zur Mitarbeit bewerben. Man kann in einer von 36 Themengruppen an der geplanten Erklärung teilnehmen. Das alleine könnte schon spannend werden. Da bleibt nur noch die Schwierigkeit, sich zu entscheiden unter so vielen spannenden Themen.

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Die Guten ins Töpfchen…

Beim weiteren Nachdenken über die Gutmensch-Problematik fiel mir auf, dass sich die populäre Vorstellung, das ewige Leben sei eine Belohnung für anständiges Verhalten in diesem Leben, neben der klassisch vulgär-katholischen Leistungsfrömmigkeit vor allem auf Kant zurückgeht. Nicht, dass den alle gelesen oder gar verstanden hätten, aber er hat sicher eine Menge dazu beigetragen, dass in der Religiosität der Aufklärungskultur dieser moralisierende Zug so populär ist.
„Die Guten ins Töpfchen…“ weiterlesen

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Höllenpredigten

Ich bin je länger je mehr der Meinung, dass die klassischen Konzepte von Hölle weder zur missionarischen Mobilisierung von Christen noch zur Überzeugung von Noch-Nicht Christen irgend etwas Positives abwerfen. Es kommt nur Quatsch und Krampf dabei heraus.

Dennoch ist das Evangelium eine Botschaft, bei der es um Leben und Tod geht. Tod – nicht “Hölle”! Und über den Tod (der für uns alle so bedrohlich real ist, dass wir nicht darüber reden) sprechen wir nicht, so lange nur das “Danach” interessiert. Ganz anders dagegen Paulus, bei dem jede Vorstellung von Hölle fehlt (Gott wird alles in allem sein – da ist schlicht kein Platz mehr), ohne dass das (wie manche argwöhnen) zur “Allversöhnung” führen würde, die ja auch den Tod wieder nur verharmlost.

Warum also nicht offener, ehrlich und direkter über den Tod und seine Verwandten sprechen: Krankheit, Isolation, Hass, Verzweiflung. Da hat niemand Zweifel, ob das real ist. Und wer hier Hoffnung weckt, dem werden die Leute gerne zuhören, auch wenn es keine billige Lösung ist, die er beschreibt.

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Abgekupfert

Norma bietet heute ein “Design Notebook” an. Und rate mal, wessen Design das weiße 12,1“ Gerät kopiert? Richtig: Apples iBook, das übrigens billiger ist und bei der Stiftung Warentest besser abschneidet als die dort getesteten Wintel Notebooks namhafter Hersteller.

Vor Monaten schon verkaufte Plus ein klägliches Plagiat des iPod mini, auch nur marginal billiger als das Original und mit peinlichem Imitat des ”Klick Wheel“. Ist den Deutschen der Erfindungsgeist ausgegangen? Machen wir es nun den Taiwanesen nach?

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Kulturrelevanz – mal anders

Neulich in Braunschweig feierte man am 11.11. die Eröffnung des Karnevals. Ein paar Nasen standen mit Narrenkappen in der Fußgängerzone herum und versuchten mit kläglichem Erfolg Stimmung zu machen. Aus den Lautsprechern kamen einige hundert Watt Unterstützung, aber das Ganze zündete offensichtlich nur bei den wenigen, die auf Bierbänken hockten und schon kräftig ins Glas geschaut hatten. Das ist eben nicht das Rheinland. Und was mich angeht, ist das auch gut so.

In der VW-Arena fragte derweil Michael Herbst, wer denn die Menschen der Volksmusik-Kultur erreichen wird. Gute Frage: Ich bestimmt nicht. Das Thema aber hat mich schon vor ein paar Jahren mal sehr interessiert. Wer immer es unternimmt, kann sich meines Beifalls und meiner Gebete sicher sein.

Der “Lobpreisstadel” hätte sicher großen Zulauf, die Kreuzbuben könnten statt der Herzbuben auftreten, weitere Blasmusik (bitte auf die 1 und die 3 klatschen, keine Offbeats!) könnte von der Heilsarmee kommen, das Abendmahl würde mit Brezeln und Bier gefeiert werden. Gute-Laune-Predigten müssten mit viel Pathos und “Herz” gehalten werden und sollten ein Stück (ge)heil(t)e Welt vermitteln. Ein Trachtenanzug und Hemd mit weiß-roten Karos wäre als Outfit gut. Der Gemeindeleiter (respektive -leiterin) würde als “Wirt(in)” bezeichnet und aus einem Diakon würde nach biblischem Vorbild der “Ober”. Und zum Segen wird geschunkelt.

Frage an alle Experten: Würde das als “Emerging Church” durchgehen?

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Emotionen

Über Emotionen in Gottesdiensten wird ja viel gestritten. Leidenschaft und Fanatismus sind verwandt, aber keinesfalls identisch. Trotzdem wittern manche Fanatismus, wenn jemand nur ein bisschen begeistert wirkt. Ob man zur Erklärung dieser Angst unbedingt auf die jüngere deutsche Geschichte rekurrieren muss, sei mal dahingestellt.

Was wir verkennen ist die Tatsache, dass alle unsere Gottesdienste emotional sind. Nur eben oft weder fröhlich noch ausgelassen, ganz und gar nicht aufgekratzt, sondern Ernst (das ist auch eine Stimmung) mit einem Schuss Depression. Ok, sagen wir besser Melancholie. Weltschmerz.

Es ist daher nur ein Streit um die Frage, welche Stimmung wir für “normal” halten und ob wir verschiedene Stimmungen zulassen können. Immer happy ist ebenso unecht wie immer gedämpft. Und die, die immer den Vergleich mit dem Fußball bemühen, sollten mal genau hinsehen, wenn der Club wieder absteigt.

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Gutmenschen

Gestern hatten wir im Alpha Kurs ein interessantes Gespräch zu der Thematik “Ich bin doch ein guter Mensch – der liebe Gott lässt mich bestimmt einmal in den Himmel”. Beim längeren Nachdenken ist mir wieder aufgefallen, wie wenig sich Gott dafür interessiert, ob wir in unseren eigenen Augen gute Menschen sind. Jesus fragt den reichen Jüngling, warum er ihn (Jesus!!) gut nenne, wo doch Gott allein gut sei, und begnadigt umgekehrt einen Raubmörder in letzter Minute. Und Paulus fällt zu der Thematik im Philipperbrief nur ein Kraftausdruck ein.

Umgekehrt hat es mich auch über mich selber ins Nachdenken gebracht. Gott geht es um Liebe, nicht um Wohlverhalten. Die größten Chaoten haben bei ihm offene Türen, wenn sie ihn lieben. Aber wenn meine Frau sich perfekt verhalten und alles mögliche für mich tun würde, gleichzeitig aber mit ihrem Herzen ganz wo anders wäre, käme ich auch nicht damit klar. Lieber ab und zu eine schwierige, aber herzliche Aussprache. Nein, Gott interessiert sich nicht für gute Menschen, die sich hinter ihrem Gutmenschentum vor ihm verstecken. Oder vielleicht sollte ich sagen, er interessiert sich sehr wohl für sie, aber nicht für ihre vermeintlichen Leistungen und die anständige Fassade.

Und was bedeutet das für Himmel und Hölle?
„Gutmenschen“ weiterlesen

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Verpasste Chancen

Gestern berichtete die Tageszeitung von einer peinlich schlecht besuchten, aber inhaltlich interessanten Bürgerversammlung. Die gesamte Stadtspitze war da, aber eben kaum Bürger.

Ich muss gestehen, dass ich auch nichts mitbekommen hatte von dem Termin und ohnehin nicht in der Stadt war. Aber was wäre wohl, wenn wir als Christen und Gemeinden etwas wacher wären und erscheinen und uns konstruktiv einmischen (und, ketzerisch gedacht, zur Not einen Gebetsabend dafür kippen) würden?

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Au Wei – hnachten!

Auf dem Heimweg lese ich die Anzeigen in der Londoner U-Bahn. Ein Inserat zitiert ironisch das biblische “Geben ist seliger als Nehmen” und fügt an “or so they say”. Hier prallen die Welten des Glaubens und der Konsumgesellschaft aufeinander. Die Weihnachtsdekoration der Regent Street verzichtet auf alle biblisch-christlichen Symbole und ein Kaufhaus verkündet von der Fassade herab, man glaube an den Weihnachtsmann.

Ich frage mich, ob wir Weihnachten boykottieren und aus Protest in den Sommer verlegen sollten, um Kitsch und Kommerz ein Schnippchen zu schlagen und die wahre Bedeutung des Festes wieder klar kriegen zu können…

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