Liebe ?!?

Mich erstaunt immer wieder, wie unterschiedlich das Wort Liebe verstanden wird. Wenn wir mit Paaren sprechen, die heiraten wollen, fragen wir regelmäßig, was sie sich unter “Liebe” vorstellen. Ich glaube, manche überrascht diese Frage zwar, aber dann gibt es immer interessante Gespräche.

Weihnachten wird ja auch immer mit diesem Begriff in Verbindung gebracht, aber richtig verstanden prägt es ihn auch in einem ganz bestimmten – und, wie ich finde: im besten – Sinne. Ich habe mich die Tage auch an zwei Beschreibungen erinnert.

Bei Michael Welker erschien Liebe als “freie Selbstzurücknahme zugunsten anderer” – sie ist also etwas, das man tut. Viele können sich nur zurückziehen, nicht zurücknehmen (das ist ähnlich wie die Verwechslung von Gleichgütigkeit und Toleranz). Und Scott M. Peck sieht darin die willentliche Anstrengung, die anderen (und damit auch sich selbst) spirituelles Wachstum ermöglicht. Ich denke, er meint das nicht auf eine Innerlichkeit beschränkt, es beginnt nur da.

An Weihnachten, besser: in der Menschwerdung, nimmt Gott sich gleichzeitig zurück und streckt sich nach uns aus, kommt uns unerwartet nahe. Und genau damit definiert er Liebe. Das gilt für alle meine Beziehungen: Zu meiner Frau und meinen Kindern, Freunden, Nachbarn, Mitarbeitern und sogar Feinden. Sie zu lieben heißt, aktiv einen Raum zu schaffen, in dem sie sich entfalten können:

Die Liebe überwindet Feindschaften, wechselseitige Fremdheit und Gleichgültigkeit. (…) Die Liebe ist eine Meisterin im Erfinden lebensrettender Ausnahmen. Da sich die Liebe nicht nur in den geliebten Menschen versenkt, sondern auf dessen Umgebungen zu dessen Förderung direkt und indirekt einwirkt, baut sie beständig neue Formen des Lebens und Zusammenlebens auf. (…) Sie steckt an mit Ihrer Freude an der freien Selbstentfaltung anderer. (Michael Welker, Gottes Geist, S. 233)

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