Weisheit der Woche: Hunger nach Gott

Der Sinn des Lebens besteht darin, sich mit etwas Größerem zu verbünden – und je größer das ist, woran Sie sich halten, desto sinnvoller ist Ihr Leben. Viele Menschen, die Sinn und Zweck in ihrem Leben gesucht haben, haben sich dem New-Age-Denken zugewandt oder sind zurückgekehrt zu den etablierten Religionen. Sie spüren regelrecht einen Hunger nach Wundern und nach dem Eingreifen Gottes. Eine der verdeckten Folgekosten der zwanghaften Besessenheit heutiger Psychologie mit allem Pathologischen ist, dass sie diese Pilger hat verhungern lassen.

Martin Seligman in: Der Glücks-Faktor

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Naive Jenseitsvorstellungen

Als Kinder blätterten wir lachend die religiösen Bücher durch. Besonders lächerlich fanden wir die Hölle und das Paradies, die Hölle erinnerte uns an die russische Sauna, dort kochten die Sünder bei hohen Temperaturen. Auch das Paradies erinnerte lustigerweise an eine Sauna, wo schon gewaschene Sünder, in weiße Tücher gehüllt, auf der Suche nach ihren Hosen herumirrten.

Wladimir Kaminer in der Zeit über den Kampf zwischen Gut und Böse

"Sauna" von mag 3737 via flickr.com/creative commons 2.0
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Sinnvolle Selbstgespräche

Zuerst fand ich das merkwürdig: In manchen Psalmen fordert der jeweilige Beter sich auf, bestimmte Haltungen einzunehmen: „Lobe den Herrn, meine Seele“ (Ps 103,1ff) oder „warum bist du betrübt, meine Seele?“. Diese Selbstgespräche sind interessant, weil dann immer auch Gründe angeführt werden, die eigene Situation anders – positiver – zu bewerten, als bisher. Leider geht das Dialogische in Übersetzungen wie der Guten Nachricht verloren, wenn da zu Ps 42,6 nur noch steht „Warum bin ich so mutlos?“.

Mit sich selber so zu „disputieren“ ist eine Möglichkeit, Pessimismus und Niedergeschlagenheit zu überwinden, sagt auch Martin Seligman: „Erlernter Optimismus erfordert Genauigkeit“. Im Unterschied zur leeren Selbstsuggestion besteht die Aufgabe darin, wirkliche Gründe zu finden, das negative Urteil über sich selbst und die eigene Situation zurückzunehmen. In den Psalmen hat viel mit Gottes Verheißungen und seinen bisherigen guten Taten zu tun, die es in den Mittelpunkt unserer Lebensperspektive zu stellen gilt.

Es geht also um Argumente, nicht um Beschwichtigungen. In manchen unangenehmen Situationen muss ich genauer hinsehen und schärfer denken, damit eine Kritik weniger verletzend, ein Verlust weniger tragisch, ein Rückschlag weniger entmutigend und ein Versagen weniger endgültig ausfällt. Die spontanen Gedanken, die sich in solchen Situationen einstellen, sind eben nicht immer angemessen (z.B. wenn die Fußballmannschaft einen Gegentreffer kassiert und man sich schon am Rande einer Niederlage sieht). Eine bessere Einschätzung versetzt uns in die Lage, Frust zu überwinden („wir haben noch Zeit, und bisher haben wir fast immer ein Tor geschossen“) und vorhandene Möglichkeiten zu nutzen (Taktik ändern, frische Spieler einwechseln, Tempo erhöhen).

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Filmreife Verfolgung

Er lief arglos auf einer schmalen, einsamen Straße, als er hinter sich ein Fahrzeug auftauchen sah. Blinde Panik ergriff ihn und er lief, was die durchtrainierten Beine hergaben – weiter die Gasse entlang. Aber der Verfolger holte immer weiter auf. Er schlug einen kleinen Haken nach links, einen nach rechts, ohne Erfolg. Ich wollte ihm helfen in seiner verzweifelten Lage. In meinem Kopf schrie eine Stimme: „Bieg doch ab! So hast du keine Chance“, aber ich wusste, er würde mich nicht verstehen. Noch einmal sah ich den gehetzen Blick in seinen Augen. Dann geschah es:

Der Feldhase schlüpfte ins angrenzende Rapsfeld und verschwand. Ich zischte auf dem Rad vorbei und dachte, dass ich das so ähnlich schon in tausend Filmen gesehen hatte. Da allerdings wird das Opfer meistens überfahren. Hasen sind nicht besonders klug, aber offenbar schlauer als Drehbuchautoren und ihre Standardklischees. Dieses zu Beispiel habe ich noch nie verstanden.

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Zauberhaft

Freitag Abend im Wald bei Hartenstein. Wir sind mit der Konfi-Gruppe auf dem Rückweg von der Petershöhle zur Jugendherberge. Der Wald wird schon dunkel in der späten Abenddämmerung. Es ist immer noch sehr warm und staubtrocken.

Plötzlich ein Ruf von vorn: „Licht aus, Glühwürmchen“. Alle schalten die Taschen- und Stirnlampen ab – und tatsächlich: Der ganze Wald ist voller winziger, tanzender Lichter. Es müssen tausende sein. Für jeden Leuchtpunkt, der ausgeht, geht irgendwo anders wieder einer an. Fünf Minuten gehen wir ehrfürchtig durch einen zauberhaft illuminierten Forst und genießen einen Moment, den man weder festhalten noch wiederholen kann.

Wenn Galadriel hinter der nächsten Biegung auf dem Weg gestanden hätte, hätte mich das auch nicht mehr gewundert.

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Agenten und Alleingänge

Wir hatten diese Woche ein interessantes Gespräch rund um das Thema Gebet – mit all den schwierigen Fragen. Etwa die, warum wir Gott überhaupt um etwas bitten sollten, wenn er doch viel besser weiß was gut ist als wir, oder warum Gott nicht sowieso das Beste für alle tun sollte. Manche denken ja auch, dass Gott einen vollkommenen Plan hat, der seit Ewigkeiten fest steht, so dass man eigentlich nur beten kann „mach doch, was du willst“. Leider fühlt sich das Leben nur in seltenen Fällen so perfekt an.

Mir fiel dabei wieder ein, dass sich für mich eine Sache wie ein roter Faden durch die Bibel hindurch zieht: Gott handelt grundsätzlich nicht allein in der Geschichte. Er legt – nimmt man die biblischen Texte ernst – großen Wert darauf, menschliche Partner zu haben. Und das sind zu allererst Menschen, die beten. Nicht einfach nur für ihre persönlichen Bedürfnisse, sondern dafür, dass Gottes Wille geschieht, dass Gerechtigkeit kommt und Leid ein Ende hat. An eben diesem Punkt – seinen Willen durchzusetzen – hält sich Gott erstaunlich zurück. Ab und zu verzweifeln wir fast daran, dass er zögert. Wartet er auf uns? Mag er, anders als so manche Regierenden, keine Alleingänge?

Vorgezeichnet ist das bei Abraham, deutlich bei Mose und von da ab geht es über die Propheten zu Jesus und von Jesus zu allen Christen, die Gottes „Agenten“ auf Erden sind. Die feilschen auch mal mit Gott wie Abraham um Sodom und die bittende Witwe in Lukas 18, die den korrupten Richter belästigt. Gott ist sicher nicht korrupt, aber er lässt sich – so lese ich das – beeinflussen. Offenbar gar nicht so ungern.

Nicht, dass Gott nicht anders könnte. Vielleicht findet er auch hier und da niemanden und greift trotzdem ein, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern. Und sicher geht es hier nicht darum, sich mit einer privilegierten Partnerschaft zu brüsten. Allein die Tatsache, dass wir auf die Idee kommen, zu beten, und den Wunsch entwickeln, dass sich etwas verändert, ist dem Wirken des Heiligen Geistes zu verdanken. Beten ist schließlich auch keine Alternative zum Handeln, sondern eine Ausweitung unseres Handelns auf Bereiche, die wir nicht direkt beeinflussen können.

Also doch alles vorhergeplant? Nein, das gerade nicht – es ist vieles offen. Die Initiative geht von Gott aus. Aber wir spielen mit im Team. Und Geschichte entsteht im Zusammenspiel von Gott und Menschen. Er braucht von seinen Agenten keine Informationen, die hat er längst. Aber ab und zu schleust er irgendwo jemanden ein, der ihm eine Tür oder ein Fenster öffnet.

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Mehr erwarten?

Immer wieder mal begegnet mir jemand, der sagt, er sei mit Gott und den Christen fertig, weil er mit irgendjemandem schlimme Erfahrungen gemacht hat. Ich höre mir dann meistens die bedrückenden, empörenden oder traurigen Geschichten an. In der Regel ist das dann nicht der Augenblick für Diskussionen und Argumente, die die Schlussfolgerungen aus dem Erlebten in Frage stellen würden. Oft bin ich auch wütend über irgendwelche „lieben Geschwister“, die da leichtfertig, fahrlässig oder überheblich so einen fetten Bock geschossen haben. Ich denke, ich muss sie auch gar nicht in Schutz nehmen in so einem Moment.

Was mich dann aber auch frustriert, ist die Tatsache, dass hier jemand eine konkrete verletzende Erfahrung verallgemeinert. Letztlich ist es so, als würde er sagen: Ein Franzose hat mir mal eine Freundin ausgespannt oder den Traumjob weggeschnappt. Seitdem kann ich keine Franzosen mehr riechen. Oder: Ein Grieche hat mich mal beleidigt, seitdem können Griechen mir gestohlen bleiben.

Gut, sagen jetzt einige mit Recht, Christsein hat ja vielleicht auch einen moralischen (ich schlucke etwas bei dem Wort) Anspruch, der über dem der griechischen oder französischen Durchschnittsethik liegt. Da ist es eben viel ärgerlicher, wenn einer alle anderen in Verruf bringt. Das ist so wie mit Israel und den Palästinensern – wir erwarten von den Israelis ja auch (ob zu Recht oder zu Unrecht lassen wir mal dahingestellt sein), dass sie sich humaner oder zivilisierter verhalten als ihre Kontrahenten (denen die niedrigen Erwartungen an sie selbst anscheinend gar nicht so zu denken geben…).

Ja, Jesus fordert in der Bergpredigt eine „bessere Gerechtigkeit“, und moralischen Dünkel hat er damit sicher nicht gemeint. Trotzdem wundert es mich, dass manche Leute, denen nationale Vor- und Pauschalurteile ein Dorn im Auge sind, über Christen und Kirchen insgesamt so bereitwillig den Stab brechen. Vielleicht funktioniert es so: Weil man Christen für selbstgerecht hält oder als selbstgerecht erlebt, empört man sich auch eher selbstgerecht über ihr Versagen.

Sei’s drum – irgendwie würde ich auch von diesen Zeitgenossen gern etwas mehr erwarten…

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Wenn das mal gut geht…

Nach Bastian Schweinsteiger hat nun auch Philipp Lahm sich über die Argentinier negativ ausgelassen. Passt eigentlich gar nicht zu ihm. Mich erinnert das eher an Wayne Rooney vor dem Spiel letzten Sonntag oder die britischen Revolverblätter, die vergangene Woche beleidigt von „kick and crush“ träumten und regelmäßig zwar nicht das Viertelfinale von 2006, dafür aber den zweiten Weltkrieg wiederholt sehen möchten. Das Ergebnis kennen wir ja.

Ist das eine Operation in psychologischer Kriegsführung? Wenn ja, dann wäre damit das Eingeständnis verbunden, dass das deutsche Team sie nötig hat. Wenn nicht, was ist es dann?

Überflüssig! Hätten das nicht wieder Beckenbauer und Ballack erledigen können, wenn es schon unbedingt sein muss?

Kein gutes Zeichen. Hoffen wir, dass unsere Jungs auf dem Platz doch noch bessere Antworten geben als auf der Pressekonferenz. Die nämlich dämpfen derzeit eher meinen Optimismus.

Vielleicht kann ja der neue Bundespräsident mal ein positives Signal nach Buenos Aires schicken?

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