Wir hatten diese Woche ein interessantes Gespräch rund um das Thema Gebet – mit all den schwierigen Fragen. Etwa die, warum wir Gott überhaupt um etwas bitten sollten, wenn er doch viel besser weiß was gut ist als wir, oder warum Gott nicht sowieso das Beste für alle tun sollte. Manche denken ja auch, dass Gott einen vollkommenen Plan hat, der seit Ewigkeiten fest steht, so dass man eigentlich nur beten kann „mach doch, was du willst“. Leider fühlt sich das Leben nur in seltenen Fällen so perfekt an.
Mir fiel dabei wieder ein, dass sich für mich eine Sache wie ein roter Faden durch die Bibel hindurch zieht: Gott handelt grundsätzlich nicht allein in der Geschichte. Er legt – nimmt man die biblischen Texte ernst – großen Wert darauf, menschliche Partner zu haben. Und das sind zu allererst Menschen, die beten. Nicht einfach nur für ihre persönlichen Bedürfnisse, sondern dafür, dass Gottes Wille geschieht, dass Gerechtigkeit kommt und Leid ein Ende hat. An eben diesem Punkt – seinen Willen durchzusetzen – hält sich Gott erstaunlich zurück. Ab und zu verzweifeln wir fast daran, dass er zögert. Wartet er auf uns? Mag er, anders als so manche Regierenden, keine Alleingänge?
Vorgezeichnet ist das bei Abraham, deutlich bei Mose und von da ab geht es über die Propheten zu Jesus und von Jesus zu allen Christen, die Gottes „Agenten“ auf Erden sind. Die feilschen auch mal mit Gott wie Abraham um Sodom und die bittende Witwe in Lukas 18, die den korrupten Richter belästigt. Gott ist sicher nicht korrupt, aber er lässt sich – so lese ich das – beeinflussen. Offenbar gar nicht so ungern.
Nicht, dass Gott nicht anders könnte. Vielleicht findet er auch hier und da niemanden und greift trotzdem ein, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern. Und sicher geht es hier nicht darum, sich mit einer privilegierten Partnerschaft zu brüsten. Allein die Tatsache, dass wir auf die Idee kommen, zu beten, und den Wunsch entwickeln, dass sich etwas verändert, ist dem Wirken des Heiligen Geistes zu verdanken. Beten ist schließlich auch keine Alternative zum Handeln, sondern eine Ausweitung unseres Handelns auf Bereiche, die wir nicht direkt beeinflussen können.
Also doch alles vorhergeplant? Nein, das gerade nicht – es ist vieles offen. Die Initiative geht von Gott aus. Aber wir spielen mit im Team. Und Geschichte entsteht im Zusammenspiel von Gott und Menschen. Er braucht von seinen Agenten keine Informationen, die hat er längst. Aber ab und zu schleust er irgendwo jemanden ein, der ihm eine Tür oder ein Fenster öffnet.
Vielen Dank, das hat mich soeben zu einem längst fälligen Gebet ermutigt!
Ich find’s wichtig, dass Gebet nicht primär dazu da ist, Gott zum Handeln zu bewegen, sondern dass Gebet Beziehung bedeutet.
Mit meinem Mann rede ich doch auch nicht nur, damit er irgendwas tut, sondern einfach, weil es ein Teil unserer Beziehung ist.
Und manchmal entsteht aus dem Gespräch der Impuls zu einer Handlung, bei meinem Mann genauso wie bei Gott.
Ohne Gebet, wenn Gott einfach handeln würde, weil er ja eh alles weiß und es gut meint, wo bliebe da die Beziehung?
Grüßle, Tineli