Breites Angebot

Wer in einer multioptionalen Gesellschaft mit der Zeit geht, muss überkommene Formen in Frage stellen, besser noch: weiterentwickeln.

Etwa beim Abendmahl: Wäre es nicht viel sinnvoller, eine Art Buffet aufzubauen? Verschiedene Brotsorten wären im Angebot (Fladen, ungesäuert, leichtes Knäcke, herzhaft-bodenständiges Bauernbrot, Voll/Mehrkorn, Biosonne…), und daneben Wein (und Traubensaft) unterschiedlichster Farbe und Herkunft, so dass sich niemand geschmacklich diskriminiert fühlt: Ein herber, trockener Frankenwein für den Heimatverbundenen, ein eleganter Franzose oder Australier für den Weltbürger, Lambrusco aus der 2-Liter-Buddel aus Solidarität mit sozialen Randgruppen, Prosecco für die Party-Fraktion.

Rechnerisch ergeben sich bei je 5 Sorten Brot und Wein 20 mögliche Kombinationen. Für Abwechslung ist also gesorgt!

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Heut‘ schließt er wieder auf die Tür…

Als ich heute morgen als erster der Familie zum Gottesdienst ging, steckte ein Schlüssel innen in der Haustür. Ich zog ihn ein Stück heraus und machte mich auf den Weg. Als ich als letzter der Familie nach Hause kam, war ein Zettel an der Tür, die sich nicht öffnen ließ. Weil drinnen der Schlüssel steckte, inzwischen offenbar wieder richtig bis zum Anschlag.

Der Notdienst war schon im Anmarsch. Die Doppelfalztüre ist sehr sicher, ergo musste das alte Schloss (O-Ton Monteur: “Baumarkt-Qualität”) herausgebohrt und ein neues eingesetzt werden. Mit Wochenendzuschlag ein höllisch teurer Spaß. Vielleicht hätten wir doch lieber das Kellerfenster eindrücken sollen. Aber hinterher ist man immer klüger.

Vielleicht fragt sich der eine oder andere, ob mir dabei noch eine tiefsinnige Erkenntnis zuteil wurde oder warum sonst ich davon hier schreibe?

Fehlanzeige. Shit happens.

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Coole Regeln

Was man von Apple lernen kann, hat Harris Collingwood zusammengestellt. Es sind ein paar bemerkenswerte Gedanken dabei:

  • Großartigkeit (excellence) übertrifft alles: Auf unseren Kontext übertragen würde das bedeuten, dass Halbherzigkeit unser größter Feind ist. Nicht neu, aber wahr. Manchmal lohnt es sich, an Details eine Weile zu tüfteln und sie durchdacht und liebevoll zu gestalten.
  • Sich für eine Geschichte entscheiden und dabei bleiben: Unsere Identität macht sich in Geschichten fest, die man zwar fortschreiben, aber nicht wie ein Hemd wechseln kann. Es dauert lange genug, bis sich jemand in einer Gemeinde als “Insider” fühlt. Wer die Story ohne zwingenden Grund wechselt, macht alle vorübergehend zu Fremden. Keine gute Idee. Die Apple-Story (pfiffige Underdogs und Befreier einer fremdbeherrschten Welt) ist übrigens nicht so schlecht. Das gab’s doch schon mal?
  • Sich seine Freunde gut aussuchen und sich seine Feinde noch besser aussuchen, das ist unter Christen eine spannende Sache. Aber wir müssen wohl lernen zu unterscheiden, welche Partnerschaften uns helfen, Gottes Auftrag zu erfüllen (darum geht es ja, nicht um “cool Sein”) und wo wir uns über Gebühr Probleme einhandeln. Streitlust trifft oft genug die falschen. Von manchen Dingen (und Personen/Gruppen) muss man sich aber auch klar abgrenzen. Ein Schmusekurs mit George Bush etwa lässt unsere “Story” in einem reichlich Licht erscheinen. Vor allem aber müssen wir gut erklären können, wogegen unser Kampf (den gibt es) sich tatsächlich richtet. Nicht gegen “die anderen” nämlich (auch nicht gegen Bush), sondern gegen zerstörerische Kräfte und Tendenzen, die erst einmal im eigenen Herzen und in den eigenen Reihen überwunden und dann schließlich in unserer Umgebung werden wollen.
  • Dass man schließlich anderen den schwarzen Peter überlassen sollte, muss man erstens nicht zwingend aus Apples Story herauslesen und zweitens hat Collingwood es viel netter formuliert in dem Grundsatz “Show, don’t tell. Let others tell”: Man kann die Tatsachen für sich sprechen lassen. Auch das habe ich schon mal irgendwo gehört…
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Das fängt ja gut an

Unsere Bundeskanzlerin (Wort des Jahres 2005!) hat sich auf dem EU-Gipfel die ersten Sporen verdient und die Streithähne Blair und Chirac zum Kompromiss verführt 😉

Gut, sie hat ja Erfahrung: Erst musste sie die stolzen Landesfürsten der Union auf Kurs bringen und dann die große Koalition vermitteln. Da entsteht schon so etwas wie Kompetenz. Wir können uns ja eigentlich nur freuen, wenn da jemand am Ruder ist, der “Win-win” denkt.

Vielleicht erleben wir die Umkehrung des Schröder’schen “overpromise and underdeliver” – das könnte der Politikverdrossenheit (Wort des Jahres 1992) allmählich den Boden entziehen. Oder hoffe ich schon wieder zu viel?

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Bocklos

Mein Sohn hatte gestern mal wieder einen Anfall von Langeweile. Kein Freund da, Flimmerkistenzeit aufgebraucht, “kein Bock” auf andere Beschäftigungen (mein Hinweis auf unerledigte Hausaufgaben wurde als Zumutung zurückgewiesen).

Ich werde beim Duden den Antrag stellen, zu lustlos, furchtlos, arbeitslos nun auch “bocklos” in den deutschen Wortschatz aufzunehmen.

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Doppelt moralisch…?

In der aktuellen “Come” schreibt Rudi Pinke in einem transatlantischen Vergleich: “Seit Bush im Amt ist, ist Amerika ernster, konservativer, christlicher geworden.” Man muss ihm zugute halten, dass er danach auch ein paar Ungereimtheiten anspricht – aber gaaaaaanz dezent.

Mir ist das trotzdem nicht genug, denn wie der Seitenhieb auf Clinton (der war doch auch Christ…?) zeigt, hat wieder mal die (Sexual-) Moral Vorrang, während die Sozialethik in den Hintergrund rückt, zu den lässlichen Sünden.

“Europa lächelt gequält”, schreibt er weiter. Zu Recht – denn wenn Amerika tatsächlich christlicher geworden ist, dann wird die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit noch peinlicher als im alten, säkularen Europa, wenn man mal die Nachrichten betrachtet:
„Doppelt moralisch…?“ weiterlesen

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Wenn neu, dann richtig!

Heute habe ich Brian McLarens Vortrag aus Princeton gehört. Diese Stelle blieb besonders bei mir hängen, weil sie das Miteinander neuer und “alter” Gemeinden gut beschreibt und die richtigen Konsequenzen zieht:

Der beste Weg, bestehende Gemeinden zu beleben, ist neue Gemeinden zu pflanzen. … Ich glaube, wir müssen unverhältnismäßige, absurde, verschwenderische Beträge in die Pflanzung experimenteller, neuer Gemeinden hineinstecken, die keinen Erfolg garantieren, sondern die so gewagt sind wie nur möglich.

Mein Motto ist, dass bestehende Gemeinden nachahmen und neue Gemeinden innovativ sind (existing churches imitate and new churches innovate).

Das Problem vieler Neugründungen, sagt er dann noch dazu, ist dass sie leider oft nur erfolgreiche Vorbilder kopieren. Dann erreichen wir das Ziel, dass alle von der Anstrengung profitieren, nämlich auch nicht.

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Haltung bewahren

Denken und Handeln im Blick auf die kommende Generation, dabei ohne Furcht und Sorge jeden Tag bereit sein zu gehen, das ist die Haltung, die uns praktisch aufgezwungen ist und die tapfer durchzuhalten nicht leicht, aber notwendig ist. (D. Bonhoeffer)

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Au Weihnachten II

Das Magazin der SZ hat einen interessanten Artikel über Risiken und Nebenwirkungen von Weihnachtsfeiern: Jeder fünfte fehlt Kater-bedingt, jeder vierte verlangt benebelt eine Gehaltserhöhung, jeder dritte ist in Handgreiflichkeiten verwickelt und mehr als jeder zweite erhofft sich Sex. Hinterher stehen die Chancen für einen Leistungseinbruch oder einen Ehekrach nicht schlecht.

Also: Glückwunsch an alle, die ihre Weihnachtsfeier schon unbeschadet hinter sich haben 😉

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Alleine Glauben?

Immer wieder bekommt man zu hören, man müsse als Christ doch nicht ständig in die Kirche rennen. Besonders unter Evangelischen wird das noch als „Freiheit“ gehandelt: Glauben könne man doch auch für sich. Von solchen Anfragen aus dem persönlichen Umfeld erzählte mir erst jüngst wieder jemand.

Klar kann man das – weil Glauben in diesem Zusammenhang so verstanden wird, dass man der Meinung ist, es gibt ein höheres Wesen (und dass man, warum auch immer, deshalb ein anständiger Mensch sein sollte). Ganz anders sieht es aus, wenn Glauben bedeutet, Gott zu vertrauen, ihn zu lieben und sich von ihm verändern zu lassen. Glaube nicht als Meinung, sondern als Prozess – als Weg der Nachfolge. Nicht bloß kognitiv, sondern ganzheitlich. “Love is a verb”, habe ich neulich gelesen.

Das geht schlechterdings nicht alleine. Beziehung und Gemeinschaft ist für Christen immer die Nagelprobe echten Glaubens: Wie kann denn jemand sagen, er liebe Gott, wenn ihm sein Bruder/seine Schwester gleichgültig ist, fragt Johannes (1. Joh. 4,20). Erst die anderen stoßen mich mit der Nase darauf, wo ich Veränderung nötig habe und erst die anderen können bereits eingetretene Veränderungen wahrnehmen und bestätigen. Dann erst weiß ich, dass ich mir nichts in die Tasche lüge von wegen Anstand und guter Mensch. Nichts kann so befreiend sein wie solch eine Konfrontation und nichts ermutigt mehr als so ein Lob.

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Die Pharisäer-Taktik

Heute morgen habe ich auf Sacred Space Matthäus 21,23-37 gelesen. Jesus verweigert den Pharisäern eine Antwort, weil sie sich selbst nicht festlegen. So können sie selbst andere kritisieren, bleiben aber selbst unangreifbar. Oder anders gedacht: Sie sagen, was sie nicht wollen, aber nicht, was sie wirklich wollen.

Einerseits finde ich das erleichternd, zu sehen, dass es in Ordnung ist, diese Art Streitgespräche einfach abzubrechen. Andererseits merke ich, dass ich ja auch oft kritische Gedanken habe und äußere, und ich möchte nicht denselben Fehler machen, dabei im Negativen stecken zu bleiben und nicht mehr konstruktiv zu sein. In Zeiten von Post-dies und Post-das ist das keine leichte Aufgabe, aber eine lösbare.

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Gesund mit Sinn

Heute haben wir im Gottesdienst die Auswertung einer Umfrage erklärt bekommen, die psychisch Kranke und Gesunde im Hinblick darauf untersuchte, wie sie Sinn im Leben konstruieren. Es war spannend, weil einige von uns an der Befragung teilgenommen und dazu im Sommer einen umfangreichen Fragebogen ausgefüllt hatten.

Wir bekommen demnächst die offizielle schriftliche Auswertung (ich werde sie dann hier zugänglich machen). Vorab schön zu hören war allerdings, dass “wir Christen” offenbar trotz der gewöhnlichen Schwankungen und Krisen gut im Leben zurecht kommen, dass unsere Aussagen über Sinn relativ viele Verknüpfungen aufweisen (man muss sich das wie ein Netz denken – je mehr Knoten es hat, desto besser hält es) und dass die Kategorie “Wirksamkeit” (also etwas bewegen oder verändern zu wollen in unserer Welt) auffällig hoch im Kurs stand.
„Gesund mit Sinn“ weiterlesen

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Gesehen: Narnia

Heute waren wir mit drei unserer Kinder Narnia ansehen. Es ist viel mehr Disney und Kinderfilm als der Herr der Ringe, und er bleibt der Buchvorlage (die hatten wir ja letzten Sonntag noch einmal unter die Lupe genommen) ziemlich treu. Eigenwillige “Verbesserungen” wie in “Die Rückkehr des Königs” (z.B. Frodos unsäglicher Cliffhanger im Schicksalsberg oder die Totenarmee á la “Fluch der Karibik” in Minas Tirith) sind zum Glück ausgeblieben.

Aslan klang irgendwie nach Elmar Gunsch, das fand ich gewöhnungsbedürftig. Die Hexe wirkte blass (das sollte sie auch) aber leider nicht richtig gefährlich. Alles in allem aber schön verfilmt und nicht so plump, wie das bei Disney auch hätte ausfallen können. Vielleicht wäre der alte Lewis damit ja doch einverstanden gewesen, dass sein Märchen so verfilmt wird.

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N.T. Wright

Gestern auf der Autofahrt nach Ditzingen habe ich drei CDs von NT Wright zum Thema “Creation and New Creation in the New Testament” gehört. Der Mann begeistert mich jedes Mal wieder. Biblische Zusammenhänge auf eine so gute und immer wieder verblüffend andere, aber einleuchtende Weise zu erschließen und dabei nie abgehoben zu wirken, das ist schon eine Seltenheit.

Inhaltlich bewegt er sich sicher und souverän zwischen einem naiven Optimismus, was die Welt und ihre Zukunft angeht und einem zynischen Pessimismus hindurch. Auferstehung wird so nicht individualistisch missdeutet oder gar gnostisch aufgelöst (körperlose “Seele” wandert ins Jenseits), sondern in einen größeren Kontext gestellt, eben die Erneuerung der gesamten Schöpfung. Und am Ende steht der Ruf zu einer ganzheitlichen Spiritualität, zum Einsatz für Gerechtigkeit und die Begeisterung für Schönheit und Ästhetik. Ich muss mir das unbedingt bald noch einmal anhören.

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Reformatorische Westerwellen

Heute legt mir ein Freund ein Pamphlet hin, in dem jemand erklärt, dass die christliche Kirche seit 1900 (!) Jahren degeneriert. Drunter ein Diagramm, wie es richtig wäre. Ein Glück, dass wir das endlich erfahren. Das finstere Mittelalter, die Zeit der babylonischen Gefangenschaft hat ein Ende und hier ist der Prophet (stopp: Apostel!) der uns den Durchblick verschafft. Er tut das im Übrigen alle paar Jahre mit einer anderen Idee.

Wie verzweifelt muss man eigentlich sein, um auf solche Rhetorik hereinzufallen? Und warum muss jede nette (und meinetwegen auch hilfreiche, richtige, biblische, …) Idee dadurch zum Glänzen gebracht werden, dass man alles andere runtermacht? Gibt es zeitlos richtige Konzepte oder hatten die anderen eben auch in mancher Hinsicht ihre Zeit und Ihr Recht?

Vor 500 Jahren hat man auch mit großem Eifer Reformkonzepte verhandelt. Aber den reformatorischen Vogel hat einer abgeschossen, der gar nicht als Reformator angetreten war, sich erst mühsam in dieser Rolle zurecht fand (im Grunde hat er es nie richtig geschafft), weil er eigentlich nur Gott suchte und das Evangelium verstehen wollte (kein Diagramm…).

Wenn einer vollmundig den großen Wurf ankündigt (statt das Urteil darüber anderen bzw. der Nachwelt zu überlassen, oder – wie wäre das? – Gott selbst!), dann mag ich schon gar nicht mehr weiterlesen. Machen wir es doch eher wie die Bundeskanzlerin: Kleine Schritte, auch wenn Westerwelle (warum fällt mir jetzt ausgerechnet der als Vergleich ein – gibt’s da Parallelen?) über das Trippeln spottet und große Sprünge sehen will.

Den Stein der Weisen lassen wir lieber bei Harry Potter. Reformieren muss jede Generation, aber vielleicht etwas bescheidener im Anspruch nach außen.

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