Männlich/weiblich/wirklich nützlich…?

Wir hatten diese Woche schon eine muntere Diskussion über John Pipers Thesen zu einem „maskulinen“ Christentum. Mein Standpunkt war und ist, dass die Anwendung dieser Begrifflichkeit auf Gott (der der Kirche ein „masculine feel“ verordnet)  ein theologisch problematisches Unternehmen ist, das man aus gutem Grund unterlassen sollte. Ähnlich urteilt auch Scot McKnight als bewusster Evangelikaler:

This is a colossal example of driving the whole through a word (“masculine”) that is not a term used in the New Testament, which Testament never says “For Men Only.” Pastors are addressed in a number of passages in the NT, and not once are they told to be masculine.

Ich will Piper jetzt nicht böswillig in die Pfanne hauen, aber da er sich auch diesseits des großen Teichs einer gewissen Anhängerschaft erfreut, darf man schon einmal einen Blick darauf werfen, was für Vorstellungen von Kirche und Christentum hier befördert werden (die Entscheidung des Bundes der FeG für Pastorinnen mit solchen Diskussionen über den Abfall von der reinen biblischen Lehre liegt ja noch nicht so lange zurück).

Piper hat seine Sicht in acht Thesen gefasst; für alle, die an meiner korrekten Wiedergabe zweifeln, hier erst einmal der O-Ton:

1. A masculine ministry believes that it is more fitting that men take the lash of criticism that must come in a public ministry, than to unnecessarily expose women to this assault.

2. A masculine ministry seizes on full-orbed, biblical doctrine with a view to teaching it to the church and pressing it with courage into the lives of the people.

3. A masculine ministry brings out the more rugged aspects of the Christian life and presses them on the conscience of the church with a demeanor that accords with their proportion in Scripture.

4. A masculine ministry takes up heavy and painful realities in the Bible, and puts them forward to those who may not want to hear them.

5. A masculine ministry heralds the truth of Scripture, with urgency and forcefulness and penetrating conviction, to the world and in the regular worship services of the church.

6. A masculine ministry welcomes the challenges and costs of strong, courageous leadership without complaint or self-pity with a view to putting in place principles and structures and plans and people to carry a whole church into joyful fruitfulness.

7. A masculine ministry publicly and privately advocates for the vital and manifold ministries of women in the life and mission of the church.

8. A masculine ministry models for the church the protection, nourishing, and cherishing of a wife and children as part of the high calling of leadership.

Auf Deutsch und in meinen Worten:

  • Männer verhindern wo immer möglich, dass Frauen beißender Kritik ausgesetzt werden, die die öffentliche Verkündigung des Evangeliums unweigerlich nach sich zieht
  • Männer vermitteln der Kirche „biblische“ Lehre, und zwar „mutig“ und mit großem Nachdruck (!).
  • Männer bringen das „Kantige“ des Evangeliums zur Geltung und reden Leuten ins Gewissen
  • Männer reden über unbequeme Wahrheiten, besonders zu denen, die nicht hören wollen (an erster Stelle steht bei Piper dann auch erwartungsgemäß die Hölle als eine solch unbequeme Wahrheit)
  • Männer machen die „Wahrheit der Bibel“ in Kirche und Welt zu einer dringlichen Sache (das Wortfeld des „Drängens“ wird hier dreimal bemüht!)
  • Männer jammern nicht, wenn sie auf Widerstände treffen beim Versuch, Prinzipen, Strukturen und Pläne für eine fruchtbare Kirche umzusetzen, sondern sie begrüßen das
  • Männer sorgen dafür, dass Frauen in der Kirche mitarbeiten können (NB: von Leitung steht da nichts…)
  • Männer betrachten es als Teil ihrer Leitungsaufgabe, vorbildlich für Frauen und Kinder zu sorgen

Welches Ideal von Mann- und Frausein spricht nun erstens aus diesen Thesen und inwiefern entspricht das zweitens dem Geist des Evangeliums? Zum ersten:

  • „Männlich“ ist der penetrante Streiter für die öffentliche Wahrheit
  • „Männlich“ ist der bibel- und prinzipientreue Erzieher und Lehrmeister
  • „Männlich“ ist der starke Beschützer und Fürsprecher von Frauen und Kindern

Das alles charakterisiert möglicherweise die Person John Piper ebenso wie den „unverblümten, männlichen Mr. Ryle“ aus dem 19. Jahrhundert, den er seinen Männern als Vorbild vor Augen stellt. Aber ist das denn maskulin – im Unterschied zu allem, was man mit Weiblichkeit verbindet? Besteht in diesen Dingen notwendigerweise ein Gefälle zwischen Frauen und Männern – sind Männer also mutiger, wahrheitsliebender, lehrbegabter und leidensfähiger als Frauen oder sollten sie es zumindest sein, wenn sie Männer „nach dem Herzen Gottes“ sein wollen? Oder doch eher die Kultur des Biedermeier? Und müssen/sollten christliche Leiter (so lässt sich die letzte These ja verstehen) eine große und glückliche Familie haben – Paulus hatte das ja wegen des entbehrungsreichen Dienstes (von dem Pipers erste These vermutlich spricht) in Frage gestellt, und Jesus war meines Wissens auch unverheiratet?

Zwar spricht Piper in seiner Rede durchaus davon, dass Frauen all das auch dürften, was er hier beschreibt, aber schon die erste These deutet an, dass es eigentlich nicht notwendig sein sollte, dass Frauen solche Dinge tun, wie sich öffentlich in Konflikte zu begeben, weil ihnen die Männer diese Arbeit schon abgenommen haben sollten. Erinnert das nur mich verdächtig an die galante Entmündigung der Dame durch den Kavalier?

Zweitens: Wenn überhaupt, dann ist diese Darstellung von „maskuliner Leitung“ in der Kirche einer einseitigen Wahrnehmung geschuldet. Zwei Beispiele nur: Statt Menschen anzupredigen und unter Druck zu setzen spricht Paulus in 2. Kor 5 etwa von der werbenden Bitte des Apostels an die Menschen, sich mit Gott versöhnen zu lassen. Jesus, durchaus ein streitbarer Mensch, kann sich in Matthäus 23 weinend als „Glucke“ bezeichnen, die ihre Küken vor drohender Gefahr retten will. Pipers in aggressiver Diktion gehaltene Thesen lassen dafür wenig Spielraum, da wird für meinen Geschmack eher auf Konformität gedrängt statt auf Mündigkeit.

McKnight verweist als Antwort auf diese Diskussion unter anderem auf ein Buch von Beverly Gaventa mit dem bemerkenswerten Titel Our Mother Saint Paul. Ihr geht es nicht darum, Gott oder bestimmte Verhaltensweisen als maskulin oder feminin zu qualifizieren, sondern zu zeigen, wie Paulus für seinen Dienst an der Gemeinde neben väterlichen auch mütterliche Metaphern verwenden kann: Das Stillen (1Thess 2,7f.; 1Kor 3,1-3), das Gebären (Gal 4,17-20) und die kosmische Wiedergeburt (Römer 8,18ff.) mit den dazugehörigen Wehen.

Ob die Klassifizierung bestimmter hier beschriebener Verhaltensweisen als „maskulin“ uns weiterbringt, darf getrost bezweifelt werden. Auch Frauen sollen selbstverständlich tapfer streiten, mit oder ohne Männer in der Öffentlichkeit stehen oder sich schützend vor Schwächere stellen, gegebenenfalls auch vor in ihrer „Maskulinität“ verunsicherte Männer. Und auch Männer dürfen sich ein Beispiel am mütterlichen Apostel nehmen oder am gluckenden Jesus. Und mit den biblischen Wahrheiten (was auch immer der einzelne darunter versteht) darf man unaufdringlicher umgehen, getrost leiser davon sprechen, als das oben gefordert wird.

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Wenn Worte meine Sprache wären…

Ich habe neulich schon ein paar Leserinnen mit einem Nietzsche-Zitat darüber schockiert, wie Worte „das Ungemeine gemein machen“ können, und (wie mir gesagt wurde, ich konnte es nicht nachprüfen) etliche negative Bewertungen auf Jesus.de gesammelt. Freilich ist es paradox, den banalisierenden Effekt vielen Redens mit Worten zu beschreiben. Trotzdem – legen wir doch noch eine Schippe drauf mit den folgenden Worten von Thomas Merton zum gleichen Thema (und liebe Jesus.de Freaks, ab jetzt lest Ihr auf eigene Gefahr weiter, also bitte beklagt Euch nicht hinterher…):

Wir setzen Worte zwischen uns und die Dinge. Selbst Gott ist zu einem weiteren unwirklichen Konzept im Niemandsland der Sprache geworden, die nicht mehr als ein Mittel der Verbundenheit mit der Wirklichkeit dient.

Das Leben in der Stille, das Schweigen, beseitigt die Vernebelung durch Worte, die der Mensch zwischen sich und die Dinge gebracht hat. In der Stille begegnen wir dem nackten Wesen der Dinge von Angesicht zu Angesicht. Und doch merken wir, dass die Nacktheit der Wirklichkeit, vor der wir uns gefürchtet hatten, weder eine Sache des Schreckens noch der Scham ist. Sie ist in die freundliche Gemeinschaft des Schweigens gekleidet, und dieses Schweigen ist Liebe. Die Welt, die unsere Worte zu klassifizieren, zu beherrschen und sogar zu verachten suchten (weil sie sie nicht fassen konnten), kommt uns nahe, denn die Stille lehrt uns, die Wirklichkeit zu kennen, indem wir sie achten, wo Worte sie beschmutzt haben. (hier gefunden)

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Neue deutsche Coolness?

Deutschlands neue starke Rolle in Europa führt dazu, dass andere immer wieder alte Nazi-Klischees aufleben lassen. Bisher war man das nur von englischen Zeitungen während eines Fußballturniers gewohnt. In der Zeit fragt Bernd Ulrich sich und uns, wie man darauf am besten reagieren sollte – derzeit nimmt das ja eher zu als ab. Einerseits können wir das leidige Nazi-Kapitel nie für endgültig abgeschlossen erklären, andererseits darf man den allzu durchsichtigen Manipulationsversuchen auch nicht auf den Leim gehen, wenn wieder einmal jemand die Nazi-Karte spielt:

Die deutsche Vergangenheit wird nur dann ganz sicher nicht wiederkehren, wenn die Deutschen sich nie ganz sicher sind, dass sie nicht wiederkehrt. Darum können sich die Deutschen, ihre Politiker zumal, nicht ganz verpanzern, weder gegen Anwürfe von außen noch gegen Anflüge von Selbstzweifeln. Es bleibt da eine wunde Stelle.

Was soll man nun tun? Die anderen bitten, mit diesem Nazi-Mist einfach aufzuhören, uns Deutsche bitte schön in jeder nur erdenklichen Form zu beschimpfen außer in dieser? Ja, das könnte man. Die Deutschen könnten auch zugeben, dass sie geliebt werden wollen (das ist nichts Schlimmes), viel mehr als Franzosen oder Briten, die sich schon selbst ganz gut lieben. Allerdings können sich die Deutschen vor lauter Liebesbedürftigkeit nicht selbst verleugnen, schon weil die anderen sie dann nur noch mehr verachten würden.

Schließlich muss sich eine gewisse Coolness nach außen mit besonders hoher historischer Sensibilität nach innen verbinden. Antisemitismus, Neonazi-Terror, Geschichtsvergessenheit, Anfälle von Arroganz – das sind die wirklichen Gefahren und Verführungen.

 

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Himmlische Alpha-Männchen?

Wenn man die Bibel mit einer patriarchalischen Brille liest, bekommt man patriarchalische Ansichten bestätigt. Das hat in diesen Tagen John Piper wieder einmal bilderbuchmäßig vorexerziert.

Statt zu fragen, inwiefern die Begrifflichkeiten „Vater“ und „Sohn“ und alles weitere in diesem Zusammenhang die patriarchalisch strukturierte Ursprungskultur widerspiegeln, statt zu bedenken, wie sie in deren Kontext zu verstehen sind und ob im biblischen Reden von Gott nicht vielleicht auch ein Keim zur Überwindung dieser Kultur stecken könnte, statt schließlich auch noch die unabdingbare Frage in den Raum zu stellen, ob menschliche Kategorien wie maskulin und feminin auf Gott überhaupt sinnvoll anwendbar sind…

… konstatiert Piper ganz plump eine Präferenz „Gottes“ für das Maskuline, und das kann er dann auch noch gleich mit ein paar Attributen griffig aufschlüsseln und seinen Anhängern als ethische Norm oder spirituelles Ideal vor Augen stellen. Nicht dass ich bisher begeistert gewesen wäre von seinen Thesen, aber dieses Reflexionsniveau ist hatte ich dann doch nicht erwartet.

Gott steht also nicht mehr über der menschlichen Geschlechterdifferenz, sondern mittendrin. Andromorphismen sind ja nichts Neues in der Theologie, auch wenn sie im 21. Jahrhundert aus gutem Grund seltener geworden sind.

Vor allem sind sie – zumal in dieser Form – selbst schlicht unbiblisch. Denn auch wenn von Gott konkret häufig als Vater, Herr etc. die Rede ist, wird die abstrakte Frage, ob und inwiefern er nun „männlich“ oder „weiblich“ sei, weder aufgeworfen noch beantwortet. Vielleicht auch deshalb, weil damals noch genug jüdische Scheu vor dem Namen und Geheimnis Gottes bestand, um ihn aus Testosteronkriegen herauszuhalten. Gottes Namen (das zeigt schon der Plural) enthüllen sein Geheimnis ja nicht etwa, sie bewahren es vor allem.

Dasselbe gilt von Jesus: Nicht seine Männlichkeit, sondern seine Menschlichkeit in ihrem Verhältnis zu Gott ist das große theologische Thema der Alten Kirche. Und auch hier wird im Nizänischen Bekenntnis das Bild menschlicher Vaterschaft (und mit ihm die Kategorien jeglicher Biologie!) komplett gesprengt, wenn es heißt „aus dem Vater geboren (!) vor aller Zeit“

Wenn man im Bestreben, die Bibel so wörtlich wie nur möglich zu nehmen, den metaphorischen Charakter biblischer Sprache und dessen unvermeidliche kulturelle Bedingtheit übersieht, verliert man nicht nur vor lauter Wörtern den Sinn, sondern man wird auch versuchen, die gesellschaftlichen Verhältnisse von damals zu reproduzieren: Piper will, so der Bericht, ja eine erkennbar maskuline Kirche (man fragt sich unwillkürlich: wo bleibt die „Braut“ aus der Offenbarung?). Pipers Repristinierung des Patriarchalen geht also über ihr antikes Vorbild weit hinaus. Er sagt zu viel über Gott und macht ihn dadurch nicht etwas größer, sondern kleiner, zu einer Art transzendenten Alpha-Männchen.

Frech gefragt: Vielleicht löst diese Impuls als ungewollt kompensatorisches Element zu seiner Gotteslehre einen neuen Schub von Marienverehrung unter den NeoReformierten aus? Die blüht ja wohl nicht ganz zufällig dort, wo Männer die Hierarchie komplett besetzt halten. Für uns Deutsche ist das insofern relevant, als man bei „Evangelium 21“ Pipers Gedankengut eifrig importiert – im Mai wird er in Hamburg erwartet.

Wird nun Gott vermännlicht oder das Männliche vergöttlicht? In jedem Fall kann man zugespitzt sagen: John Pipers Gott sieht ihm seit letzter Woche etwas ähnlicher. Und der Slogan „Desiring God“ bekommt einen neuen Beigeschmack.

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Ein kostspieliges Ja

Brian McLaren schriebt in Naked Spirituality, dass Evangelikale den Wert des Commitment (Zusage, Bindung, Verpflichtung, Hingabe) schon immer verstanden haben. Man ist vielleicht von Geburt aus blond, oder deutsch, oder auch Linkshänder.

Die Beziehung zu Gott ähnelt jedoch mehr einer Ehe: sie erfordert ein bewusstes Ja – ein erstmaliges, das dann zu den unterschiedlichsten Gelegenheiten bekräftigt werden möchte. Manche dieser Situationen und Augenblicke sind alles andere als einfach:

Am meisten zählt unser Ja, wenn wir ungerechte Behandlung statt Lob erfahren für unsere Mühen. Deshalb ist das Thema des Leidens für gute Taten so zentral in allen unseren spirituellen Traditionen.

Ja zu sagen zum Tun des Guten und dann ignoriert zu werden, Ja zu sagen zum Tun des Richtigen und dann missverstanden und kritisiert zu werden, Ja zu sagen zum Handeln aus Liebe und dann geschmäht und sogar gekreuzigt zu werden – das ist das Terrain, auf das wir eines Tages alle eingeladen werden.

Das ist das Ja des nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.

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Altes Lied, neue Strophen

Das Thema wird offenbar nie langweilig: Die Klage der Frauen über die Männer und die Klage der Männer über die Klage der Frauen. Der Feuilleton-Beitrag „Schmerzensmänner“ von Nina Pauer in der Zeit hat zahlreiche Antworten erhalten, unter anderem von Ina Deter und Johan Korndner in der taz und Christoph Scheuermann vom Spiegel. Persönlich fand ich aber die Replik aus Pauers eigenen „Stall“ am interessantesten. Sie stammt von Meli Kiyak, die zur Qual der Wahl im Zeitalter des totalen Konsums kritisch bemerkt:

In der Generation der 30- bis 40-Jährigen findet sich doch wirklich jeder, jede und alles, je nach Milieu, Bildung, Herkunft, Wohnort. Wer es nicht glaubt, schaue sich um. Es gibt Musikklubs, die nach Musikrichtungen unterteilt sind, es gibt Restaurants, die nur Knoblauchgerichte oder milchfreie Speisen anbieten, es gibt Boutiquen, die für schwangere Frauen ausgerichtet sind, und Kaufhäuser, die ausschließlich Geringverdiener im Blick haben, es gibt Spartenfernsehen, Spartenradio, Spartenbuchhandlungen, Spartenkontaktbörsen […]

Das Überangebot führt allerdings dazu, dass man mit seiner persönlichen Checkliste loszieht: »Wie soll er aussehen, passt er zu meinen Lebensmittelunverträglichkeiten und den Haustieren, wie viele Kinder und Ehefrauen darf er höchstens alimentieren? Wie präsentiert er sich bei Facebook, wie groß, wie dick ist er? Nein, nicht schon wieder einer mit Schuppenflechte, mit dem Letzten musste man auch schon auf gemeinsame Schaumbäder verzichten, und wenn man etwas liebt, dann Schaumbäder…« Allzu verständlich, dass der durch Überfluss verwöhnt Suchende seine Kriterien nicht ausgerechnet bei der Partnerwahl einschränken wird. Also macht man sich auf die Suche nach dem Richtigen, der zum richtigen Zeitpunkt alles richtig macht. Wenn Männer alles prima können, Geld verdienen, renovieren, sich um die Verhütung kümmern, Parfum benutzen, kann es nur noch an Details scheitern. Dann geht es nur um Melancholie, Ratlosigkeit, Nervosität und so. Wer Herrn Optimal und Fräulein Perfekt nicht findet, der schraubt nicht etwa seine Kriterien herunter, sondern verzweifelt gleich grundsätzlich. Wer so tickt, ist kein Mensch, sondern eine Suchmaschine.

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Natürlich bereichert

Mit den hilfreichen Anregungen einiger Kommentatoren ausgestattet bin ich am Mittwoch beim Treffen der NGE-Berater in Fulda gewesen. Klaus Schönberg vom Paradies-Projekt und Stefan Lingott von Novavox waren ebenfalls mit Kurzreferaten am Start und Oliver Schippers moderierte das ganze souverän, locker und launig.

Im Vorfeld hatte ich mir ja noch über modernistische Aspekte im Naturverständnis Gedanken gemacht. In den Gesprächen und Begegnungen während dieses interaktiv gestalteten Tages bin ich einer bunten Vielfalt von sehr aufgeschlossenen Leuten begegnet, die so gar nicht an fertigen Konzepten zu kleben schienen, sondern sich bereitwillig und neugierig auf die verschiedenen Impulse einließen und engagiert mitdiskutierten. So engagiert und aufgeschlossen, wie ich es tatsächlich schon eine ganze Weile nicht erlebt habe.

Es ist ja nicht alltäglich, unter so vielen Menschen zu sein, die sich ernsthaft Gedanken über Zukunft und Veränderung manchen und dabei nicht in starren Schablonen, denken, sondern offene Fragen stellen, und die bereit sind, sich auf einen Weg zu machen, auch wenn die Route noch nicht vollständig berechnet ist. Das war hier der Fall, und zwar auf ziemlich hohem Niveau.

Eine neue Frage, die ich aus der Diskussion mitgenommen habe: Ist Matthäus 28,18-20 eigentlich die einzige (bzw. alles entscheidende) Formulierung des Auftrags der christlichen Kirche? Und wenn ja, ist sie dann vor allem so zu verstehen, dass es jedem einzelnen Christen aufgetragen ist, andere „zu Jüngern zu machen“, oder deutet die Plural-Formuiierung an, dass es sich hier um einen Mannschaftssport handelt?

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Warten auf Volf (1)

Mit der Übersetzung von Miroslav Volfs Exclusion and Embrace bin ich nun (endlich!) fertig und warte gespannt auf den Termin der Veröffentlichung. Sobald der feststeht, werde ich ihn hier bekanntgeben. In der Zwischenzeit poste ich immer mal wieder ein Appetithäppchen: interessante Beobachtungen oder provokative Thesen, die Fragen aufwerfen. Ausdiskutieren können wir das alles, wenn jeder das Buch auf dem Tisch liegen hat. Aber man kann mit dem Nachdenken ja schon mal anfangen 🙂

Los geht’s mit einer These zu „biblischem Mann- und Frausein aus Kapitel IV:

Biblisches „Frausein“ und „Mannsein“ – wenn es so etwas überhaupt gibt, so verschieden wie die männlichen und weiblichen Charaktere und Rollen, auf die wir in der Bibel stoßen, nun einmal sind – sind keine göttlich sanktionierten Modelle, sondern kulturell verortete Beispiele; sie sind Schilderungen von Erfolg und Scheitern der Männer wie der Frauen, dem Anspruch Gottes auf Ihr Leben in einer konkreten Lage gerecht zu werden. Damit sage ich nicht, dass die biblischen Konstrukte dessen, was Männer und Frauen […] tun oder lassen sollten, falsch sind, sondern dass sie in einem anderen kulturellen Kontext von begrenztem normativem Wert sind, da sie notwendigerweise mit spezifischen kulturellen Annahmen über geschlechtliche Identität und Rollen befrachtet sind.

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