Neue deutsche Coolness?

Deutschlands neue starke Rolle in Europa führt dazu, dass andere immer wieder alte Nazi-Klischees aufleben lassen. Bisher war man das nur von englischen Zeitungen während eines Fußballturniers gewohnt. In der Zeit fragt Bernd Ulrich sich und uns, wie man darauf am besten reagieren sollte – derzeit nimmt das ja eher zu als ab. Einerseits können wir das leidige Nazi-Kapitel nie für endgültig abgeschlossen erklären, andererseits darf man den allzu durchsichtigen Manipulationsversuchen auch nicht auf den Leim gehen, wenn wieder einmal jemand die Nazi-Karte spielt:

Die deutsche Vergangenheit wird nur dann ganz sicher nicht wiederkehren, wenn die Deutschen sich nie ganz sicher sind, dass sie nicht wiederkehrt. Darum können sich die Deutschen, ihre Politiker zumal, nicht ganz verpanzern, weder gegen Anwürfe von außen noch gegen Anflüge von Selbstzweifeln. Es bleibt da eine wunde Stelle.

Was soll man nun tun? Die anderen bitten, mit diesem Nazi-Mist einfach aufzuhören, uns Deutsche bitte schön in jeder nur erdenklichen Form zu beschimpfen außer in dieser? Ja, das könnte man. Die Deutschen könnten auch zugeben, dass sie geliebt werden wollen (das ist nichts Schlimmes), viel mehr als Franzosen oder Briten, die sich schon selbst ganz gut lieben. Allerdings können sich die Deutschen vor lauter Liebesbedürftigkeit nicht selbst verleugnen, schon weil die anderen sie dann nur noch mehr verachten würden.

Schließlich muss sich eine gewisse Coolness nach außen mit besonders hoher historischer Sensibilität nach innen verbinden. Antisemitismus, Neonazi-Terror, Geschichtsvergessenheit, Anfälle von Arroganz – das sind die wirklichen Gefahren und Verführungen.

 

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