Mark Scandrette von ReIMAGINE hat einen großartigen Post geschrieben über seine Stadt, ihren schlechten Ruf bei manchen Konservativen und im Kontrast dazu den Versuch, sie mit den Augen Jesu zu sehen. Wenn ich das über Erlangen nur halb so gut ausdrücken könnte…
Die große Stille
Nach so einem Film mag ich gar nicht mehr viel sagen. Das Kloster La Grande Chartreuse wirkt wie ein Ort in einer anderen Welt. Merkwürdig anziehend und abweisend zugleich. Genial der Rhythmus der Wiederholung und die Einblendung von Bibelworten wie die Klage Jeremias, Gott habe ihn verführt.
Wenn dann am Ende ein blinder alter Pater vom Sterben redet, dann klingt die Furchtlosigkeit überzeugend. Mehr Kummer bereitet ihm die Gottvergessenheit der restlichen Welt. Am meisten hat mich bewegt: Diese Mönche sind Suchende. Die Großeinblendungen ihrer schweigenden Gesichter zeigen weder Härte noch Langeweile. Es ist auf seine Weise tatsächlich ein Liebesdrama der ganz anderen Art.
Postcharismatiker
In den letzten Wochen habe ich überlegt, ob wir den Begriff “Postcharismatiker” einführen sollten. Neben ein paar guten Impulsen, die inzwischen auch in andere Frömmigkeitsrichtungen ausgestrahlt haben, hat die charismatische Bewegung (bzw. ihre auffälligsten Vertreter) auch eine Reihe problematische oder peinliche Aspekte gebracht, die vielen von uns in den letzten Jahren bewusst geworden sind. So kann man vielleicht zu der eigenen Geschichte stehen, ohne in ihr gefangen zu bleiben.
Neulich wurde ich angefragt, auf einer Tagung über “Charismatische Bewegung in Deutschland” zu referieren. Da fiel mir auf, dass ich innerlich doch eine ganz schöne Distanz empfand zu dem Begriff und dem, was man gemeinhin damit verbindet. Zum Glück scheinen solche Etikettierungen aus der Mode zu kommen (idea wird es eines Tages auch noch merken).
Zugleich frage ich mich, was ich immer noch bin, wo ich mich uneingeschränkt zugehörig fühlen würde. Außer Jesus und evangelisch (so lange das nicht antikatholisch heißt) fällt mir da gar nicht viel ein, aber das muss ja auch nicht sein.
Ins rechte Licht gerückt
Seit einigen Wochen bin ich stolzer Besitzer einer Fuji S9500.
Während mich der Autofokus hin und wieder im Stich lässt (man kann aber auch manuell fokussieren), gelingen durch die Real Photo Technik bei schwierigen Lichtverhältnissen richtig gute Bilder ohne Blitz, zum Beispiel dieses, das meine alte Kamera nie und nimmer geschafft hätte:
Wenn es Dreizehn schlägt
Eine internationale Studie hat ergeben, dass Mitarbeiter erst nach 13 Jahren den Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit erreichen (im Schnitt, natürlich). In Deutschland bleiben Leute durchschnittlich 10,7 Jahre, in den USA 6,6. Länger wäre also besser.
Das erinnert mich daran, dass ich im 13. Jahr hier bei ELIA arbeite. Ist also bald der Höhepunkt erreicht und ich sollte allmählich nach einer anderen Aufgabe suchen? Andererseits: Bin ich ein Durchschnittstyp und muss die Kurve zwangsläufig so aussehen?
Gute Fragen.
Ich erinnere mich an ein amerikanisches Buch über Gemeindeaufbau, wo außergewöhnliche Gemeinden auch dadurch auffielen, dass Schlüsselpersonen dort sehr lange gewirkt haben – deutlich länger als 13 Jahre. Die bekannten 10-Jahres-Faustregeln sind also nur insofern sinnvoll, als man damit problematische Leute ohne Drama zum Gehen bewegen kann. In den anderen Fällen tut man sich nicht unbedingt einen Gefallen.
Wünsche
Anfang der Woche hat mich eines meiner Kinder mit einem dringenden Wunsch gelöchert. Ich hätte des Objekt der Begierde am besten schon vorgestern bestellt haben sollen. Inzwischen bin ich allerdings etwas pelzig in solchen Situationen. Ich habe mich nicht hetzen lassen und nun, ein paar Tage später, ist der Wunsch auf einmal gar nicht mehr akut. Schön, dass sich ein (für mein Empfinden) sinnloser Kauf erübrigt.
Eine Ecke weiter gedacht: Wie oft passiert mit dasselbe – und kann es sein, dass Gott meine Gebete auch ab und zu in die Warteschleife stellt, um zu sehen, wie ernst es mir wirklich ist, oder ob es nur einer der vielen oberflächlichen Wünsche war, die nicht viel bedeuten?
Unweltliche Übersetzung
Ich habe noch nie gern die Hoffnung für alle gelesen, weil ich oft das Gefühl hatte, da ist ein Interpretationsraster im Spiel, das alles “vergeistlicht”. Eben habe ich die Bestätigung des Vorurteils gefunden. Matthäus 8,11 ist da übersetzt: “Viele Menschen aus aller Welt werden kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmel das Freudenfest feiern.” Offenbar heißt das ja für den arglosen Leser: Himmel = Jenseits.
Die anderen Übersetzungen schreiben wenigstens noch “im Himmelreich”. Jesus bezieht sich eben nicht auf eine rein jenseitige Veranstaltung, sondern darauf, dass Gott schon jetzt aus allen Völkern Menschen sammelt. Der Verweis auf die Väter wird ähnlich gemeint sein, wie Juden auch das Passa verstehen: Die Feier des Mahls stellt eine Gemeinschaft her, die auch die Zeit übergreift. All das hat die Übersetzung aber nicht offen gelassen oder gar erklärt, sondern weggebügelt. Schade!
Sogar die Gute Nachricht zeigt, wie man sach- und zeitgemäß übersetzt: “Viele werden kommen, aus Ost und West, und zusammen mit Abraham, Isaak und Jakob in Gottes neuer Welt zu Tisch sitzen.” Und ich bleibe lieber bei der Bibel aller feurigen Charismatiker: Der Einheiz-Übersetzung 😉
Was ist das Evangelium?
Seit ein paar Tagen brüte ich (für eine Predigtreihe ab kommendem Sonntag) darüber, wie man das Evangelium knapp und sachlich/inhaltlich stimmig in heutiger Sprache wiedergeben kann. Es ist eine spannende, aber anstrengende Übung.
Ein-Satz-Definitionen (etwa: “Jesus ist für dich gestorben damit du in den Himmel kommst, wenn du tot bist”) sind – so viel habe ich schon gemerkt – unangemessen. Entweder sind sie so komprimiert, dass jeder alles herauslesen kann, oder gräßlich formelhaft und eindimensional. Es geht ja um eine Geschichte, nicht um eine Gleichung.
Daher nehmen wir uns vier Sonntage Zeit. Mein momentaner Zwischenstand sieht so aus:
- Gott kommt, um in dieser Welt Unterdrückung zu beseitigen und Menschen Freiheit zu schenken
- Trennende Unterschiede zwischen Menschen werden überwunden; alle sind eingeladen, niemand ist ausgeschlossen
- Eine neue Lebensqualität entsteht mit bisher ungeahnten Entfaltungsmöglichkeiten
- All das wird allein deshalb möglich, weil Gottes Liebe keine Schmerzen scheut
Habe ich irgend etwas Wesentliches vergessen?
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Bei Null anfangen?
Gestern saß ich in einer Besprechung. Zu Beginn beteten wir und es ging (wie so oft) in die – ehrlich gemeinte! – Richtung, dass wir den ganzen Tag andere Dinge im Kopf hatten als Gott und nun umschalten müssten, eigentlich aber gar nicht erwarten könnten, dass Gott nach so einem Tag zu uns reden oder mit uns etwas anfangen könnte. Trotzdem, vielleicht macht er ja eine unverdiente Ausnahme…
Klar habe ich das jetzt leicht karikiert (aber wirklich nur leicht!). Solche Gebetseröffnungen höre ich relativ oft. Diesmal allerdings habe ich mich gefragt, ob wir das nicht auch ganz anders sehen könnten: Egal wie bewusst es uns war, Gott ist ständig gegenwärtig. Nicht nur um uns herum, sondern auch in uns. Vielleicht hat er uns schon längst vorbereitet und den ganzen Tag über schon Dinge zusammentragen in unseren Unbewussten, die er uns jetzt gleich ins Bewusstsein rückt.
Überhaupt fangen wir nicht bei Null (oder sogar in den Miesen, also mit Handicap) an.
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AbgeBloggt?
Während die FAZ meldet, dass jede Sekunde ein neues Blog das Licht der virtuellen Welt erblickt und ein Erdbeben in der Medienlandschaft nicht auszuschließen ist, hat Doug Pagitt gerade das Handtuch geworfen.
Die Themen, um die es ihm geht, eignen sich nicht für diese Form von Kommunikation, weil zu viele böswillige Missverständnisse und Verdrehungen möglich sind. Unter dem Strich wiegen sie für Doug schwerer als die gelungene Verständigung. Schade, er ist einer der originellsten Denker in der emerging church Szene.
In der Wirtschaft andererseits verursachen Gerüchte und Fehlinformationen in Blogs immer öfter gewaltige Schäden. Da ist es aber so, dass nun viele Unternehmen und Chefs selbst bloggen. Aber vermutlich muss jeder selbst entscheiden, wie er auf den Missbrauch der neuen Möglichkeiten reagieren will.
Noch rasanter als die Zahl der Blogs steigt die Zahl der Podcasts. Sind die am Ende resistenter gegen absichtliche Verdrehungen?
Werben mit Heilung?
Vor ein paar Tagen bekam ich eine Einladung zu einer Veranstaltung, auf der Heilungen angekündigt waren. Mir wird bei so etwas immer mulmig. Nicht wegen der Heilungen an sich, über die kann man sich nur freuen und ich zweifle auch gar nicht daran, dass tatsächlich manche Leute Heilung erfahren, sondern wie sie quasi zu Marketing-Zwecken instrumentalisiert werden.
Ich kann im Neuen Testament nichts dergleichen erkennen. Heilungen finden statt und sie werden berichtet bzw. sprechen sich herum, aber immer wieder sorgt Jesus dafür, dass die Erwartung körperlicher Heilung nicht verdeckt, um was es ihm eigentlich geht. Er hat sich ganz entschieden dagegen verwahrt, dass das Evangelium auf Heilung verengt wird. Neulich habe ich Markus 1,35ff gelesen: Jesus zieht sich zurück, obwohl ihn alle verzweifelt suchen. Dann trifft er die Entscheidung, weiter zu gehen. Er hätte eine Karriere als örtlicher Wunderheiler machen können, aber genau das wollte er eben nicht.
Gegen Mundpropaganda kann und muss man auch gar nichts machen, aber man muss ja auch nicht noch nachlegen und damit das Problem erst schaffen, dass viele Verzweifelte (vielleicht auch mit unrealistischen Erwartungen – aber was ist da schon realistisch?) kommen und zu einem erheblichen Teil auch so wieder gehen.
Poesie
Vor einer Weile haben wir unser Lieblings-Gedichtebuch verloren: Up to Date von Steve Turner. Vermutlich haben wir es verliehen und vergessen, an wen und derjenige welche hat vergessen, dass er es noch hat. (Also, liebe Freunde der Familie, bitte schaut alle mal in Euer Regal ;-))
Eben habe ich im Internet wenigstens ein paar Sachen wieder gefunden. Ich finde sie immer noch richtig gut, er hat einen ganz feinen Humor. Viel Spaß beim Lesen und Herumklicken.
Talentschuppen DDR?
Mit Michelle Bachelet ist innerhalb weniger Monate erneut eine “Frau aus dem Osten” in ein politisches Spitzenamt gewählt worden. Die der neue Präsidentin von Chile floh vor dem Diktator Pinochet lebte von 1973 bis 1990 in der DDR. Ihr Gegenkandidat war wohl eine Art Berlusconi-Typ.
Mit Angela Merkel, die für einen wundersamen Stimmungswandel im Land gesorgt hat und sich zu ungekannter Popularität aufschwingt, müsste sie sich gut verstehen und Chiles Wirtschaft boomt schon eine ganze Weile. Vielleicht sind Frauen einfach besser, wenn es darum geht, zu versöhnen und zu verbinden statt immer weiter zu polarisieren.
Life 2.0
Gestern habe ich zum Abschluss der Allianz-Gebetswoche in Bayreuth gepredigt. “Ich bin die Auferstehung und das Leben” fand ich nicht gerade einfach zu erklären. Dabei habe ich mich an N.T. Wright erinnert, der irgendwo mal gesagt hat, Auferstehung (auf den einzelnen bezogen) heißt, dass Gott unsere Software auf neue Hardware überspielt.
Ich habe mit dem Gedanken noch ein bißchen gespielt. Natürlich sind analoge, organische Metaphern wie die Metamorphose des Schmetterlings emotional viel befriedigender. Vielleicht bin ich auch nur durch Apples rasanten Intel-Switch vorbelastet. Trotzdem, hier die Idee:
Wir leben jetzt mit Life 1.0 als “Betriebssystem”. Es ist instabil, anfällig für Viren und hat einige sehr lästige Bugs (Vergleiche zu real existierender Software sind erlaubt). Im Netzwerk brechen immer wieder die Verbindungen zusammen.
Ewiges Leben bedeutet ein “Upgrade” auf Life 2.0. Auf unserer momentanen Hardware laufen zwar noch nicht alle Funktionen, und manche neuen Features noch nicht stabil, aber im Gegensatz zu Life 1.0 kann man Life 2.0 samt aller mit Life 2.0 erstellten oder in Life 2.0 konvertierten Daten problemlos auf die neue Rechner-Generation hochladen. Jetzt schon lässt sich ein Rechner unter Life 2.0 besser vernetzen. Drahtlos, natürlich 😉
Ein funktionierender Prototyp mit neuer Hardware ist übrigens auf der GodWorld Expo in Jerusalem, Ostern 30. n. Chr. vorgestellt worden. Alle Tester waren erstaunt über die Funktionalität. Ihre Berichte sind hier, hier und hier nachzulesen.
Das “volle” Evangelium?
Gestern hat mir jemand von einem mehrtägigen Seminar erzählt, das sich um Paulus‘ Aussage drehte, dass wir in Christus eine neue Schöpfung sind. Schön und gut, nur einiges von den Schlussfolgerungen (vor allem in die Richtung von Wohlbefinden und Heilung) schien trotz allem recht grob gestrickt und leicht überspannt. Es hat mich wieder mal daran erinnert, wie wichtig es ist, die Bibel nicht selektiv nach Lieblingsstellen und Postkartensprüchen zu lesen (und das dann “Bibelschule” zu nennen). Ein Kapitel weiter vorn schreibt nämlich derselbe Paulus:
Wohin wir auch kommen, immer tragen wir das Todesleiden Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib sichtbar wird. Denn immer werden wir, obgleich wir leben, um Jesu willen dem Tod ausgeliefert, damit auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleisch offenbar wird. So erweist an uns der Tod, an euch aber das Leben seine Macht.
Das ganze Evangelium verlangt von uns, neben einer Theologie der Heilung auch eine Theologie und Praxis des Leidens zu entwickeln. Eben auch mit den Weinenden zu weinen und ihnen nicht immer gleich Predigten über das Lachen zu halten, hinter denen sich womöglich nur unsere eigene Leidensscheu und Unfähigkeit, Schmerz zu ertragen, versteckt.