Vor ein paar Tagen bekam ich eine Einladung zu einer Veranstaltung, auf der Heilungen angekündigt waren. Mir wird bei so etwas immer mulmig. Nicht wegen der Heilungen an sich, über die kann man sich nur freuen und ich zweifle auch gar nicht daran, dass tatsächlich manche Leute Heilung erfahren, sondern wie sie quasi zu Marketing-Zwecken instrumentalisiert werden.
Ich kann im Neuen Testament nichts dergleichen erkennen. Heilungen finden statt und sie werden berichtet bzw. sprechen sich herum, aber immer wieder sorgt Jesus dafür, dass die Erwartung körperlicher Heilung nicht verdeckt, um was es ihm eigentlich geht. Er hat sich ganz entschieden dagegen verwahrt, dass das Evangelium auf Heilung verengt wird. Neulich habe ich Markus 1,35ff gelesen: Jesus zieht sich zurück, obwohl ihn alle verzweifelt suchen. Dann trifft er die Entscheidung, weiter zu gehen. Er hätte eine Karriere als örtlicher Wunderheiler machen können, aber genau das wollte er eben nicht.
Gegen Mundpropaganda kann und muss man auch gar nichts machen, aber man muss ja auch nicht noch nachlegen und damit das Problem erst schaffen, dass viele Verzweifelte (vielleicht auch mit unrealistischen Erwartungen – aber was ist da schon realistisch?) kommen und zu einem erheblichen Teil auch so wieder gehen.
ich find das nicht so schlimm. jedenfalls nicht, wenn bei dem heilungsgodie das evangelium gepredigt wird. die leute kommen wegen der heilung und gehen gerettet wieder. ist doch toll.
Bez. Kommentar von Storch:
Sorry, aber das passt einfach nicht zum Style, wie Jesus ist ;-). Das, was Jesus gesagt hat, war immer auch das, was der Wahrheit entsprach oder was er auch tatsächlich getan hat. Weiterhin hat es das Evangelium nicht nötig, sich in ‚Heilungsgottesdiensten‘ zu verpacken. Warum nicht gleich draufschreiben, was drin ist?
Und nicht zu vergessen: Wenn jemand enttäuscht wurde bei so einer Veranstaltung, weil er mit eben diesen (falschen) Erwartungen hingegangen ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er das Evangelium froh und unbefangen aufnimmt wesentlich geringer -> weiterhin ist die Frage, welches Bild ich von Gott mit so was vermittle usw. usw.
Meine Meinung: Authentizität wirkt vielleicht nicht so schnell, aber nachhaltiger 🙂
sehe ich anders. letztlich braucht es immer eine werbung um leuten das evangelium nahezubringen. die einen werben damit, dass sie informationen über das ende der welt, die rettung vom gericht usw. weitergeben (alles dinge für die sich kaum ein ungläubiger interessiert), die anderen bieten das an, was alle interessiert und gott, meiner ansicht nach, geben will: heilung. ich kenne jetzt diesen gottesdienst, von dem im post die rede ist, nicht, aber eigentlich steht immer drauf, dass es ein gottesdienst ist, also ist ein bezug zum glauben gegeben und es ist keine mogelpackung.
das argument mit den enttäuschungen kommt ja immer in dem zusammenhang. tatsächlich sind die meisten menschen nicht willens an einen allmächtigen gott zu glauben, der sie nicht heilt und dessen liebe etwas theoretisch ist. da ist es ein gutes, wenn schon mal gottes positive absicht bekannt gemacht wird. auch wenn der ein oder andere nicht geheilt wird, hat er vielleicht vieles gesehen, was ihn nachdenklich macht.
und das letzte: die leute, die heilungsgottesdienste machen sind genauso authentisch (oder eben nicht) wie die, die es lassen.
alles liebe,
storch
Also wir sind uns sicher einig darin, dass es wichtig ist für „Noch-Nicht-Christen“, Erfahrungen mit Gott zu machen und dass es immer bei den Bedürfnissen ansetzt, die sie empfinden (und nicht denen, die sie haben sollten). Wir sprechen sogar im Alpha-Kurs über Heilung, allerdings nicht am ersten Abend.
Worum es mir eigentlich geht: Wenn wir diesen Aspekt zu sehr herausstellen (und uns damit nahtlos in die Trends der Wellness und Esoterik-Szene einfügen), muss man sich dann wundern, wenn die Leute ein Konsumchristentum lernen, in dem Gott primär dazu da ist, sich um meine (!) Wehwehchen zu kümmern?
Jesus war extrem realistisch, was die „missionarische“ Wirkung von Heilungen angeht: Sie sind ein Zeichen für etwas viel Größeres und Wichtigeres, aber viele nehmen die Heilung mit ohne jemals noch zu fragen, was ihnen das eigentlich noch zu sagen hätte – wie bei den zehn Aussätzigen.
Ich denke, das Gebet um Heilung passt viel besser in einen überschaubaren Kontext mit dauerhaften Beziehungen als in anonyme Massenveranstaltungen. Da wird das Medium eben wieder zur Message, und dann werden auch „richtige“ Predigten schräg ankommen.