Bell und die Briten

Andrew Perriman setzt sich aus gegebenem Anlass mit einem Artikel von Tim Keller (den er schätzt) auseinander, in dem der begründet, warum die Hölle unverzichtbar sein soll. Die vier Kritikpunkte Perrimans an Keller sind dabei:

  1. Jesus lehrt die „Hölle“ nicht, insofern damit ein Ort ewiger Qualen nach dem Tod gemeint ist
  2. Wir brauchen keine „biblische Lehre von der Hölle“ um zu erkennen, dass wir in allem auf Gott angewiesen sind
  3. Das Argument, man entscheide sich ja selbst für die Hölle, ist irreführend
  4. Es ist nicht die einige Möglichkeit, zu ermessen, wie sehr Jesus uns liebt und was er uns Gutes getan hat

Perriman begründet das jeweils ausführlich und überzeugend. Zuvor hatte er schon Kevin deYoungs Reaktion auf Rob Bells Buch „Love Wins“ kritisiert, der die in seinem theologischen Lage so populäre Rede vom Zorn Gottes für grundlegend und unverzichtbar hält. Wen’s interessiert – hier weiterlesen.

Zu Rob Bells umstrittenen Buch Love Wins, das die Diskussion in den letzten Wochen mächtig angeheizt hatte, hat sich nun auch die Evangelische Allianz in Großbritannien geäußert. Inhaltlich eher zurückhaltend, wichtig fand ich dabei aber diesen Gedanken von Steve Clifford:

Rob Bell is a valued brother in Christ and has felt it important to raise publicly some difficult areas of Christian theology that many people feel uncomfortable with. The issues he raises reflect genuine but complex questions that Christian theologians have wrestled with over centuries. We hope that Christians who disagree with Rob will nevertheless model how good debate should be conducted.

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Jesus und die guten Manieren

Viele Jesusworte sind voller Anspielungen auf Geschichten aus der hebräischen Bibel. Zum Beispiel, wenn Jesus im Evangelium für den Sonntag morgen beim Ruf in die Nachfolge (Lukas 9) davon redet, dass man nicht zurückschauen darf, wenn man die Hand an den Pflug gelegt hat:

Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: Herr, erlaube mir, daß ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe. Aber Jesus sprach zu ihm: Laß die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes! Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, daß ich Abschied nehme von denen, die in meinem Haus sind. Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.

Die Szene erinnert an diese Episode aus 1. Könige 19:

Als Elija von dort weggegangen war, traf er Elischa, den Sohn Schafats. Er war gerade mit zwölf Gespannen am Pflügen und er selbst pflügte mit dem zwölften. Im Vorbeigehen warf Elija seinen Mantel über ihn. Sogleich verließ Elischa die Rinder, eilte Elija nach und bat ihn: Lass mich noch meinem Vater und meiner Mutter den Abschiedskuss geben; dann werde ich dir folgen. Elija antwortete: Geh, aber komm dann zurück! Bedenke, was ich an dir getan habe.

Jesus wird mit derselben Bitte konfrontiert wie Elija: Darf ich mich von meiner Familie verabschieden? Seine Antwort mit dem scheinbar unvermittelten Verweis auf den Pflug zeigt, dass er diesen Zusammenhang herstellt. Wir können davon ausgehen, dass die meisten Zeugen dieses Dialogs die Anspielung verstanden haben. Und indem Jesus nun mit strengeren Forderungen antwortet als Elija, macht er damit vor allem deutlich, wer er ist: Nicht einfach ein weiterer Prophet in einer langen und guten Tradition, sondern einer wie keiner zuvor. Das müssen alle verstehen, die ihm nachfolgen wollen.

Also bedeutet Jesus nachzufolgen nicht in erster Linie, möglichst viele Leute vor den Kopf zu stoßen (auch wenn das dem einen oder anderen erstaunlich gut gelingt), sondern den Auftrag, in dem er unterwegs ist, radikal ernst zu nehmen. Höflichkeit und soziale Konventionen werden erst da zum Problem, wo sie das nicht mehr zulassen. Wer aber wirklich verstanden hat, wer Jesus ist, der lässt sich von ihnen auch nicht mehr aufhalten.

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Allah (5)

(Hier geht es zu Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4 dieser Reihe. Wer unten kommentieren möchte, kann sich dort über den bisherigen Verlauf der Diskussion und ihre Grenzen orientieren)

Miroslav Volf kommt im Teil III von Allah. A Christian Response zu den kritischen Themen. Das erste ist die Dreieinigkeit. Muslime beharren auf der Einheit Gottes, und auf beiden Seiten wird das Thema immer wieder auch zum Anlass genommen, sich hart abzugrenzen – bis hin zu der Behauptung einer Minderheit auf beiden Seiten, es Christen und Muslime beteten zu verschiedenen Göttern. Volf erinnert in einer Diskussion mit Shekh al-Jifiri an einen Gesprächsbeitrag des anglikanischen Erzbischofs Rowan Williams:

„Gott existiert in einem dreifachen Muster interdependenten Handelns“, schrieb er dort, und bezog sich auf den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Aber Christen bekräftigen kompromisslos, dass „es nur ein göttliche Natur und Realität gibt.“

Volf zitiert das athanasianische Bekenntnis zur Einheit Gottes in der Trinität und lässt dann noch einmal die Vorbehalte auf islamischer Seite Revue passieren: Dass Gott einen Sohn hat, dass ihm andere Götter zur Seite gestellt werden oder andere Wesen neben ihm verehrt werden, all das scheint Christen in die Nähe von Götzendienern zu rücken.

Volf antwortet auf diese Einwände, indem er erklärt, dass

  • Begriffe wie „Zeugung“ Metaphern sind, die ausdrücken sollen, dass das ewige Wort weder ein Geschöpf noch eine mindere Gottheit darstellt
  • Dreieinigkeit nicht bedeutet, dass dem einen Gott zwei weitere Wesen hinzugefügt werden – er bleibt vielmehr der eine
  • Christen Gottes Wesen nie in drei begrenzte Teile zerlegt haben es ein großer Unterschied ist, ob man sagt „Gott war Christus“ (was Christen nicht tun) oder „Gott war in Christus“ (2.Kor 5,19) und daraus folgern „Christus war Gott)
  • es auch für Christen inakzeptabel wäre, neben dem einen Gott noch ein Geschöpf (oder mehrere) anzubeten

Nun verdächtigen Muslime die Christen bisweilen, dass sie ihren verkappten Polytheismus nur rhetorisch getarnt, aber nicht überwunden haben. Das mag bei Christen, die mit ihrem Glauben nicht besonders gut vertraut sind (oder sich irren) auch gelegentlich zutreffen, und die kritik des Koran mag sich auf solche Äußerungen beziehen. Immerhin erkennt aber auch ein islamischer Gelehrter wie Seyyed Hossein Nasr an, dass in der christlichen Theologie die Einheit Gottes nicht in Frage gestellt wird.

Setzt aber nicht die Art und Weise, wie Christen Gottes Wirken beschreiben, drei unabhängige Wesen voraus? Immerhin reden sie davon, dass der Sohn Mensch wird, nicht aber der Vater. Volf antwortet: Nicht, wenn man erstens versteht, dass jedes Handeln Gottes ein „gemeinschaftliches“ Handeln aller drei innig verwobenen Personen ist und dass keine der drei jemals, allein, „für sich“ und unabhängig von den anderen sein kann, sondern sie immer im jeweils anderen gegenwärtig sind und einander durchdringen. Im Blick auf ihre Identität lässt sich also nicht wie bei Menschen sagen: Der eine kann nicht der andere sein. So gesehen wurde der eine Gott in der „Person“ des Wortes Mensch, ohne dass die beiden anderen Personen ohne ihn „im Himmel“ geblieben wären. Daher sagt Jesus in Johannes 10,38 „Der Vater ist in mir und ich bin im Vater“. Und vim Heiligen Geist gilt dasselbe.

Die metaphorische Sprache ist einerseits notwendig, um überhaupt von einem transzendenten Gott reden zu können, die Unähnlichkeit ist dabei andererseits immer größer als die Ähnlichkeit. Das betrifft aber keineswegs nur Begriffe wie „Vater“ und „Sohn“, „Person“, sondern eben auch „Erhalter“, „Meister“, „gnädig“ und „barmherzig“. Gott transzendiert dabei auch simple Arithmetik – auf ihn angewandt bedeuten auch Zahlen wie Eins und Drei etwas anderes. Gottes Einheit bedeutet, dass er einzigartig ist und kategorisch von allem anderen in der Welt unterschieden – also gerade nicht „noch ein“ weiterer Gegenstand unter anderen. Er ist auch nicht nur ein Exemplar der Kategorie „Titan“, von der die Griechen 18 Exemplare kannten. Es kann ihn nicht in 18-facher Ausführung geben. Umgekehrt sind die drei Personen in Gott auch keine drei individuellen göttlichen Wesen (von denen es auch 12 wie im Olymp geben könnte oder eben nur einen), sondern drei ewige, untrennbare und einander durchdringende Akteure. Jeder ist in den beiden anderen gegenwärtig und das eine göttliche Wesen in ihnen allen.

Die Kritik des Koran trifft als das normative christliche Konzept der Trinität nicht, folgert Volf. Und die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes stellt die Einheit Gottes, wie sie der Koran betont, nicht in Frage. An diesem Punkt gilt dasselbe, was für Juden und Christen auch gilt: Trotz unterschiedlicher Beschreibungen reden wir nicht von zwei verschiedenen Göttern. Zugleich ist die Trinitätslehre für Christen unverzichtbar. Aber auch in den Trinitarischen Streitigkeiten der alten Kirche zwischen Sabellius, Arius und Athanasius stand nie in Frage, dass dort alle über die richtige Beschreibung des einen wahren Gottes stritten.

Warum können Christen auf die umstrittene Lehre nicht verzichten? Volf nennt zwei Argumente: Erstens setzt Gotteserkenntnis voraus, dass Gott sich offenbart, und authentische Offenbarung Gottes hat – wie Karl Barth und andere gezeigt haben – einen trinitarischen Charakter: Gott muss, ohne seine Göttlichkeit zu kompromittieren, als Gott zu den Menschen kommen. Menschen wiederum müssen – mit all den gegebenen Beschränkungen – Gott als Gott erkennen. Nur Gott kann also Gott offenbaren – und nur Gott kann Gott erkennen. Zweitens kann nur so ausgesagt werden, dass Gott Liebe ist. Wäre er eine in sich selbst undifferenzierte Einheit, dann wäre Liebe nur eine äußere Verhaltensweise Gottes gegenüber seinen Geschöpfen, aber nicht sein ewiges Wesen vor und unabhängig von der Erschaffung der Welt.

Bevor jetzt gleich jemand kommentiert: „Ha, da haben wir es doch, das gesuchte Ausschlusskriterium!“ Abwarten! Mit diesem Thema befassen sich die nächsten zwei Kapitel.

Kleiner Nachtrag aus aktuellem Anlass – ein großer Denker aus dieser Region hat das Problem der Drei vs. Eins kurz und präzise so umrissen:

Ein Lothar Matthäus braucht keine dritte Person. Er kommt sehr gut allein zurecht.

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Allah (4)

(Hier geht es zu Teil 1, Teil 2 und Teil 3 dieser Reihe. Wer unten kommentieren möchte, kann sich dort erst einmal über den Verlauf der Diskussion und ihre Grenzen orientieren)

Die Frage nach den Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Muslimen im Blick auf Gott betrifft nicht nur die Glaubensinhalte, sondern auch die Lebenspraxis. Miroslav Volf stellt in Kapitel 6 von Allah. A Christian Response fest, dass bei die Frage, welcher Gott denn nun wirklich angebetet wird, nicht nur kognitiv verfahren werden kann. Jesus warnt im Neuen Testament vor Wölfen im Schafspelz, die wohl das Richtige sagen, aber etwas ganz anderes tun. Aus dem christlich jüdischen Dialog zitiert er die Maxime

Man kann Gott aus den Früchten des Umgangs mit ihm erkennen.

Schon Karl Marx hatte gegen das Christentum eingewandt, die konkrete Praxis würde bestimmte Lehren (wie die von der Liebe und Gerechtigkeit Gottes) konterkarieren, in Wahrheit werde ein Unterdrückergott angebetet, der zumindest in diesem Leben kein Interesse an der Befreiung von Menschen habe. Und auch die meisten religiösen Menschen sind sich der Kluft zwischen dem, was sie glauben, und dem, wie sie leben, bewusst. Christen wie Muslime legen oft eine ambivalente Praxis an den Tag.

Der französische Philosoph Jacques Maritain hat den Terminus „praktischer Atheismus“ geprägt: Jemand „glaubt“ intellektuell an Gott, aber sein Handeln lässt davon nichts erkennen. Ähnliche Kritik kennen wir von den Propheten Israels (vgl. Jes 58,3-7) oder aus dem Neuen Testament, wenn etwa Johannes (1. Joh 4,20) die Nächstenliebe zum Prüfstein der Gottesliebe macht. Man kann „richtig“ glauben und falsch handeln. Richtig im Sinne von erwünscht ist das natürlich nicht.

Man kann an den richtigen Gott glauben und dem falschen Gott dienen. Jesus formuliert das in der Bergpredigt so im Blick auf den Reichtum. Luther hat es im großen Katechismus aufgegriffen, dass Menschen dazu neigen, geschaffene Dinge zu vergötzen. Volf bringt noch ein anderes Beispiel ins Spiel: Das ungluabliche Blutbad, das die christlichen Kreuzfahrer 1099 anrichteten, als sie Jerusalem eroberten. Den Ruf „Christus dominus“, den sie dabei auf den Lippen hatten, kann man, so Volf, mit dem „Allahu Akhbar“ moderner islamischer Selbstmordattentäter vergleichen.

Kann man aber auch an den falschen Gott glauben und dem richtigen dienen? Die Frage drängt sich auf, wenn man beispielsweise Atheisten trifft, die sich christlicher verhalten als so manche Christen, weil sie ihren Nächsten ganz praktisch lieben. Unter Bezugnahme auf 1. Joh 4,7-8.16 stellt Volf fest, dass man durchaus sagen kann, dass alle echte Liebe von Gott stammt und dass jemand, der liebt, Gott auf eine bestimmte Art kennt, selbst wenn seine Glaubensansichten alles andere als richtig und zutreffend sind.

Saladin, der Jerusalem 1187 von den Kreuzrittern zurückeroberte, hat ein für seine Zeit bemerkenswertes Beispiel an Großmut und Menschlichkeit gegeben, Lessing hat ihm in Nathan der Weise ein Denkmal gesetzt und ihn als die Inkarnation von Humanität dargestellt. Das mag idealisiert sein, mit Paulus kann man aber davon sprechen, dass er das Gesetz erfüllt hat (Röm 13,10).

Im vorigen Post ging es um die Frage, ob sich Christen und Muslime, wenn sie von Gott reden, auf den gleichen Gegenstand beziehen und ob dieser möglicherweise einen ähnlichen Charakter hat. Hier lautete die Frage, ob Christen und Muslime den gleichen Gott anbeten. Volfs Antwort lautet: In dem Maß, wie Muslime und Christen danach trachten, Gott und ihren Nächsten zu lieben, beten sie denselben Gott an. Freilich trifft das weder auf alle Christen noch auf alle Muslime in derselben Weise zu. Natürlich gibt es auch wichtige Unterschiede. Denen widmet sich Volf im folgenden Kapitel.

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Geheilter Messianismus

Bei dem Befreiungstheologen John Sobrino bin ich in Der Glaube an Jesus Christus heute auf einen interessanten Gedanken gestoßen, nämlich die „entmessianisierte“ Christologie. Damit bezeichnet Sobrino eine Entwicklung in der Theologie, die damit einsetzt, dass der Messiastitel quasi zum Eigennamen wird, während als Titel „Sohn Gottes“ in den Vordergrund rückt, das im ursprünglichen jüdischen Kontext noch dem Messiasbegriff nachgeordnet war. Die Folge war, dass man

  • statt auf eine historische Rettung immer mehr auf eine transzendente Erlösung zu hoffen begann
  • das Individuum und die Gemeinde dominierte statt das Volk mit seinen kulturellen, sozialen und politischen Hoffnungen
  • man den Mittler (Christus) betrachtete und darüber die Vermittlung (das Reich Gottes) zu vergessen begann

Provozierend zugespitzt formuliert Sobrino es dann so:

Manchmal entsteht der Eindruck, einige Christen meinten, nach Jahrhunderten sei der himmlische Vater absolut zufrieden, weil der Mittler, der Sohn, auf Erden erschienen ist. Diesem Mittler (und einigen Gemeinden) ist es gut ergangen, weshalb es auch nicht weiter wichtig oder gar entscheidend ist, ob es der Schöpfung gut geht oder nicht. (S. 233)

Stattdessen tut eine Re-Messianisierung Not. Je länger sich das zweite Kommen Christi hinauszögert, desto wichtiger wird sie für die Kirche. Jesus, schreibt Sobrino, war zwar kein politischer Messias auf dem Weg zur gewaltsamen Errichtung einer „Theokratie“, er wollte aber sehr wohl die Polis gestalten, wenn auch „nur“ durch die Macht der Wahrheit, der Liebe und des Zeugnisses – das heißt: seiner Treue bis zum Kreuz. Also geht es darum, die messianische – und das heißt eben auch: die befreiende – Dimension des Wirkens Jesu zurückzugewinnen. Messianismus wird von ihm her neu definiert und lässt sich weder auf das jenseitige Heil noch auf politische und soziale Erwartungen hier reduzieren.

Das geht schließlich auch nicht am Kreuz vorbei:

Ein Gekreuzigter Messias kreuzigt – und heilt damit – alle Messiasvorstellungen, die zum Mechanischen, Magischen und Egoistischen neigen. (S. 236)

Man kommt am Mysterium Iniquitatis nicht vorbei, der Erfahrung der Bosheit und der Frage, warum gerade die geschichtlichen Hoffnungsträger unbarmherzig und unerbittlich bekämpft und wo möglich auch getötet werden – Erzbischof Romero zum Beispiel. Das Kreuz ist die Konsequenz des messianischen Weges Jesu. Er führt zu einem gekreuzigten Messianismus, der alle Macht (auch religiöse) problematisiert, die gegenüber Unterdrückung und Verzweiflung jeder Art gleichgültig ist. Hier liegt auch der Unterschied zu so manchem falschen Messianismus. Und von da aus, sagt Sobrino, muss nun auch die Kirche und die Theologie re-messianisiert werden.

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Päpstlicher als der Papst?

Im April unterrichte ich Kirchengeschichte beim IGW in Karlsruhe. Heute habe ich mich in der Vorbereitung mal wieder mit der Vorgeschichte der Aufklärung befasst. Im Späthumanismus war eine Schlüsselfrage, wie Vernunft und Offenbarung in der Wahrheitserkenntnis zusammenpassen. Man ging in der Regel von einem harmonischen Miteinander aus. Aber Mathematik und Astronomie als die beiden Schrittmacher brachten bei Kopernikus, Galilei und Kepler (ein exkommunizierter Lutheraner aus Württemberg) Resultate hervor, die nicht nur das implizite Weltbild der Bibel, sondern auch deren expliziten Wortlaut in Frage stellten. Schon vor einer Weile hatte ich hier gelesen, dass die Reformatoren buchstäblich „päpstlicher als der Papst“ waren in der biblisch begründeten Zurückweisung des kopernikanischen Weltbildes:

Luther: „Der Narr will die ganze Kunst Astronomiae umkehren. Aber wie die Heilige Schrift anzeiget, so hiess Josua die Sonne stillstehen, und nicht das Erdreich.“

Melanchthon: „Die Augen sind Zeugen, dass sich der Himmel in vierundzwanzig Stunden umdreht. Doch gewisse Leute haben, entweder aus Neuerungssucht, oder um ihre Klugheit zu zeigen, geschlossen, dass sich die Erde bewegt.”

Calvin: „Wer wird es wagen, die Autorität von Kopernikus über die des Heiligen Geistes zu stellen?“

Wenn man das liest, fragt man sich ja unwillkürlich: Wie werden unsere heutigen Diskussionen mit den Wissenschaften in ein paar hundert Jahren beurteilt, etwa im Blick auf die Frage, was „natürlich“ ist und was nicht? Heute geht es nicht mehr um Astronomie, aber um Anthropologie und Biologie bzw. Medizin. Es muss auch keineswegs immer so sein, dass „die Wissenschaft“ Recht hat und die Theologie bzw. die Bibel Unrecht, „die“ Wissenschaft korrigiert sich ja auch ständig selbst, in den meisten Disziplinen gibt es ja auch kleinere und größere Glaubenskriege. Soll man sich da einmischen, oder noch anders gefragt: Ab wann muss man sich einmischen?

Neben ethischen Fragen wie dem Anfang und Ende des Lebens oder Wegen zu Frieden und Gerechtigkeit ist es vielleicht die Wissenschaftstheorie, die vor allem „bibeltreue“ Theologen erst einmal gründlich interessieren sollte und müsste. Theologie hat eine eigene Perspektive auf die Welt, den Menschen und das Leben, darin besteht der Unterschied zu anderen Disziplinen. Das Verhältnis zu anderen Wahrheiten lässt sich in kein statisches oben/unten und schon gar nicht entweder/oder auflösen. Wenn sich die Tradition und Theologie an das Welt- und zum Teil auch Menschenbild der Antike (und unbewusst allzu oft auch der Moderne bzw. Antimoderne) bindet, beraubt sie sich vieler Möglichkeiten, von Gott angemessen zu reden. Wo sie den Physikern, Biologen und Psychologen vorschreiben möchte, was sie zu entdecken haben, macht sie sich lächerlich. Wo sie aber die gelegentlich erhobenen Absolutheitsansprüche dieser Wissenschaften bzw. einiger ihrer Vertreter im Namen Gottes relativiert – ohne denselben Fehler zu begehen und sich absolut zu setzen –, da hat sie einen Sinn.

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Allah (3)

Nach dem historischen Rückblick behandelt Volf methodische Fragen: Sowohl von christlicher (Al Mohler jr.) als auch muslimischer Seite (das Innenministerium in Malaysia gegen die katholische Wochenzeitung Herald 2007) wurde in Frage gestellt, ob arabisch sprechende Christen Gott als Allah anreden dürfen. Die Kopten tun das ganz selbstverständlich seit Jahrhunderten. Aber selbst zwei verschiedene Begriffe könnten sich auf denselben Gegenstand beziehen – ein Beispiel dafür sind „Morgenstern“ und „Abendstern“, denn beides bezieht sich auf den Planeten Venus.

Sollten sich die Aussagen von Muslimen aus christlicher Sicht nicht auf „unseren“ Gott beziehen, blieben noch drei Möglichkeiten: Sie reden von einem anderen Gott, sie beziehen sich auf gar keinen realen Gegenstand, oder sie handeln von einem Götzen, einer menschlichen Projektion. Letzteres behaupten Religionskritiker wie Feuerbach von Christen wie von Muslimen.

Nikolaus von Kues ging davon aus, dass alle Menschen im Grunde den einen wahren Gott verehren, der mit dem Wahren und Guten identisch ist (ähnliche Gedanken finden wir u.a. auch bei C.S. Lewis in The Last Battle). Aber der Ansatz bei einer allgemeinen Gotteserkenntnis hilft nicht weiter, weil er eher Postulate aufstellt als konkrete Glaubensansichten betrachtet und vergleicht. Christen und Muslime haben auch keine gemeinsamen heiligen Schriften (wie Christen und Juden), aber es gibt zumindest einige Übereinstimmungen zwischen den Aussagen der Bibel und des Koran. Dennoch glauben die meisten Muslime nicht, dass die Schriften der Christen dem Koran in irgendeiner Form gleichwertig oder ähnlich sind.

Es bleibt also der Weg über den inhaltlichen Vergleich der Beschreibungen Gottes. Wir brauchen keine völlige Übereinstimmung, um von einem gemeinsamen Gott reden zu können, Diskrepanzen sind möglich. Es gibt sie im Übrigen auch unter Christen verschiedenener Richtungen und Konfessionen. Die Gegenposition vertritt der Australiers Mark Durie, der den Sachverhalt mit Falschgeld vergleicht. Schon die kleinste Abweichung ist für Durie der Beweis für die Unechtheit der Blüte. Jesus dagegen, sagt Volf, kann im Johannesevangelium davon sprechen, dass seine jüdischen Gegner auch dann noch von demselben Gott sprachen wie er, als sie sich weigerten, ihn als wahren Propheten (geschweige denn als Verkörperung Gottes) anzuerkennen. Volf folgert: Wer immer nur die Unterschiede hervorkehrt ist wie jemand, der sich über die Fehler des anderen freut. Genau das tut die Liebe aber laut 1.Kor 13,6 nicht.

Im fünften Kapitel betrachtet Volf die gemeinsamen Elemente der Gotteslehre. Er setzt ein bei der Erklärung Nostra Aetate (1965), in der sich Paul VI. auf einen Brief von Papst Gregor VII an den König von Mauretanien bezieht. Dann stellt er fest:

There are Muslims and Christians who disagree so radically about God‘s character that they, in fact, do worship two different Gods. But then it would be easy to find Christians who disagree among themselves so radically that we may be tempted to conclude that they too worship different Gods. The same is true of Muslims and Jews, I suspect. (S. 96)

Volf erklärt, dass er sich auf dem Mainstream beider Religionen beziehen wird: Menschen, die ihren Glauben ernst nehmen, zugleich aber wissen, dass selbst große Lehrer in vielen Dingen recht unterschiedlicher Meinung waren. Bei diesen Gruppen lassen sich einige Gemeinsamkeiten feststellen:

  • Es gibt nur einen Gott
  • Dieser Gott ist der Schöpfer der Welt
  • Gott ist radikal anders als alles, was er geschaffen hat und alles, was nicht Gott ist

Damit sind Pantheismus wie Polytheismus schon ausgeschlossen. Neben diesen eher formalen Punkten ist aber auch die Beschreibung des Wesens Gottes wichtig. Bei menschlichen Charakteren kann man durchaus geteilter Meinung sein – Volf nennt Milosevic, der von den Serben als Retter gefeiert wurde und von den Muslimen als Schlächter von Belgrad bezeichnet wurde. Im Blick auf Gott lässt sich das jedoch nicht durchhalten. Der monotheistische Gottesbegriff impliziert praktisch schon, dass Gott gut ist und kein überdimensionales sadistisches Monster. Wenn man Gottes Güte in Frage stellt, steht sein Gottsein in Frage. Vergleicht man den Willen Gottes, so lassen sich tatsächlich Gemeinsamkeiten ausmachen, die dem Doppelgebot der Liebe entsprechen. In beiden Glaubensgemeinschaften wird jedoch auch heftig debattiert, was das konkret bedeutet.

Dann wendet sich Volf dem Thema Anbetung zu. Christlich verstanden heißt das nicht nur „Gottesdienst“ im Sinne einer Gemeindeveranstaltung, sondern die (1.) Grundhaltung der Liebe zu (2.) Gott und zum Nächsten, die (3.) das ganze Leben umfasst. Menschen beten dann vermutlich zu demselben Gott, wenn das, was sie über ihn sagen, vergleichbar ist. Liebe zu Gott und zum Nächsten sind für Christen wie für Muslime gültige Forderungen, auch wenn sie jeweils unterschiedlichen Stellenwert haben und die Christen zumindest noch das Thema der Feindesliebe damit verbinden. Weitgehende Übereinstimmungen finden sich auch im Bereich der zehn Gebote. Natürlich gibt es auch hier Differenzen, sie liegen zum Beispiel in den geforderten Sanktionen, etwa bei Diebstahl oder Ehebruch. Aber deutliche Unterschiede im Strafmaß entdecken wir auch, wenn wir das Alte Testament aufschlagen.

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Allah (2)

Ich fahre hier fort mit einer groben Skizze von Volfs Argumentation und beschränke mich erst einmal auf die Darstellung seines Gesprächsbeitrags. Wer es genauer haben möchte kann Allah gern selbst zur Hand nehmen. Die zahllosen Fragen rund um das Verhältnis von Christen und Muslimen werde ich hier leider auch nicht erschöpfend erörtern können. Aktuell ist es allemal nach den Äußerungen des neuen Innenministers, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, aber dahinter steht wohl auch das Interesse der CSU, sich und andere mit etwas rhetorischem Krawall von der Causa Guttenberg abzulenken.

Im ersten Teil seiner Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Muslimen und Christen widmet sich Miroslav Volf der Geschichte. Er beginnt mit der Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI, die seinerzeit so große Wellen schlug (und zu gewaltsamen Ausschreitungen in Teilen der islamischen Welt führte), weil der Papst darin die Frage aufwarf, wie sich die Gottesbilder beider Seiten zu einander verhielten, noch konkreter: ob dem Gott der Rationalität auf christliche Seite nicht letztlich ein Gott der Willkür auf islamischer Seite gegenüberstehe. Er zitierte dabei den Dialogdes byzantinischen Kaisers Manuel II Palaeologus mit einem gebildeten Perser.

Die Antwort führender islamischer Gelehrter war ein offener Brief, dem 2007 ein weiteres Dokument folgte, an dessen Entstehung der jordanische Prinz Ghazi bin Muhammad bin Talal federführend beteiligt war: A Common Word Between Us. In beiden geht es um den Frieden zwischen Christen und Muslimen. Ein erstaunliches Element des Open Letter ist der Bezug auf das Doppelgebot der Liebe und das Bekenntnis zu dem einen Gott, an dem die Autoren die Gemeinsamkeit beider Religionen festmachen. Der Gewinn dieser Position liegt für Volf u.a. darin, dass sie zeigt, wie ein richtig verstandener und bewusst gelebter Glaube zum Frieden beiträgt. Denn die säkularistische Gegenposition lautet seit jeher:

If religion has anything to do with conflicts between Christians and Muslims, religious passions stemming from single-minded devotion to God are the source of these conflicts, not a means to overcome them, many critics argue. Less religion is what we need. Let people keep religious devotion locked in the privacy of their hearts.

Volf erwähnt kurz John Piper, der freilich seiner üblichen Neigung zum Ausschluss abweichender Positionen folgt und eine eher simplistische Analogie bemüht, um zu zeigen, dass Christen und Muslime nicht vom demselben Gott (freilich auf durchaus unterschiedliche Art) reden können. Dagegen hat der Papst [und nicht nur er] inzwischen auf das Common Word positiv geantwortet.

Zweitens vergleicht Volf die Haltung von Papst Pius II und Nikolaus von Kues im fünfzehnten Jahrhundert. Während Pius II zeitlebens vergeblich einen neuen Kreuzzug initiieren will, sucht Nikolaus den Dialog, unter anderem in seiner Schrift de pace fidei. Es geht ihm keineswegs um eine verwässerte Kompromissformel oder darum, den Gegner möglichst schlecht aussehen zu lassen. Also setzt Nikolaus damit an, dass Gottes wahres Wesen sich menschlichen Kategorisierungen entzieht, selbst numerischen wie die Zahlen drei und eins. Sachlich, sagt Nikolaus, sei die Trinität im Koran aber vorausgesetzt: Denn Wenn Gott ein Wort hat, dann muss dieses Wort auch Gott sein, weil bei Gott zwischen Haben und Sein kein Unterschied besteht. Zweitens sagt Nikolaus, dass Liebe zur göttlichen Vollkommenheit gehöre, aber ein Gegenüber voraussetze – und zwar erst einmal innerhalb der Gottheit selbst, da die Schöpfung als Gegenüber ja zeitlich ist. Man muss – so versteht Volf Nikolaus – nicht in allem, was wir über Gott zu sagen haben, übereinstimmen, um sagen zu können, dass der Gott, den wir (mehr oder weniger angemessen) verehren, derselbe ist.

Drittens nimmt sich Volf Teile von Martin Luthers Schriften aus der Zeit der Belagerung Wiens durch die Türken und danach vor. Bei aller für den Reformator typischen Polemik zieht sich auch hier der Gedanke durch, dass Muslime den einen, wahren Gott verehren. Zugleich sagt Luther aber auch, dass sie diesen Gott nicht richtig kennen, weil sie weder die Trinität noch das Wort vom Kreuz akzeptieren. Volf kritisiert Luthers „brutale Rhetorik“ und seine Karikaturen des muslimischen Gottesverständnisses bzw. seine schroffe Charakterisierung der Türken als Werkzeuge des Satans. Aber dasselbe sagt Luther eben auch über Katholiken, Täufer oder Juden. Volf fragt zurück:

Luther is willing to admit that one can have all the right convictions about God – which the devils have – and be damned. But he does not seem ready to grant that one can have partly wrong convictions about God and still be saved. But why not? After all, Luther believes that God is unconditional love and that faith in God is itself a gift of that utterly generous God. (S. 73)

Zwei Dinge hält Volf am Ende fest aus der Beschäftigung mit Luther: Auch bei Luther gibt es nicht den starren Gegensatz zwischen Christen und Muslimen, sondern den Gegensatz zwischen Menschen, die Gott richtig erkannt haben (manche Christen) und denen, die ein verzerrtes Bild von Gott haben (die Mehrheit der Christen und alle Nichtchristen). Zweitens streitet Luther nicht ab, dass es signifikante Überschneidungen gibt, auch wenn dieses nicht primär soteriologische Thema ihn nicht besonders interessiert.

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Liebe, Zorn und Heiligkeit

Ich habe die (inhaltlich gar nicht neue) Aufregung um Rob Bells neues Buch kürzlich erwähnt, das Thema beschäftigt mich ja immer wieder. Ein paar Vorab-Verrisse habe ich überflogen, die Präzensenten scheinen mir aus der theologischen Schule von John Piper und Al Mohler zu stammen.

Hier prallen theologische Welten aufeinander, vor allem aber Gottesbilder. Und da ist es so wie in der Christologie: Wenn man mal auf dem falschen Fuß beginnt, hinkt alles, was danach kommt. Christologisch lag der Fehler lange Zeit darin, von einer abstrakten „göttliche Natur“ auszugehen, deren Attribute (Allmacht, Allwissen, Allgegenwart) dann die Menschlichkeit Jesu derart sprengten, dass es zu absurden Folgeschlüssen kommen musste. Etwa so, dass der irdische Jesus göttliche idiomata wie Allgegenwart „verhüllt“ ausübt.

Hier liegt m.E. ein ähnliches Problem auf Seiten der Kritiker vor: Gottes primäre Eigenschaft ist für sie die Heiligkeit. Heiligkeit zerfällt dann für sie in die zwei (konträren) Charakteristika von Zorn und Liebe. Man ist hier an die Dialektik von Gesetz und Evangelium erinnert, nur dass es eben Gottesattribute sind und keine Wirkweisen der Schrift. Und dieser Dualismus zieht sich nun ausgehend vom Gottesbild durch die ganze Heilslehre, daher eine streng symmetrisch gedachte doppelte Prädestination, in der die Verwerfung und ewige Qual eines Teils – möglicherweise des Großteils – der Menschheit als ein Akt erscheint, durch den Gott seine Heiligkeit erweist und seine Ehre mehrt. Daher auch das Insistieren auf der Vorstellung ewiger Höllenqualen – sie sind in dieser Logik eben auch nötig um der Ehre Gottes Willen.

Was auf den ersten Blick vielleicht noch wie eine Verschiebung von Nuancen wirkt, hat gravierende Folgen – vor allem seelsorgerliche, durchaus aber auch politische. Es beeinflusst nicht nur die Verkündigung (das berüchtigte „turn or burn“), sondern auch Kirchenstrukturen und den Umgang mit Macht. Denn natürlich liest man mit dieser Brille dann auch die Bibel und aus derselben die Bestätigung des eigenen Standpunktes heraus, der doch in Wirklichkeit schon die Prämisse des Denkens war.

Im Grunde muss sich diese Theologie also die Frage stellen lassen, die Papst Benedikt XVI in seiner Regensburger Rede an den Islam stellt: Ist Gott primär als absolut transzendenter, undurchschaubarer Wille zu verstehen, oder hat er sich auf den vernünftigen (darum geht es Benedikt in dem Zusammenhang) – wir könnten aber auch hinzufügen: liebenden und barmherzigen – Umgang mit seinen Geschöpfen festgelegt? Der Heiligkeitsbegriff als primärer theologischer Anker öffnet das Gottesbild für eine eine gewisse Persönlichkeitsspaltung. Mein Verdacht ist – man müsste der These mal genauer nachgehen, ein nettes Promotionsthema mit vielen Fußnoten – ob nicht gerade eine gewisse Schwierigkeit, mit den Ambivalenzen des Lebens und der Schrift fertig zu werden, dazu führt, dass man diese überspringt und letztlich in die Gottesvorstellungen selbst zurückverlagert. Problematische Gewalt entschwindet so im Schatten unhinterfragbarer und unantastbarer Heiligkeit.

Ordnet man dagegen Heiligkeit und Zorn der Liebe unter, sieht alles anders aus. Ein gewaltfreies Gottesbild wird möglich, das jedoch keineswegs harmlos ist. Gottes Zorn wird nicht als ein ausschließender Zorn in seine Heiligkeit, sondern als leidenschaftliche Solidarität mit den Opfern von Gewalt und Unrecht in seine Liebe integriert. Sein Ehrgeiz liegt darin, nicht nur die 99 Schafe zu behalten, sondern auch das eine verlorene noch zu finden. Dafür riskiert er alles. Wo meine Sympathien liegen, brauche ich nicht zu erklären.

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Allah (1)

Heute landete das neue Buch von Miroslav Volf auf meinem Schreibtisch, es heißt Allah: A Christian Response.

Volf, der in Yale Systematische Theologie lehrt und ein Seminar mit Tony Blair über Glaube und Globalisierung leitet, geht darin der Frage nach, wie Christen und Muslime die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ihren Religionen bewerten und was daraus für den Umgang mit dem jeweils anderen und das Zusammenleben in einer pluralistischen, multireligiösen Gesellschaft folgt.

Zu meiner Überraschung beginnt Volf mit Rick Warren und dessen Gebet zur Amtseinführung von Barack Obama. Warren wurde von Rechtsevangelikalen hart angegangen, weil er in diesem Gebet eine Wendung gebrauchte („you are the compassionate and merciful one“), die in zahlreichen Suren des Koran erscheint. Die Kritiker um einen gewissen Joe Schimmel argumentierten, Warren habe damit verschleiert, dass der Gott der Bibel und der Gott des Koran zwei gänzlich verschiedene Götter seien.

Gleich zu Anfang legt Volf die Karten auf den Tisch, hier die Kurzfassung:

  • Für ihn geht es (wie andeutungsweise für Rick Warren, Respekt!) trotz zahlreicher Unterschiede um ein und denselben Gott
  • Die Dinge, die der Koran im Blick auf die Trinität ablehnt, würde auch kein Christ für richtig halten
  • Sowohl Christen als auch Muslime beschreiben Gott als liebend und gerecht, auch wenn sie diese Begriffe etwas unterschiedlich füllen
  • Beide glauben, dass Gott die Liebe zum Nächsten möchte, freilich wieder mit verschiedenen Nuancierungen
  • die gemeinsame Werte reichen für ein zivilisiertes Zusammenleben aus und bedingen keinen unablässigen Kampf der Kulturen
  • beide Seiten können sich als Verbündete sehen in der Auseinandersetzung mit einer Kultur, der es nur um das eigene Vergnügen und Wohlbefinden geht
  • Liebe und Vertrauen zu Gott und Gehorsam gegenüber Jesus sind wichtiger als Religionszugehörigkeit und Etikettierungen
  • Liebe und Gerechtigkeit erfordern es, dass Menschen ihren Glauben wählen, wechseln und öffentlich leben dürfen
  • Das Glaubenszeugnis ist legitim, es darf weder unterdrückt noch lieblos ausgeübt werden
  • Das Bekenntnis zu dem einen Gott, der alle Menschen liebt und für die da ist, führt zum Bekenntnis zu einer offenen, pluralistischen Gesellschaft und einem weltanschaulich neutralen Staat

Volf schreibt ein Buch über politische Theologie, nicht über Soteriologie. Die Frage des ewigen Heils lässt er offen. Ihn interessiert, ob und wo Christen und Muslime Gemeinsamkeiten entdecken können und wie diese Gemeinsamkeiten zu einem friedlichen Zusammenleben beitragen. Das Interessante wird sein, wie er das begründet.

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Messias/bild/er

Was haben Christen im Laufe der Jahrhunderte nicht alles zusammenphantasiert, wenn es um den Antichristen und falsche Messiasse geht. Der rechte Rand der Republikaner in den USA versucht mit Verdächtigungen und Verleumdungen immer noch, Barack Obama dieses Stigma zu verpassen und sieht den Weltuntergang nahe. Nebenbei hatte man dort noch nie Probleme damit, die Welt noch näher an den Rand des erwarteten Untergangs zu bringen durch lockere Waffengesetze, globales Säbelgerassel und achselzuckendes Hinnehmen ökologischer Apokalypsen, um den „American Way of Life“ zu retten.

Sollte man das Thema aus dem kirchlichen Diskurs also besser ganz streichen? Ich glaube nicht. Alles läuft nämlich viel normaler, viel unapokalyptischer, als es oft dargestellt wurde. Falsche Messiasse kommen und gehen, hier und anderswo. Wir sehen den Unterschied zwischen Original und Plagiat, wenn wir Matthäus 16 lesen. Dort antwortet Jesus auf das Bekenntnis des Petrus (16,16) mit einem Lob, das zugleich zur (echten…) Demut mahnt, weil es auf Gottes Konto geht, dass Petrus etwas richtig erkannt hat.

Zweitens verbietet Jesus den Anwesenden, diese Einsicht an die große Glocke zu hängen. Jürgen Moltmann kommentierte einmal, dass Jesus das Bekenntnis des Petrus suspendiert hat. Der Grund ist, dass Jesus sich schon zu Beginn seines öffentlichen Wirkens entschieden hatte, die damit verbundenen Erwartungen zu enttäuschen (vgl. 4,1ff). Er kannte das öffentliche StimmungsBILD gut genug, um die Gefahr des Jubels und Beifalls aus zweifelhaften Motiven zu unterschätzen. Das letzte, was er brauchen konnte, waren grelle, polarisierende Schlagzeilen und Anhänger, denen es nur darum ging, ihre Auflage zu steigern und die eigene Macht über andere zu sichern (vgl. 20,28).

Drittens nämlich kündigt Jesus seine Hinrichtung und seinen Tod an. Die Wende im Geschick Israels und der Welt wird nicht durch einen vordergründigen Erweis seiner Überlegenheit und Dominanz, nicht durch eine Reform „von oben“ erreicht, sondern darin, dass er der Gewalt, dem Hass und dem Wunsch der Masse nach einem Sündenbock unterliegt – und sich Gott dann trotzdem, nein: genau deswegen, zu ihm stellt.

Petrus hat den letzten Gedanken wohl schon gar nicht mehr richtig gehört, als er ansetzt, Jesus zu erklären, dass der als Hoffnungsträger und Lichtgestalt sich alles, nur keine Kapitulation leisten darf. Mit dem Tipp ist er bei Jesus jedoch an der falschen Adresse. Er fängt sich den schärfsten Tadel ein, den wir in den Evangelien überhaupt finden: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (16,23). So schnell kann man also zum „Antichristen“ mutieren…

Die Passionszeit ist nicht mehr weit entfernt. Vielleicht eine gute Gelegenheit, sich zu fragen, zur Entourage welches Messias‘ wir eigentlich gehören wollen. Petrus hat die Kurve in der Messiasfrage noch rechtzeitig gekriegt, und wieder war das nicht sein Verdienst. DIe BILD-Umfrage zu dem Thema aber hätte vermutlich Barabbas mit 75% gewonnen.

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Wright, Luther und die Ethik

Nachdem ich am Samstag Tom Wrights spannende Gedanken zur christlichen Ethik und neutestamentlichen Tugendlehre gehört habe, habe ich etwas in meinen Sachen gekramt und bin bei Luthers Ethik gelandet. Wright hat Luthers negative Bewertung des Gesetzes im Kommentar zum Galaterbrief kritisiert, aber man kann Luther vielleicht auch anders lesen, indem man zum Beispiel vom Sermon von den guten Werken ausgeht.

Etwas verkürzt gesagt funktioniert das dann so, dass im Wort der Schrift eine Dialektik von Gesetz und Evangelium (durchaus im Sinne von Anspruch und Zuspruch) zu finden ist. Das Gesetz beschreibt dabei die überführende und richtende Wirkung, das Evangelium die glauben weckende und befreiende. Beides ist aber nötig, denn es entspricht der Dialektik des Christen, der auch unter der Gnade ein Angefochtener bleibt. Einen „tertius usus“ wie in der reformierten Theologie (für die „Wiedergeborenen“ als heilsame und positive Weisung zum Leben) braucht Luther daher gar nicht: Es reicht, das Gebot als Korrektur zu haben, die den Christen auf seinem Weg hält – und genau so hat es Tom Wright mit dem Bild von der „Leitplanke“ auch beschrieben. Es geht also Luther wie Wright darum, der drohenden Gesetzlichkeit einer primär an Normen orientierten Ethik auszuweichen, ohne einer denkfaulen, launischen „Spontaneität“ das Wort zu reden, die selbstbezogen nur das tut, wozu sie gerade aufgelegt ist.

Luther setzt sich im Jahr 1520 auch kritisch mit der aristotelischen Tugendlehre auseinander. Vor allem weigert er sich, Glauben als menschliche Tugend zu bezeichnen, weil er den Glauben (im Sinne des erneuerten Herzens von Jeremia 31 und Ezechiel 36) als ein Werk Gottes versteht. Bei Wright wäre hier vielleicht der Begriff „Neuschöpfung“ die beste Entsprechung. Glaube bei Luther ist der „Christus in uns“ oder das In-Christus-Sein der Glaubenden. Man darf ihn weder als Zustimmung zur kirchlichen Lehre intellektualisieren noch als einen Affekt unter anderen psychologisiseren.

Aus dem Glauben heraus wird der Mensch dann aber auch für Luther ungemein aktiv, und hier begegnet uns die Verschränkung von eigenem Handeln und menschlicher Verantwortung auf der einen Seite und dem Wirken des Geistes und der Gnade auf der anderen Seite, wie Kolosser 1,28 es beispielsweise beschreibt. Die wesentliche Lebensäußerung des Glaubens ist die Liebe im Sinne des Doppelgebotes, nachdem Luther den Glauben schon als die Erfüllung des ersten Gebots (Exodus 20,2f; vgl. Dtn 6,4) bezeichnet hat.

Alle anderen „guten Werke“, für die Luther viele positive Worte findet, sind durch die Liebe qualifiziert. Luther wehrt hier eine Bevorzugung kultisch-religiöser Tätigkeiten ab, und das kann m.E. auch analog zur Kritik von Jesus und später Paulus am Kultgesetz verstanden werden, vor allem auch als Analogie zur prophetischen Kultkritik etwa bei Amos. Unter den guten Werken gibt es keine „besseren“. Damit befreit Luther den Gottesdienst und das spirituelle Leben, nicht mehr Ausweis eines höheren Status bei Gott zu sein, sondern eine bewusste Gestaltung der Christusbeziehung. Gottesdienst, Gebet und Askese (konkret: Fasten, Wachen und Arbeiten) dienen der Stärkung des Glaubens, und darin liegt ihr Wert, denn die verwandelnde Kraft des geistlichen Lebens wirkt sich auf das Leben in der Welt aus. Das Lob Gottes hat so beim frühen Luther durchaus auch eine politische Dimension:

Hier müssen wir widerstreben zum ersten allem Unrecht, wo die Wahrheit oder Gerechtigkeit Gewalt und Not leidet, und wir müssen in demselben keinen Unterschied der Personen haben wie etliche tun, die gar fleißig und emsig fechten für das Unrecht, das den reichen, gewaltigen Freunden geschieht, aber wo es dem Armen oder Verachteten oder Feinden geschieht, sind sie wohl still und geduldig. (WA 6,226)

Luther wendet die zehn Gebote in seiner Auslegung sämtlich ins Positive und weist auf das hin, was Glaubende tun sollen und können. Ein klares Indiz dafür, dass er sie keineswegs nur negativ betrachtet, sondern in ihnen auch eine praktischen Anleitung erkennt. Freilich hätte man sich die hier so klar formulierte „Option für die Armen“ auch in Luthers unglücklichem Agieren im Bauernkrieg gewünscht. Das dürfen heutige Lutheraner gern besser machen und dabei von Tom Wright lernen, der gerade auch die gesellschaftliche Verantwortung betont, die aus dem Evangelium erwächst.

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Die leidige Kritik

Das kommt mir doch bekannt vor: Fromme Muslime müssen beim Studium der Islamwissenschaften an deutschen Unis erst mal einen kleinen Kulturschock verdauen und lernen, „zwischen eigenem religiösen Empfinden und der wissenschaftlichen Betrachtung zu unterscheiden“, berichtet die Zeit heute.

Allmählich gewöhnen sich die meisten daran. Trotzdem ist kritische Exegese unter Doktoranden anscheinend deutlich unpopulärer als eine Dissertation über historische und literarische Fragen. Manche lehnen sie auch rundweg ab. Einer Studentin etwa

… graut es vor dem Koranexegese-Seminar, in dem es um die wissenschaftliche Diskussion des heiligen Buches geht. Sie sagt, dass ein Nichtmuslim den Koran gar nicht korrekt erklären könne. Würde er den Koran nämlich verstehen, wäre er längst konvertiert, wäre also Muslim.

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Geistreicher Prophet

Wie christlicher Glaube, richtig verstanden, im modernen Leben und auf ganz anderen Themenfeldern zu neuen, hilfreichen Denkansätzen führen kann, das hat Marshall McLuhan („the medium is the message“) vorgemacht. Zum 100. Geburtstag des „Medienpropheten“ merkt die SZ heute folgendes an:

Dieser Glaube an das Medium als Botschaft hat einen interessanten Subtext: den Glauben. Marshall McLuhan ist früh zum Katholizismus übergetreten. Es wurde schon oft daran erinnert, worin der zentrale Glaubensinhalt des Christentums besteht: Dass nämlich Gott nicht als Lichtgestalt, Goldregen oder Godzilla zu den Menschen gekommen ist – sondern als Jesus Christus.

Um zur Welt zu kommen, wählt der allmächtige Gott die Gestalt eines armen Zimmermanns, darin steckt die ganze Geschichte der Erlösung des Niedrigen durch das Hohe. Gott wählte sich einen sterblichen Menschen als Medium, das ist die frohe Botschaft des Christentums.

Diese Art Messianismus hat McLuhan auf andere Medien übertragen. Und zwar mit Vorliebe auf die neuen Medien, die immer eine Zeitlang verpönt und als niedrig abgetan werden. Fernsehen macht dumm? Unsinn, es ist der Beginn einer neuen Zeit. Wobei auch die These, Fernsehen mache blöd und faul, die gleichen Prämissen teilt: Es ist dann eben ein falscher Messias, der die Leute in die Hölle führt.

„Inkarnatorisch“ hat sich ja in der missionalen Szene zum Modewort entwickelt. Vielleicht haben wir das (nicht das Konzept, aber seine plötzliche Populariltät) auch McLuhan zu verdanken. Wie auch immer, hier noch ein paar Bonmots des Meisters:

Only puny secrets need protection. Big discoveries are protected by public incredulity.

We look at the present through a rear-view mirror.

We march backwards into the future.

The trouble with a cheap, specialized education is that you never stop paying for it.

The ignorance of how to use new knowledge stockpiles exponentially.

Food for the mind is like food for the body: the inputs are never the same as the outputs.

The missing link created far more interest than all the chains and explanations of being.

(noch mehr davon gibt’s hier)

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Der ungeliebte Christus

Ich kann ja gut verstehen, wie es so weit kommen konnte: Da ist der Pfarrer, der in einer so hölzernen Art und stereotyp immerzu nur von „Jesus Christus“ spricht, als wären das Vor- und Nachname wie in „Herbert Müller“ – und weil er immer den Nachnamen dazu sagt, erweckt das zugleich den Anschein, als kenne er diesen Herrn nicht besonders gut.

Da sind theologische und Frömmigkeitstraditionen, in denen die göttliche Seite auf Kosten des Menschlichen so hervorgekehrt wurde, dass ihr „Christus“ immer blutleerer und unnahbarer wurde. Da sind zuletzt die Esoteriker, die den Christustitel zu einer Chiffre umgebaut haben, unter der nun alles Mögliche an abtrusen und diffusen Vorstellungen von Weltseelen und Energieströmen firmiert.

Im Gegenzug haben einige den Christustitel komplett ausrangiert. Nicht nur in ihrer Gebetsanrede, sondern auch in ihrer Alltagstheologie. Nur so lässt es sich erklären, dass der Ausdruck „Leib Christi“ aus 1. Korinther 12 nicht nur in der Predigtsprache, sondern auch in der einen oder anderen Publikation als „Leib Jesu“ erscheint. Aber eben hier beginnt die Begriffsverschiebung auch zu einer Sinnverschiebung zu werden, die am Ende einen privatisierten Jesus ergibt, und die Gemeinde und Kirche auf eine Art Fanclub reduziert.

Christus ist ja die griechische Übersetzung des hebräischen Messiastitels. Dass Jesus der Christus – des Messias Gottes – ist, ist eines der Kernbekenntnisse des Neuen Testaments und der ersten Christen. Wie Jesus diese Messiasrolle annahm und ausfüllte, war höchst umstritten und ist es bis heute, nicht nur zwischen Christen und Juden, sondern auch in der Diskussion um die verschiedenen Formen politischer Theologie durch die Jahrhunderte.

Vielleicht kann man es so sagen: Der Name Jesus (damals durchaus verbreitet) betont mehr die menschliche Person, während Titel wie Messias/Christus, „Menschensohn“ oder „Sohn Davids“ die (heils-)geschichtliche Rolle beschreiben. Beides lässt sich nicht trennen, aber man muss die Medaille immer mal wieder drehen, damit klar ist, dass sie diese beiden Seiten auch tatsächlich hat. Bei „Jesus“ denken wir zu Recht erst einmal an den Mann aus Fleisch und Blut, zum Anfassen und auf Augenhöhe mit anderen Menschen, einer von uns, der vertraute Freund. Eben dieser intime Freund jedoch ist in einer einmaligen Mission unterwegs – auch heute noch. Sie ist erst abgeschlossen, wenn alles Leid besiegt ist, alle Tränen getrocknet, wenn nicht nur der Hass, sondern auch der Tod überwunden und Gott „alles in allem“ ist.

Um nicht zu vergessen, dass „unser“ Jesus nach dem Bekenntnis der ersten Christen (man hat sie damals spöttisch kleine „Christusse“ genannt, aber gerade nicht kleine „Jesusse“!) auch an der Schöpfung der Welt beteiligt war, dass er der göttliche Logos ist, in dem sich das Geheimnis der Welt erschließt – nicht nur der „persönliche Heiland“, sondern der Erlöser des Kosmos – dafür brauchen wir unter anderem den Christustitel. Nicht als distanzierenden „Nachnamen“, sondern damit wir, als der Leib Christi, uns der wahren Dimensionen von Gottes Handeln in der Welt und im Zusammenhang damit auch unserer eigenen Rolle als Leib Christi bewusst werden. Das scheint mir auch Paulus am Ende von Epheser 3 im Sinn zu haben, wenn er schreibt:

In der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet, sollt ihr zusammen mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis übersteigt. So werdet ihr mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt.

Er aber, der durch die Macht, die in uns wirkt, unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder uns ausdenken können, er werde verherrlicht durch die Kirche und durch Christus Jesus in allen Generationen, für ewige Zeiten. Amen.

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