Breites Angebot

Wer in einer multioptionalen Gesellschaft mit der Zeit geht, muss überkommene Formen in Frage stellen, besser noch: weiterentwickeln.

Etwa beim Abendmahl: Wäre es nicht viel sinnvoller, eine Art Buffet aufzubauen? Verschiedene Brotsorten wären im Angebot (Fladen, ungesäuert, leichtes Knäcke, herzhaft-bodenständiges Bauernbrot, Voll/Mehrkorn, Biosonne…), und daneben Wein (und Traubensaft) unterschiedlichster Farbe und Herkunft, so dass sich niemand geschmacklich diskriminiert fühlt: Ein herber, trockener Frankenwein für den Heimatverbundenen, ein eleganter Franzose oder Australier für den Weltbürger, Lambrusco aus der 2-Liter-Buddel aus Solidarität mit sozialen Randgruppen, Prosecco für die Party-Fraktion.

Rechnerisch ergeben sich bei je 5 Sorten Brot und Wein 20 mögliche Kombinationen. Für Abwechslung ist also gesorgt!

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Das fängt ja gut an

Unsere Bundeskanzlerin (Wort des Jahres 2005!) hat sich auf dem EU-Gipfel die ersten Sporen verdient und die Streithähne Blair und Chirac zum Kompromiss verführt 😉

Gut, sie hat ja Erfahrung: Erst musste sie die stolzen Landesfürsten der Union auf Kurs bringen und dann die große Koalition vermitteln. Da entsteht schon so etwas wie Kompetenz. Wir können uns ja eigentlich nur freuen, wenn da jemand am Ruder ist, der “Win-win” denkt.

Vielleicht erleben wir die Umkehrung des Schröder’schen “overpromise and underdeliver” – das könnte der Politikverdrossenheit (Wort des Jahres 1992) allmählich den Boden entziehen. Oder hoffe ich schon wieder zu viel?

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Alleine Glauben?

Immer wieder bekommt man zu hören, man müsse als Christ doch nicht ständig in die Kirche rennen. Besonders unter Evangelischen wird das noch als „Freiheit“ gehandelt: Glauben könne man doch auch für sich. Von solchen Anfragen aus dem persönlichen Umfeld erzählte mir erst jüngst wieder jemand.

Klar kann man das – weil Glauben in diesem Zusammenhang so verstanden wird, dass man der Meinung ist, es gibt ein höheres Wesen (und dass man, warum auch immer, deshalb ein anständiger Mensch sein sollte). Ganz anders sieht es aus, wenn Glauben bedeutet, Gott zu vertrauen, ihn zu lieben und sich von ihm verändern zu lassen. Glaube nicht als Meinung, sondern als Prozess – als Weg der Nachfolge. Nicht bloß kognitiv, sondern ganzheitlich. “Love is a verb”, habe ich neulich gelesen.

Das geht schlechterdings nicht alleine. Beziehung und Gemeinschaft ist für Christen immer die Nagelprobe echten Glaubens: Wie kann denn jemand sagen, er liebe Gott, wenn ihm sein Bruder/seine Schwester gleichgültig ist, fragt Johannes (1. Joh. 4,20). Erst die anderen stoßen mich mit der Nase darauf, wo ich Veränderung nötig habe und erst die anderen können bereits eingetretene Veränderungen wahrnehmen und bestätigen. Dann erst weiß ich, dass ich mir nichts in die Tasche lüge von wegen Anstand und guter Mensch. Nichts kann so befreiend sein wie solch eine Konfrontation und nichts ermutigt mehr als so ein Lob.

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Die Pharisäer-Taktik

Heute morgen habe ich auf Sacred Space Matthäus 21,23-37 gelesen. Jesus verweigert den Pharisäern eine Antwort, weil sie sich selbst nicht festlegen. So können sie selbst andere kritisieren, bleiben aber selbst unangreifbar. Oder anders gedacht: Sie sagen, was sie nicht wollen, aber nicht, was sie wirklich wollen.

Einerseits finde ich das erleichternd, zu sehen, dass es in Ordnung ist, diese Art Streitgespräche einfach abzubrechen. Andererseits merke ich, dass ich ja auch oft kritische Gedanken habe und äußere, und ich möchte nicht denselben Fehler machen, dabei im Negativen stecken zu bleiben und nicht mehr konstruktiv zu sein. In Zeiten von Post-dies und Post-das ist das keine leichte Aufgabe, aber eine lösbare.

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N.T. Wright

Gestern auf der Autofahrt nach Ditzingen habe ich drei CDs von NT Wright zum Thema “Creation and New Creation in the New Testament” gehört. Der Mann begeistert mich jedes Mal wieder. Biblische Zusammenhänge auf eine so gute und immer wieder verblüffend andere, aber einleuchtende Weise zu erschließen und dabei nie abgehoben zu wirken, das ist schon eine Seltenheit.

Inhaltlich bewegt er sich sicher und souverän zwischen einem naiven Optimismus, was die Welt und ihre Zukunft angeht und einem zynischen Pessimismus hindurch. Auferstehung wird so nicht individualistisch missdeutet oder gar gnostisch aufgelöst (körperlose “Seele” wandert ins Jenseits), sondern in einen größeren Kontext gestellt, eben die Erneuerung der gesamten Schöpfung. Und am Ende steht der Ruf zu einer ganzheitlichen Spiritualität, zum Einsatz für Gerechtigkeit und die Begeisterung für Schönheit und Ästhetik. Ich muss mir das unbedingt bald noch einmal anhören.

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Nicht umdrehen

Heute habe ich eine Weile über die Geschichte von Lots Frau nachgedacht. Zurückschauen in Dankbarkeit ist sicher eine Tugend, und auch der Blick zurück im Kummer über die eigene Ignoranz und Sünde ist völlig in Ordnung, wenn er dann in Dank mündet statt in Selbstzersetzung.

Es gibt aber auch ein wehmütiges Verklären der Vergangenheit – so als läge das Beste nicht noch vor mir im Leben. Es gibt ein Lecken der Wunden – oder wenn ich Verluste nicht akzeptiere und dann auch loslassen will. Und dann komme ich auf einmal nicht mehr an das Ziel, das Gott mir gesteckt hat, und zu der Erfüllung, die er sich für mich wünscht. Eine Salzsäule auf halbem Weg im Niemandsland.

Vielleicht wird die Versuchung dazu größer, je mehr Erfolge und Verluste hinter mir liegen, auf die ich zurückschauen kann, und je mehr mir bewusst wird, wie schnell ich Schiffbruch erleiden und mir ein Bein stellen könnte, je mehr ich also zurückscheue vor dem Ungewissen, in das hinein Gott mich führt oder aus dem heraus er mich ruft.

Jetzt muss ich das nur noch konsequent umsetzen…

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Emotionen

Über Emotionen in Gottesdiensten wird ja viel gestritten. Leidenschaft und Fanatismus sind verwandt, aber keinesfalls identisch. Trotzdem wittern manche Fanatismus, wenn jemand nur ein bisschen begeistert wirkt. Ob man zur Erklärung dieser Angst unbedingt auf die jüngere deutsche Geschichte rekurrieren muss, sei mal dahingestellt.

Was wir verkennen ist die Tatsache, dass alle unsere Gottesdienste emotional sind. Nur eben oft weder fröhlich noch ausgelassen, ganz und gar nicht aufgekratzt, sondern Ernst (das ist auch eine Stimmung) mit einem Schuss Depression. Ok, sagen wir besser Melancholie. Weltschmerz.

Es ist daher nur ein Streit um die Frage, welche Stimmung wir für “normal” halten und ob wir verschiedene Stimmungen zulassen können. Immer happy ist ebenso unecht wie immer gedämpft. Und die, die immer den Vergleich mit dem Fußball bemühen, sollten mal genau hinsehen, wenn der Club wieder absteigt.

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Gutmenschen

Gestern hatten wir im Alpha Kurs ein interessantes Gespräch zu der Thematik “Ich bin doch ein guter Mensch – der liebe Gott lässt mich bestimmt einmal in den Himmel”. Beim längeren Nachdenken ist mir wieder aufgefallen, wie wenig sich Gott dafür interessiert, ob wir in unseren eigenen Augen gute Menschen sind. Jesus fragt den reichen Jüngling, warum er ihn (Jesus!!) gut nenne, wo doch Gott allein gut sei, und begnadigt umgekehrt einen Raubmörder in letzter Minute. Und Paulus fällt zu der Thematik im Philipperbrief nur ein Kraftausdruck ein.

Umgekehrt hat es mich auch über mich selber ins Nachdenken gebracht. Gott geht es um Liebe, nicht um Wohlverhalten. Die größten Chaoten haben bei ihm offene Türen, wenn sie ihn lieben. Aber wenn meine Frau sich perfekt verhalten und alles mögliche für mich tun würde, gleichzeitig aber mit ihrem Herzen ganz wo anders wäre, käme ich auch nicht damit klar. Lieber ab und zu eine schwierige, aber herzliche Aussprache. Nein, Gott interessiert sich nicht für gute Menschen, die sich hinter ihrem Gutmenschentum vor ihm verstecken. Oder vielleicht sollte ich sagen, er interessiert sich sehr wohl für sie, aber nicht für ihre vermeintlichen Leistungen und die anständige Fassade.

Und was bedeutet das für Himmel und Hölle?
„Gutmenschen“ weiterlesen

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Der Mann an ihrer Seite

Nun ist Angela Merkel Kanzlerin, die erste der Geschichte. Damit beginnt auch die Frage, was mit der verwaisten Stelle der Kanzlergattin wird. Merkels Mann hat (verständlicherweise) keine Lust auf den Job von Doris Schröder-Köpf.

Ich finde, da könnten sie sich mal die Ehemänner von Pfarrerinnen mit ihren Erfahrungen solidarisch nützlich machen. Wenigstens im Ansatz ist die Konstellation doch vergleichbar.

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Volkskirchen-Fundis?

Der Begriff ist mir heute in einem Gespräch entflutscht, aber bei näherem Hinsehen fand ich ihn doch interessant. Es gibt alle möglichen Fundamentalisten – islamische, grüne, unfehlbarbiblische -, warum nicht auch solche? Wie immer wird eine komplexe Realität auf ein paar unhinterfragbare Dogmen reduziert, die mit Zähnen und Klauen verteidigt werden gegen alle Kritik und abweichenden Meinungen.

Was also sind die “Fundamentals” in diesem Fall? Ich spekuliere mal vor mich hin:

1. Die Kirche (bitte immer mit bestimmtem Artikel) ist in Ordnung. Kritik an “der” Kirche ist in manchen Kreisen tatsächlich die einzige Todsünde, die noch überlebt hat. Sie macht dich innerhalb von Sekunden zur Unperson. Das sagt man nicht direkt, aber die dünnhäutigen Reaktionen – verbal wie nonverbal – sprechen ihre eigene Sprache, selbst wenn die Kritik sachlich und fair ausfiel und wenn Dinge gesagt werden, die jeder weiß.

2. Allein die Taufe genügt: Manche Volkskirchen-Fundamentalisten (NB: Nicht alle Volkskirchler, nur dass wir uns richtig verstehen!) glauben zum Beispiel an das Heil nicht sola fide wie bei Luther, sondern “solo baptismo”. Diese objektive Realität wird auch bei “Evangelen” quasi-katholisch “ex opere operato” (allein durch den äußeren Vollzug des Taufritus) gedacht. Durch persönlichen Glauben oder allzu aktive Nachfolge würde die Gnade Gottes im Grunde doch nur verdunkelt…
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Friendly Fire

Heute fahre ich auf den Kongress nach Braunschweig und habe aus Neugier einmal “Willow Creek” und “Verführung” in Google eingetippt. Tröstlich allenfalls, dass erstaunlich viele Treffer in der Schweiz zu finden waren, nicht in Deutschland. Traurig bis ärgerlich die Inhalte, egal woher. Das hat mich an ein Ereignis vor 60 Jahren erinnert:

In den letzten Kriegstagen 1945 wurde der Erlanger Stadtkommandant der Wehrmacht von den “eigenen” Leuten getötet, weil er die Stadt kampflos den US-Truppen übergab. Sie hatten bis zuletzt nicht begriffen, wo der Feind wirklich zu suchen war (nicht die Amerikaner, sondern Hitler) und ihren Chef als Verräter betrachtet. Die Stadt war glücklicherweise trotzdem gerettet.
Manche Diskussion mit selbsternannten Wächtern reiner Leere (äh, Lehre…) spiegelt eine ähnliche Verwechslung wider:
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Adel verpflichtet

Ein Gedanke der mich heute beim Joggen bewegt hat, hat mit dem Thema “Sünde” zu tun. Wie ist die folgende Perspektive: Sünde ist ein Verhalten, das unter meiner Würde ist als Mensch? Das können wir jetzt für die gesamten Zehn Gebote (oder die sieben “Todsünden”) durchspielen und brauchen nicht einmal einen antiquierten Ehrenkodex zu Grunde zu legen.
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Magische Zahlen

Experten vermuten, dass der Mensch, der 150 Jahre alt wird, schon geboren ist. Für die meisten von uns unvorstellbar. Als Bismarck das Rentenalter auf 65 Jahre festlegte, lag es unter der durchschnittlichen Lebenserwartung.

Aber das spielt heute fast keine Rolle – 65 ist längst zur magischen Zahl geworden. Anders kann man es gar nicht verstehen, dass es so lange gedauert hat, bis wir uns an die Anhebung des Rentenalters wagen – auf atemberaubende 67. Es bleibt also noch genug Zeit für Kreuzfahrten – wenn die Rente das hergibt und immer weniger Arbeitende das finanzieren können. Und wenn unsere Personalchefs umdenken und ältere Menschen nicht abschieben.

Umdenken müssen wir alle. Vielleicht eine Chance für Christen, mit gutem Beispiel voran zu gehen und die Veränderungen zu unterstützen statt zu kritisieren.

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Bescheidenheit und Gewissheit

Heute abend beschäftigt uns im Alpha-Kurs das Thema “Wie finde ich Gewissheit im Glauben?”: Dabei habe ich mich an ein Gespräch mit einem in jeder Hinsicht gewichtigen kirchlichen Repräsentanten vor ein paar Jahren erinnert, in dessen Verlauf mein Gegenüber meinte, er “versuche Christ zu sein”. Solche Versprecher, wenn es denn einer war, passieren nicht zufällig: Bei allem offenkundigen Bemühen um Bescheidenheit hatte er da erstaunlicherweise wohl etwas missverstanden.

Klar, manche Christen scheinen sich ihrer Sache (!) allzu gewiss zu sein. Doch es geht an dieser Stelle ja gar nicht um ein sich Bemühen, also um Anstrengung und Leistung bzw. Versagen. Wenn jemand meine Kinder fragt, zu welcher Familie sie gehören, dann ist auch nicht von Bedeutung, ob sie mit mir und ich mit ihnen gerade in allen Punkten hundertprozentig einverstanden sind. Ich wäre (wie die meisten Eltern) kreuzunglücklich, würden sie die Frage nicht unter allen Umständen bejahen. Sie sind und bleiben meine Kinder und können (das muss man jetzt richtig verstehen) auch gar nichts dafür.

Als Christen können wir auch nichts dafür, dass Gott uns geschaffen hat, selbstlos liebt und annimmt. Wenn wir das ernst nehmen (und das wäre Glaube), dann ist keine Frage, was wir sind. Dass man am “wie” noch intensiv arbeiten kann, versteht sich wie in allen guten Beziehungen doch von selbst.

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Kirche als Gottesdienst oder als Mission?

Am Wochenende (Prag – herrlich goldener Oktober in der goldenen Stadt) sprachen Martina und ich über unseren geistlichen Weg über die letzten Jahren. In gewisser Weise hat die Begegnung mit den Kelten, angeregt durch unseren Freund Roger Ellis, da eine Schlüsselrolle gespielt. Als wir 1994 Rogers Präsentation auf der Pioneer Leaders‘ Conference hörten, war uns das gar nicht so klar.

Es war insofern eine Wende, als wir uns langsam aber sicher vom charismatischen Konzept “Gemeinde als Gottesdienst” lösten. Natürlich gibt es das auch in anderen Bewegungen und Prägungen, immer mit demselben Problem: Kirche wird primär als Versammlung oder gar Veranstaltung gedacht. Statt dessen wuchs immer mehr die Perspektive für Kirche als Mission. Der bewusste (nicht unbedingt immer nur “strategisch” organisierte) Weg in eine Welt fremder Gedanken, Lebenskonzepte und Erfahrungen.

Natürlich hatten die Kelten Gottesdienste (wir auch immer noch, und das wird auch so bleiben), aber es war viel mehr der Alltag, der sich in den Gebeten und Texten widerspiegelt. Der “richtige” Gottesdienst, der die Einheit der Kirche konstituiert, das ist ein römisches Thema (und in der Folge von CA VII irgendwie auch ein lutherisches). Und es hat bedauerlicherweise auch dazu beigetragen, dass wir Streitereien, Spaltungen, Verurteilungen und ein gerüttelt Maß an frommem Kulturimperialismus erlebt haben. Hätten die Kelten geahnt, was ihr Nachgeben im Streit um den Ostertermin auf der Synode von Whitby 664 bewirkt (nämlich die Uniformierung des Glaubens), dann hätten sie es sich vielleicht noch einmal überlegt.

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