Barth kommt auf das Thema Kontextualisierung zu sprechen. Die Kirche hat für das Evangelium keine eigene, religiöse Sprache, sie muss sich aber auch nicht krampfhaft um eine „nichtreligiöse“ Sprache bemühen und dabei den Bezug zum Wort der Schrift oder der christlichen Tradition aufs Spiel setzen. Auch die sind ja ursprünglich in „profaner“ Sprache formuliert worden. Auch deswegen, weil alle Sprache stets und unweigerlich verständlich und missverständlich zugleich ist:
Die christliche Gemeinde hat etwas ihr Eigenes zu sagen, sie hat aber – und das bedeutet zunächst ihre Abhängigkeit von ihrer Umgebung – keine eigene Sprache. Sie kann sich in ihren Äußerungen, auch im strengsten Dienst der ihr aufgetragenen Bezeugung des Wortes Gottes, auch in der notwendigen Arbeit des immer neuen prüfenden Reflektierens ihres Zeugnisses – auch in ihrer Theologie also – nur an die Denk- und Redeweise ihrer jeweiligen zeitlich und räumlich näheren oder ferneren, früheren oder gegenwärtigen Umwelt anschließen, sich deren Bedingungen und Grenzen unterwerfen. Sie kann also die menschliche Sprache, auch wenn sie in Zungen redete, nicht wirklich transzendieren.
[…] Was immer die christliche Gemeinde zu sagen hat, sie kann es auf alle Fälle nur weltlich sagen: in jedem Wort weltlich bis auf dessen Wurzel, in jeder Wendung weltlich bis auf deren ursprünglichsten Sinn.
[…] Aber in welcher Sprache sie auch rede, sie lebt dabei gänzlich von fremdem, vielmehr von allgemeinem Gut: sie ist dabei notorisch und ohne alle Ausweichmöglichkeiten nach rechts oder links begrenzt und bedingt durch die menschlichen Ausdrucksformen, die sie mit ihrer näheren und ferneren, mit ihrer einstigen und heutigen Umwelt gemein hat. Sie kann nur weltlich reden. (KD IV,3 / S. 842)