Nochmal: Selbstliebe?
Die Formulierung im Doppelgebot liegt für eher auf der Linie der goldenen Regel: Meinen Nächsten zu lieben, heißt ihn so zu behandeln, wie ich mir das selbst umgekehrt auch wünschen würde…. Die allgegenwärtige (und damit, wenn Sennett recht hat, verbundene) Psychologisierung der Weltsicht liefert uns also nicht nur eine Begrifflichkeit für bestimmte Störungen, sondern sie produziert sie sogar…. Viele unserer Begriffe gab es damals nicht, die Schreiber waren an “Psychologie” nicht interessiert und ihre Texte erlauben uns keine Rekonstruktion des Innenlebens der Protagonisten, keine Ferndiagnosen, keine Retrojektion…. Sondern eher das “Sterben” des alten Menschen und die Existenz des neuen Menschen “in Christus”, der von der Last befreit ist, sich zu sich selbst zu verhalten, im positiven Sinn also selbstvergessen Gott und anderen dienen kann.