Die 80/20 Regel des Überlebens in Franken

Gestern kam ich mit Martina zusammen ins Nachdenken über eine Eigenart von uns Franken: “Bescheidenheit” ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck dafür. Es ist ein dauerhaftes Understatement, ein leichtes Tiefstapeln – als sagte man nur 80% (nicht inhaltlich, aber vom Nachdruck her) und weiß, dass sich das Gegenüber die restlichen 20% noch dazu denkt, weil es die Regeln ja kennt. Nicht ganz so krass wie die Schwaben, wo das größte Lob angeblich “net schlecht” heißt, aber es geht in diese Richtung.

Da liegt aber auch das Problem. Wenn nämlich jemand (in der Regel aus einem anderen Volksstamm und ganz arglos) gegen dieses ungeschriebene Gesetz verstößt und zu dick aufträgt, wird der Franke misstrauisch und verdächtigt ihn der Wichtigtuerei. Das wird er nie direkt sagen, doch fortan lässt der Franke sein Gegenüber einfach abtropfen. Wenn der andere dann irritiert ist und noch etwas plakativere Worte wählt (bis dahin hat er ja für seine Verhältnisse nichts Schlimmes getan, hat längst noch nicht übertrieben und war völlig authentisch…), entsteht ein kleiner Teufelskreis, aus dem es kaum ein Entkommen gibt.

Frage an alle Neu-Erlanger: Ist Euch das schon einmal aufgefallen – und wenn ja, bei welcher Gelegenheit? Vielleicht kann die Volkshochschule mal einen Survival-Kurs entwickeln für Amerikaner, Norddeutsche und Rheinländer. 😉

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3 Antworten auf „Die 80/20 Regel des Überlebens in Franken“

  1. Heute begegnete ich auf der Treppe (in der Firma) einer Kollegin. Ich kannte sie nicht, habe aber trotzdem normal/freundlich gegrüßt. Die Kollegin schaute mich kurz an und verzog im Vorübergehen das Gesicht. Ich vermute, dass sie sich gewundert hat, warum ich ihr einen guten Tag wünschte.

    Es passiert in der Firma zwar selten aber doch regelmäßig, dass Kollegen nicht zurückgrüßen, sondern bloß blöd schauen. Da ich in Nürnberg arbeite, vermute ich, dass die meisten davon Franken sind. Bei denen die auch grüßen handelt es sich um Nicht-Franken und Franken – eine pauschale Aussage lässt sich daraus also nciht ableiten.

    Dennoch ist der Umgang hier auch in anderen Bereichen deutlich rauher. In Kaufhäusern passiert es mir bspw. regelmäßig, dass Leute mir die Türe vor der Nase zu fallen lassen. In meiner Heimat war es (zumindestens früher) üblich, dass man kurz im Schritt anhielt und die Tür so lange festhielt bis der nächste da war. Das scheint weder in Erlangen noch in Nürnberg üblich zu sein.

    Das hat aber auch seine Vorteile: Als Morgenmuffel muss ich mir nicht die Mühe machen, meine Kollegen auch Morgens freundlich oder gar lächelnd zu begrüßen. Wenn ich mal in genervtem Ton „gutn morgn“ brummel, dann ist das hier völlig normal und keiner denkt sich etwas. In meiner Heimat würden gleich alle nachfragen was denn los sei und wie es mir geht… 😉

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