Žižek zu Postmoderne und »westlichem Buddhismus«

Ich finde Žižeks (Danke für den Tipp mit den „Häkchen“, Christian) »gnadenlose Liebe« immer noch ungemein spannend. Leider schreibt er so dicht, dass es fast unmöglich ist, sinnvolle Inhaltsangaben oder Exzerpte zu machen. Stattdessen hier ein paar anregende Zitate des slowenischen Denkers, weitere werden folgen:

Die Philosophie bedarf des Rückgriffs auf den Mythos, nicht aus äußerlichen Gründen, um den ungebildeten Massen ihre Konzepte zu vermitteln, sondern um ihrer selbst willen, d.h., um ihr eigenes begriffliches Gebilde dort zu „vernähen“, wo es beim Erreichen seines innersten Kerns scheitert, von Platons Höhlengleichnis bis zu Freuds Mythos des Urvaters und Lacans Mythos der Lamelle. (…)

… und was ist die Postmoderne, wenn nicht die ultimative Niederlage der Aufklärung im Augenblick ihres Triumphes? Wenn die Dialektik der Aufklärung ihren Höhepunkt erreicht, erzeugt die dynamische, wurzellose Gesellschaft ihren eigenen Mythos selbst. Der technologische „Reduktionismus“ des Cyberspace (der Geist … selbst wird wird letztlich auf eine „spirituelle Maschine“ reduziert) und das heidnische mythische imaginäre der Hexerei, geheimnisvoller magischer Mächte usw. sind letztlich zwei Seiten desselben Phänomens – die Niederlage der Moderne im Augenblick ihres Triumphes. (S. 62f)

Žižek sieht hier einen „merkwürdigen Tausch zwischen Europa und Asien“, der zu einem „westlichen Buddhismus“ führt, der die „hegemoniale“ Ideologie des globalen Kapitalismus liefert. Vordergründig präsentiert er sich als Heilmittel gegen den Stress der Konsumgesellschaft durch den Rückzug aus äußeren der Welt des rasenden Wandels in einen „inneren Frieden“. Genau darin aber wird der westliche Buddhismus ein „imaginäres Supplement zum irdischen Elend“, eine Art Opium für das Volk:

Die meditative Einstellung des „westlichen Buddhismus“ dürfte für uns die effektivste Methode sein, vollständig an der kapitalistischen Dynamik teilzuhaben und zugleich den Anschein mentaler Gesundheit zu wahren. Lebte Max Weber heute, so würde er zweifellos einen Ergänzungsband zu seiner protestantischen Ethik verfassen, der dann den Titel Die taoistische Ethik und der Geist des globalen Kapitalismus trüge.

Nebenbei weist Žižek auch aktuell darauf hin, dass die westliche Tibetbegeisterung (bei gleichzeitigem schwunghaften und ungebrochenen Handel mit China) eine solch fetischistische Struktur hat: Wir wünschen uns, dass Tibet das mythische Ideal einfachen und spirituellen Lebens stellvertretend bewahrt, um besser mit unserer völlig anderen Situation leben zu können.

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