Sprechende Räume

Neulich war ich bei der xy-Gemeinde zu Gast und musste seither noch eine Weile über den Eindruck des Raumes nachdenken. Um richtig verstanden zu werden – das ist nun keine Aussage über die netten, gastfreundlichen und ernsthaften Menschen, auch nicht indirekt.

Weiter im Text: Es ist das totale Kontrastprogramm zum klassischen Kirchengebäude: Keine hohen Deckengewölbe und kalten Fußböden, keine (unbequemen?) Bänke, in die sich der Besucher zwängt, kein Halbdunkel, das man je nach Stimmungslage als düster oder mystisch interpretieren darf.

Aber dem Raum mit Teppichboden, Reihen aus gepolsterten Stühlen mit verchromten Beinen, Ikea-Vorhängen und weißer Rauhfasertapete fehlt der optische Mittelpunkt.

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Der Overheadprojektor und das Stehpult ziehen die Blicke nicht auf sich. Kitschige “Banner” oder die hier und da beliebten Israelfahnen fehlen – zum Glück! An den Wänden hängen verstreut ein paar kleinformatige Glasrahmenträger mit ein paar blassen Spruchbildern. So kommt es, dass ein großes, buntes Konferenzplakat rechts neben der Tür mit einem huldvoll lächelnden Gesicht unwillkürlich den stärksten Eindruck hinterlässt. (Gut, andere haben da ihren Luther, Melanchthon oder Calvin an der Wand…)

Jetzt ist es natürlich wahr, dass die Kirche stark vom Wort her lebt. Trotzdem darf man nicht übersehen, dass der Raum immer mit predigt, und dass diese Botschaft unsere Predigten oft genug nicht unterstützt, sondern konterkariert. Es muss ja nicht gleich super sakral gestaltet sein, aber es ist eine wichtige Aufgabe, sich dazu Gedanken zu machen. Irgendwo zwischen Kathedrale und Musterwohnzimmer im Möbelhaus liegt die Wahrheit – und viel Raum zum Gestalten.

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