Solche und solche Taufsprüche

Über die letzten Jahre fiel mir auf, dass viele selbstgewählte Tauf- und Konfirmationssprüche sich in dem großen Themenkreis von Schutz und Bewahrung bewegen. Da spüren Eltern ehrfürchtig, wie verwundbar ihr Kind ist oder ein(e) Konfirmand(in) fühlt sich unsicher auf dem Weg zum Erwachsenwerden, und das spiegelt sich in der Auswahl wider: Wir wünschen uns Gott an und auf unserer Seite als Beschützer und Trost.

Verständlich so weit.

In der aufsteigenden Ordnung menschlicher Bedürfnisse nach Abraham Maslow würden diese Anliegen auf den unteren Stufen rangieren, besonders der des Sicherheitsbedürfnisses. Wenn alles gut läuft, entwickelt sich der Glaube so, dass auch die anderen Bedürfnisse in Beziehung zu Gott gesetzt werden können, zumal in der erweiterten Form bei Maslow „Transzendenz“ als Ziel in den Blick kommt und der Gedanke des Wachstums die oberen Ebenen bestimmt.

Aber zwingend ist das nicht. Manch eine/-r scheint Gottes Rolle auf die des elementaren Schutzpatrons zu begrenzen, der uns weitgehend schmerzfreie Existenz garantiert, aber womöglich eher hinderlich wäre, wenn es um „Individualbedürfnisse“ oder Selbstverwirklichung geht. Was erklären würde, warum manche Menschen in bestimmten Lebenskrisen ihren „Kinderglauben“ an den „lieben Gott“ verlieren, weil der „seinen“ Leuten, rein statistisch gesehen, kaum weniger Schicksalsschläge widerfahren lässt als allen anderen.

Jetzt die Frage:

Könnte nicht gerade ein Tauf- oder Konfirmationsspruch, der Menschen ja ein Leben lang begleiten soll, so gewählt werden, dass er dem Täufling oder Konfirmanden den Blick dafür öffnet, dass Gott nicht nur die ganz drängenden und unmittelbaren Sorgen und Bedürfnisse (das „tägliche Brot“) kennt, sondern dass es (um in Matthäus 6 zu bleiben) uns vor allem um sein Reich gehen sollte? Dass er also nicht nur die ersten Etappen des Wegs erhellt, sondern die ganze Strecke? Kann man diesen Begriff so verstehen und erklären, dass Gottes kommende Herrschaft ausdrücklich die soziale, kognitive, ästhetische Dimension des Lebens einschließt und uns letztlich dazu drängt, über uns selbst hinauszuwachsen?

Ist nicht genau das die Stoßrichtung des Evangeliums vom Kreuz und der Auferstehung, dass wird dem Leid nicht ausweichen, es auch nicht verklären müssen, und dass wir, indem wir es durchleben, nicht umkommen, sondern in eine neue Dimension erfüllten Lebens vorstoßen?

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5 Antworten auf „Solche und solche Taufsprüche“

    1. Ich lasse sie diesen Post lesen…

      Vielleicht lässt es sich so sagen: „Die Schutz-Sprüche sind mehr Ausdruck elterlicher Sorge und Befürchtungen, da geht es um Dinge, die möglichst nicht eintreten sollen. Was wünschen Sie sich denn positiv für ihr Kind? In welche Erfahrungen und Werte soll es denn hineinwachsen? Und welche Bibelverse [warum nicht eine schöne Auswahl dazu mitbringen, so schrecklich bibelfest sind viele ja nicht?] drücken das am besten aus?“

  1. Mein Konfirmationsspruch, den mein Pfarrer damals aussuchte, ist anders: „Laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Scwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf das die Kraft Christi bei mir wohne.“ Damals war ich eher entsetzt, dass ich keine positive Verheißung bekam (eher eine negative) und ich konnte damit wenig anfangen. Die Tiefe des Spruches hat sich erst langsam erschlossen. Das ging nur, weil der Pfarrer wusste, dass ich mich damit auseinander setze. Er hatte aber auch den Mut, anderen Sprüche zu geben, wie: „Gib mir, mein Sohn, dein Herz.“

    1. So einen ähnlichen habe ich auch, es hat ein paar Jahre gedauert, mich damit anzufreunden. Jetzt aber finde ich ihn besser als „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen…“ – der war damals besonders beliebt, warum auch immer.

  2. Meinen Taufspruch müsste ich nachsehen, meinen Konfirmationsspruch habe ich selbst gewählt. Wir hatten damals eine längere Vorschlagsliste bekommen, die aber nicht verbindlich war. Nach einiger Suche habe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen und mich schließlich für „Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein…“ (Jak 1,22) entschieden. Meine Einstellung dazu hat im Laufe der Zeit auch gewechselt, von ursprünglich „pragmatisch und griffig“ über „etwas banal“ bis „das richtige Korrektiv zu falsch verstandener Rechtfertigung nur durch Glauben“.

    Für meine Söhne habe ich die Taufsprüche schon so ausgesucht, dass sie für das ganze Leben gedacht sind. (Psalm 119,105 und Römer 13,10). Es war mir auch wichtig, das selber zu tun.

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