„Gemüse vom Grill? Und ich dachte, wir sind Freunde!“ So steht es auf einem Plakat, das nicht etwa für eine Metzgerei, sondern für Zigaretten wirbt. Und ich wundere mich: Liebe Raucher, wo ist denn Eure Lässigkeit geblieben? Früher wart Ihr mal entspannt (oder habt so getan); und jetzt geht’s anscheinend immer und überall gleich um die Wurst?
Was ist bloß mit uns passiert, wenn Freundschaften nur noch fleischbasiert funktionieren oder – das wäre der Umkehrschluss, den mir das Plakat unterjubeln möchte – auf der Grundlage gemeinsam genossenen Gemüses? Das antiquierte „Bratkartoffelverhältnis“ wäre auf dem Weg zu ganz neuer Relevanz!
Wie viele Gemeinsamkeiten braucht eine Freundschaft? Wie viele Unterschiede halte ich selber aus, bis ich jemanden „entfreunde“, ihr oder ihm aus dem Weg gehe, mich nicht mehr melde? Können wir Differenzen nicht mehr so gut aushalten wie früher oder wollen wir uns die Mühe einfach nicht mehr machen? Freundschaft unter Vorbehalt braucht kein Mensch.
„Liebe Deinen Nächsten“, so lautet die Zumutung Gottes an mich. Nächste, nicht Gleichgesinnte: Diese eine Person, mit der ich es hier und jetzt zu tun habe. Auch wenn uns kulturelle und kulinarische Welten trennen. Dabei auf die Liebe zu setzen – freundlich, zuvorkommend, großzügig und verletzlich zu bleiben – birgt eine Gewinnchance: Sie könnte erwidert werden.
Und dann wäre es ganz egal, dass heute Gemüse auf den Tisch kommt, an dem ich geliebter Gast bin.