Die Weisheit nicht gepachtet

In den Kulturen Asiens hat das Christentum einen anderen Stand als in vielen anderen Teilen der Welt. Die katholischen Bischöfe tragen dem Rechnung, indem sie ihr Verständnis von Kirche auf das Reich Gottes ausrichten, beziehungsweise es diesem ausdrücklich unterordnen. Das bedeutet auch einen anderen Zugang zu einer religiös pluralistischen Gesellschaft, den viele Europäer und Amerikaner mühsam lernen müssen. Das zeigt sich an ihrer Haltung zum Dialog, in dem man sich behutsam zurücknimmt, ohne jedoch seine Botschaft aufzugeben:

Sobald man das Verhältnis zwischen Christentum und anderen Religionen nicht mehr als Gegenwart/Abwesenheit oder überlegen/unterlegen oder ganz/teilweise versteht, wird Dialog zu dem Kontext, in dem Verkündigung stattfinden muss. Denn selbst wenn man die gute Nachricht mit Zuversicht verkündet, sollte man das mit großem Respekt vor Gott tun, der handelt, und der Freiheit des anderen, der antwortet, und den eigenen Begrenzungen der Kirche als Zeugin. (Michael Amaladoss, Making All Things New, New York 1990, 59)

Nach Peter C. Phan bedeutet Dialog in den Kirchen Asiens nicht nur intellektuellen Austausch von Argumenten, sondern

  • einen Dialog des Lebens, wo man Freude und Leid miteinander teilt
  • einen Dialog das Handelns, wo Christen mit anderen daran arbeiten, dass Menschen sich entfalten können
  • einen theologischen Austausch, wo man einander das religiöse Erbe erläutert und nach einem tieferen Verstehen sucht
  • einen Dialog über religiöse Erfahrung, wo man miteinander die geistlichen Reichtümer wie Gebet, Kontemplation und die Suche nach Gott teilt

Im Blick auf die „prophetische“ Rolle der Gemeinden Asiens hält Phan weiter fest:

  1. Kirche ist eine geschwisterliche Gemeinschaft von Gemeinschaften
  2. Sie entsteht aus der Erkenntnis, dass alle Glieder dieser Gemeinschaft fundamental gleichrangig sind. Institutionelle Macht muss daher kollegial ausgeübt werden. Nur so wird Kirche ihrem Auftrag gerecht.
  3. Sie ist eine partizipatorische Kirche, in der jeder etwas beiträgt. Ein pastoraler Primat ist darauf angelegt, die Teilhabe und Mitverantwortung aller zu stärken
  4. Auch nach außen hin wird Dialog mit den Kulturen, Religionen und Menschen Asiens zur entscheidenden Haltung
  5. Damit weist die Kirche prophetisch über sich hinaus auf das kommende Reich Gottes und wird zum Sauerteig der Transformation. Auf dieses Reich hin ist sie als Minderheit mit (nicht gegen und auch nicht anstelle von) allen anderen Menschen unterwegs.
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9 Antworten auf „Die Weisheit nicht gepachtet“

  1. Ob es noch lange Christen in Asien geben wird? Toleranz der anderen Religionen (Hinduismus, Buddhismus, Taoismus etc.) kann man für Süd/Ostasien weitgehend konstatieren, in Vorderasien ist es (mit Ausnahme Israels und der Türkei) mehr als übel bestellt. Nicht nur die Kopten, auch Christen im Irak werden nahezu vertrieben. Auch der „Arabische Frühling“ verschlechtert die Situation der Minderheitsreligionen.

    Aus Sauddiarabien gibt es auch schlechte Nachrichten: Der oberste Mufti Saudi-Arabiens, Scheich Abdulasis bin Abdullah, hat in einer Fatwa die Zerstörung aller Kirchen auf der Arabischen Halbinsel gefordert. http://www.badische-zeitung.de/ausland-1/fatwa-zur-zerstoerung-aller-kirchen–57088052.html

  2. Nun bin ich als Agnostikerpastafari ja eher für Bibliotheken statt für Kirchen. Aber diese Initiative ist durchaus unterstützenswert:

    Die Initiative Liberaler Muslime Österreich – ILMÖ will eine Kirche in Saudi Arabien für alle Christen bauen um ein Zeichen zu setzen, dass die Religionsfreiheit auch für Saudi Arabien gelten muss.

    Es ist nicht einzusehen, dass Saudi Arabien den Bau von mehreren hundert Moscheen und Gebetshäusern in ganz Europa seit mehreren Jahrzehnten finanziert, den Bau von Kirchen in Saudi Arabien jedoch verbietet.

    Es gibt viele orientalische und ausländische christliche Gastarbeiter in Saudi Arabien, die ihre Religiosität nicht ausüben dürfen, sodass ein großer Bedarf von Kirchen in Saudi Arabien besteht.

    Die Glaubensfreiheit muss für alle Religionen gelten.

    Der Islam verbietet den Bau von Gebetshäusern und Kirchen nicht.

    Die Initiative Liberaler Muslime Österreich – ILMÖ verurteilt daher auf das schärfeste den Ruf des Groß Mufti von Saudi-Arabien Sheikh Abdul Aziz al-Sheikh zur Zerstörung aller Kirchen in den Golfstaaten.

    Dieser Groß Mufti ist auch der Befürworter und der geistige Führer des Wahabitischen Sekten-Zentrum „König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“ in Wien, ohne dessen Unterstützung und Erlaubnis es dieses nicht geben könnte, da Saudi Arabien dieses finanziert.

    Zahlreiche Politiker und Journalisten unterstützen dieses Sektenzentrum, obwohl die religiösen Führer in Saudi Arabien gemeinsam mit den radikalen islamistischen Führern in Europa immer wieder gegen Christen, Juden und Andersdenkende Hass schüren und dadurch die Integration der Muslime in Österreich und Europa gefährden.

    Erlaubt Saudi Arabien den Bau einer Kirche nicht, zeigt dies dass diese Sekte inkompatibel mit den Menschenrechten und der europäischen Rechtsordnung ist.

    Sollte dies der Fall sein, fordert die Initiative Liberaler Muslime – ILMÖ in einem solchen Fall die sofortige Auflösung des König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog in Wien.

    Quelle: http://www.initiativeliberalermuslime.org/

  3. @Frank: Da muss man vielleicht tatsächlich differenzieren. In der Arabischen Welt und weiter bis nach Pakistan tut man sich mit religiöser Pluralität noch unglaublich schwer, für die Minderheiten (meist, aber nicht nur Christen) hat das böse Folgen. Hier ging es ja mehr um die Frage, wie sich dieser Kontext von Minderheitenkirche und religiösem Pluralismus auf das Selbstverständnis von Christen auswirkt. Und das scheint recht positiv zu sein.

    Zu beklagen gibt es also vieles. Ob man aber in einer liberalen Demokratie wie Österreich auf Repression mit Repression antworten sollte?

  4. mit „positiv“ waren die theologischen Einsichten gemeint, auf die sich mein Post bezog – natürlich nicht die Lage der Kopten!

  5. Es scheint speziell der katholischen Kirche gut zu tun, wenn sie sich in der Minderheit befindet. Da wird der Dialog geübt und ist plötzlich erwünscht. Da wo sie jedoch die quasi „Alleinherrschaft“ besitzt empfinde ich die Kirchenpolitik erdrückend, einengend und gegenüber Christen anderer Richtungen und Konfessionen abwertend bis ausgrenzend (Abendmahl z.B.). Das es auch ganz anders gehen kann, zeigen z.B. die Anglikaner.
    In Europa scheint die katholische Kirche auch jeden missionarischen Eifer verloren zu haben. Mission scheint nur auf andere christliche Konfessionen abzuzielen, indem deren Mitgieder zum „wahren“ Glauben konvertieren sollen. Atheisten und Agnostiker scheint es als Zielgruppen für Mission gar nicht mehr zu geben.

  6. @dieter: Man muss die Terminologie nicht mögen, aber „Reevangelisierung“ in Europa ist für Papst Benedikt wie schon für Johannes Paul II ein Riesenthema. Dass das auf andere Konfessionen zielt, wäre mir neu. Insofern scheint mir Deine These etwas gewagt…

  7. Vielen Dank für den Beitrag! Es würde so mancher evangelikaler Initiative die demütige Haltung in der Verkündigung und Dialog guttun, von der Peter Phan spricht. Leider sind viele nur von der Anzahl der Konversionen getrieben, die auch bedenkliche Methoden zu rechtfertigen scheinen.

  8. @Gerri: In Kapstadt 2010 waren solche Stimmen durchaus auch unter Evangelikalen zu hören – John Piper und Os Guinness und noch ein paar andere mal ausgenommen. Was ich hier wirklich revolutionär finde, ist dass Katholiken die Ekklesiologie dem Reich-Gottes-Gedanken so konsequent unterordnen. Wie wäre es, wenn der nächste Papst aus Asien käme?

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