Hinkende und tanzende Brüder

Schon vor einer Weile erschien dieser Aufsatz von Peter Zimmerling über den Grafen Zinzendorf und sein Verhältnis zum Pietismus. Zinzendorf war ja in Halle erzogen worden, wo Francke das Bekehrungserlebnis und den „Bußkampf“ zum primären Kriterium wahren Christseins erhoben hatte. Zinzendorf lehnte das ab und orientierte sich dabei an Luther: Der Zwang zu Vergewisserung in Heilsfragen anhand des Ausmaßes eigenen, individuellen Sündenbewusstseins führt in die falsche Richtung. Zimmerling zitiert:

Nämlich eines genuinen [=echten] Pietisten Sache ist, sein Elend und Verderben zu figieren [= vorzustellen] bis ans Ende seines Lebens, und nur zum Trost auf die Seite des Heilands [= die Seitenwunde Jesu, d.h. die durch ihn vollbrachte Erlösung] zu schielen, unser Prinzipium aber ist, auf die Seite das Auge unverwandt zu figieren und mit Leib und Seele dahinein zu fahren, aber auf die Sünde und das Elend nur zuweilen und zur Beugung und Moderation [=Mäßigung] der Freude zu schielen […]. Ein solcher [Pietist] ist ein hinkender Bruder, der eben den Weg hinkt, den wir [Herrnhuter] tanzen.

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