Scham – gestern und heute

Ich arbeite heute unter anderem an einer Kreuzwegstation, wo Jesus die Kleider genommen werden. Die Soldaten würfeln um das Obergewand. Der Delinquent ist völlig nackt bei der Hinrichtung (kaum ein Kruzifix bildet das ab…). Zum Schmerz kommt die Demütigung.

Vorgestern schrieb Tanja Stelzet in der Zeit über die neuen Nackten – warum selbst bekannte und erfolgreiche Frauen sich für ein Playboy-Shooting ausziehen, und was das mit Emanzipation und Selbstbewusstsein zu tun haben könnte. Dabei stellt sie sehr treffend fest, was sich in den letzten Jahren geändert hat:

Man muss ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl haben, um gegenüber einer solchen Schmeichelei [des Playboy-Chefredakteurs] immun zu sein. Sehr viel im Kopf. Oder ein verdammt antiquiertes Schamgefühl. Denn heute schämt man sich nicht mehr dafür, nackt zu sein. Man schämt sich dafür, kein Geld zu haben. Oder nackt mies auszusehen.

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