Der zweite Tag gehörte den Soziologen – zumindest in der ersten Hälfte. Linda Woodhead aus Lancaster sprach über die Verschiebung vom obrigkeitlich und hierarchisch organisierten “Christendom” zu “Christianity”.
Unter den drei Sozialgestalten des Christentums, die Ernst Troeltsch nennt (Kirche, Sekte und Mystik) sind post- oder spätmodern vor allem die beiden letzten Typen bzw. deren Mischformen interessant, wie das starke Wachstum unabhängiger charismatischer Gemeinden in Großbritannien zeigt (deren Anteil an der Christenheit – ganz anders als bei uns -den der Katholiken und Anglikaner nun übertrifft).
Allerdings könnte das Wachstumspotenzial in diesem Bereich inzwischen ausgeschöpft sein, das Wachstum hat sich verlangsamt.
Danach Karl Gabriel aus Münster (sie sind alle Professoren, also lasse ich die Titel weg), der sich mit Säkularisierung befasst und der Kirche als intermediäre Organisation in der Zivilgesellschaft. Sie ziehen sich nicht aus der Öffentlichkeit zurück, die sie nicht mehr kontrollieren, und lassen den Glauben nicht im rein Privaten (und damit letztlich Beliebigen stecken).
Die letzte Reihe hat sich zur Mac- und Blogger-Ecke entwickelt. Neben mir hat DoSi minutiös einiges protokolliert, daher kann ich mir das nun schenken. Immer wieder gibt es eher nervige Fragerunden, es bessert sich nur langsam: Zu viele Prediger, die (als rhetorische Fragen schlecht getarnte) kleine Koreferate vom Stapel lassen, und Kirchenleute, die auf jede Statistik fliegen und manchmal den Eindruck entstehen lassen, dass das Überleben der Institution doch wichtiger sein könnte als die Frage, wie Kirche ihrem universalen Auftrag gerecht wird, alle zu erreichen.
Am Nachmittag dann Johannes Zimmermann über Individualität und Sozialität, und dann der Knaller des Tages aus der Schweiz: Ralph Kunz aus Zürich über Kirchen- und Taufreform. In der gängigen Praxis alternativloser Säuglingstaufe, so seine Kritik, die sich auf Moltmann und Bonhoeffer gründet, spricht die Kirche Menschen “das Christsein zu, verpflichtet aber nicht zum Christwerden”. Hier sein provokatives Schlussstatement:
Automatische Säuglingstaufe ist theologisches Feigenblatt einer geistlich entblößten Kirche geworden, in der Konfirmation deformiert wurde. Eine automatische Erwachsenentaufe wäre aber genauso falsch. Wo der Taufakt von der Gemeinschaft erzwungen wird, wird Konversion pervertiert.
Am Ende sprach Matthias Clausen über Evangelisation (endlich ein MacUser da vorn, nicht nur hier hinten, wahrhaft emergent also). Mir schwirrt der Kopf, ich breche hier ab. Den Rest gibt es vielleicht irgendwann etwas besser verdaut…
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