Brown in der Grauzone

Dan Brown bekommt Ärger, weil sein Buch “Sakrileg” (so die SZ) auf einer möglicherweise geklauten Idee beruht. Für den Autor, den Verlag und möglicherweise auch für Hollywood könnte das peinlich werden, die katholische Kirche könnte aufatmen und hätte eine abstruse Verschwörungstheorie weniger am Hals, mit der man sich herumschlagen muss.

Was kaum jemanden zu interessieren scheint, ist die Faktenlage. Browns Thesen stützen sich nachweislich auf Fälschungen. Manchmal scheint alles andere interessanter zu sein als die Wahrheit. Vielleicht deshalb, weil wir sie so langweilig erzählen und so wenig richtige Konsequenzen draus ziehen?

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Starkes Netz

Über die letzten Wochen habe ich mir immer wieder gedacht: Ich bin nur so stark wie das Netz meiner Beziehungen. Hin und wieder wird das getestet, und ich war bei der Gelegenheit einfach überrascht und überwältig, wie viel Anteilnahme, Verständnis, Zuneigung und Hilfe da bei mir ankam.

Ich bin ja nicht der Typ, der immer furchtbar hilfsbedürftig wirkt. Aber manchmal bin ich es eben doch, und dann meist ganz plötzlich. Daher ich bin stolz, zu einem Haufen von Leuten zu gehören, wo so viel – und jetzt rede ich gerade nicht von mir! – Weite und Reife, Empfindsamkeit und Vernunft zusammen treffen.

So gesehen bin ich viel stärker, als ich dachte – und zwar gerade dann, wenn ich mich schwach fühle und es mir und anderen eingestehe. Auch eine gute Erfahrung.

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Wunderwaffen

Beim Zeitung lesen heute morgen habe ich mich amüsiert über einen Artikel, wo ein Erfinder in England herumlungernde Teenager mittels hochfrequenter Pfeiftöne – für Erwachsene sind die (angeblich!) unhörbar – aus Einkaufszentren vertreiben will. Früher gab es so etwas gegen Stechmücken, oder?

Andere Ladenbesitzer haben dagegen erfolgreich auf Klassik gesetzt. Stimmt, der Trick funktioniert bei uns auch. Wenn ich einen Abend mit Martina alleine im Wohnzimmer sein möchte, dann packe ich auch Mozart, Bach oder Tschaikowksy in den CD-Player. Wirkt innerhalb von Minuten und bewährt sich seit Jahren!

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Den Kopf zurecht gerückt

Die letzten Tage bin ich ziemlich bedrückt und mit einem scheinbar unauflöslichen Knoten in der Seele beschäftigt gewesen. Um so überraschender war es, dass ich mich nach einem Gespräch mit einem Freund, der sich ganz kurzfristig Zeit genommen hatte, wie ausgewechselt fühle – und zwar (das fällt mir als Prozess-Denker fast schwer zuzugeben…) schlagartig.

Meine Perspektive hat sich durch ein paar gute Fragen und Hinweise so geklärt und gedreht, dass ich völlig entspannt nach Hause gegangen und mich von einer gewaltigen Last befreit fühle. Was bis dahin düster und bitter wirkte, hat sich aufgelöst wie eine dunkle Wolke oder wie zäher Nebel. Ich fange allmählich an zu verstehen, wie und warum ich mich so verrannt hatte.

Ich bin so dankbar, dass es Menschen gibt, die mir den Kopf zurecht rücken, und spüre jetzt, wie die Energie und die Kraft zurück kommt. Gestern morgen hatte ich schon das Gefühl, dass Gott mich beim Lesen in der Bibel antippt und nach vorne zeigt. Jetzt hält mich auch nichts mehr zurück.

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Die Früchte des Zorns (2006)

Die Eskalation des Karikaturenstreits hat in Nigeria eine neue Stufe erreicht: Kirchen brennen und Christen werden ermordet. Mindestens 18 Kirchen wurden zerstört, womöglich Dutzende Christen getötet, Geschäfte von Christen wurden geplündert. Ein weiteres Ausufern der Gewalt ist nicht ausgeschlossen. In Pakistan wurde eine Schule angesteckt.

Ob westliche Regierungen in der aufgeheizten Situation da noch Einfluss nehmen können? Was können wir Christen hier noch tun außer Appelle abzugeben, und natürlich beten (das wäre ja in vielen Fällen auch schon eine Menge)?

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Deja Vu

Heute vor 16 Jahren hatten wir genau dasselbe Wetter: Strahlend blauer Himmel und Sonne, die Leute in der Stadt suchen nach Straßencafés, aber die haben noch zu. Die Schulkinder laufen ohne Jacken nach Hause.

Wir sind damals auf dem Balkon bzw. der Dachterasse der Erlanger Frauenklinik gestanden, zwischendurch musste Martina immer mal ein paar Treppen steigen. Um 21:20 kam Deborah auf die Welt und hat unser Leben gründlich verändert.

Heute ist sie 16 Jahre alt und immer noch ein Grund zum Staunen und zur Freude für uns.

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Alpha Trainingstag in Köln

Wir hatten einen richtig schönen Alpha Trainingstag in Köln am letzten Samstag. Der Andrang war riesig und die Unterstützung von der Kirchengemeinde und dem Amt für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste war großartig. Mit Verstärkung von Christoph Gekle und seiner Truppe aus Essen war es ein richtig guter Tag, trotz der Strapazen der weiten Fahrt habe ich mich gut aufgehoben und getragen gefühlt, und das war unermesslich wertvoll.

Gleichzeitig ist mir aufgefallen, dass ich viele Dinge auch im Hinblick auf Alpha heute anders formuliere als noch vor ein paar Jahren. Ich denke, wir müssen da einiges noch einmal überarbeiten (wenn das nur nicht so viel Arbeit wäre!), was da zu plump formuliert ist und zwar für Akzeptanz in einem bestimmten Spektrum gesorgt hat, bei anderen aber unnötig irritierend wirkt.

Ich habe vor einer Weile mal ein paar Gedanken zur Frage “Wie charismatisch ist der Alpha Kurs” zusammengestellt. Ich glaube, ich muss das mal zu Papier (oder zu TFT) bringen. Wer Anregungen dazu hat: fire away 😉

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Frodos Dilemma

Das Ende des Herrn der Ringe hat mich immer wieder beschäftigt. Es ist nämlich kein uneingeschränktes Happy End. Frodo leidet an den Folgen seiner Verwundung, die nie ganz geheilt wurde. Schließlich verlässt er das Auenland und segelt nach Westen.

Bei allen Siegen bleiben doch aus manchen Lebenssituationen Wunden zurück. Ganz gleich, ob sie uns zugefügt wurden, ob wir sie selbst verursacht haben, oder ob es sich um die Phantomschmerzen amputierter Beziehungen handelt.

Ich hätte das Leben und den Erfolg gern schmerzfrei. Beim Sport ist es wenigstens so, dass erst der Schmerz kommt und dann der Sieg alles vergessen lässt. Bei Frodo bleibt der Schmerz nach dem Sieg bestehen.

Rich Mullins hat folgende Zeilen dazu gedichtet:

And we both feel lost
But I remember what Susan said
How love is found in the things we’ve given up
More than in the things that we have kept
And ain’t it funny what people say
And ain’t it funny what people write
And ain’t it funny how it hits you so hard
In the middle of the night

Liebe im Aufgeben statt im Festhalten zu sehen ist vielleicht das größte Kunststück, das wir von Jesus lernen können. Vielleicht gelingt es dann besser, zu unseren Schmerzen zu stehen statt vor ihnen davon zu laufen. Bis ein Schiff kommt und wir in den Westen segeln, wo auch die letzten Tränen trocknen.

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Gefährliche Helfer

Eben war ich Zeuge eines Beinahe-Unfalls. Ausgerechnet ein Fahrzeug der Johanniter hätte um ein Haar einen Radfahrer beim Einbiegen auf die Vorfahrtstraße “abgeschossen”.

Es war wohl ein Zivi, der Essen ausliefert oder ähnliches. Aber seinen Kollegen vom Rettungsdienst hätte er damit gleich einen Einsatz verschafft. Gott sei Dank eben nur fast!

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Religionslos reden lernen

Heute hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit einer Frau, die ohne kirchlichen Bezug groß wurde. Wir haben uns gut über Jesus unterhalten, und über Zweifel, ob die Kirche seine Botschaft zu Machtzwecken benutzt oder verfälscht hat. Es war fast ein Kommentar zu Bonhoeffers Brief unten. Kurz vor der zitierten Passage schrieb er:

Oft frage ich mich, warum mich ein „christlicher Instinkt“ häufig mehr zu den Religionslosen als zu den Religiösen zieht, und zwar durchaus nicht in der Absicht der Missionierung, sondern ich möchte fast sagen „brüderlich”! Während ich mich den Religiösen gegenüber oft scheue, den Namen Gottes zu nennen – weil er mir hier irgendwie falsch zu klingen scheint und ich mir selbst etwas unehrlich vorkomme (besonders schlimm ist es, wenn die anderen in religiöser Terminologie zu reden anfangen, dann verstumme ich fast völlig und es wird mir irgendwie schwül und unbehaglich) kann ich den Religionslosen gegen über gelegentlich ganz ruhig und wie selbstverständlich Gott nennen.

Mit dem organisierten Christentum hatte sie ihre Schwierigkeiten. Kirchenmitglieder konnten mit ihren Fragen und Zweifeln bisher nicht gut umgehen. sondern blieben sprachlos in der Sache und reagierten verletzt auf der persönlichen Ebene. Das wenige, was sie an Gottesdienst und Verkündigung erlebt hatte, thematisierte viel mehr Schuld und vor allem Angst, als dass es Hoffnung und Lebensfreude vermittelt hätte. Unser Gespräch war, wie sie sagte, zum ersten Mal die gegenteilige Erfahrung – für uns beide interessant und schön. Mich haben ihre offenen Worte sehr nachdenklich gemacht.

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Wer hätte das gedacht?

Wachen sie jetzt auf? Newsweek berichtet von umweltbewussten Evangelikalen in den USA, die die Bush-Administration auffordern, sich um das globale Klima zu kümmern.

Alte Haudegen wie James Dobson fürchten gleich wieder, ihre Themen (Familie, Abtreibung) könnten ins Hintertreffen geraten. Progressivere Stimmen wie Rick Warren dagegen stehen hinter der Initiative, ebenso Tony Campolo oder Loren Cunningham, Richard Foster, Eugene Peterson, Ron Sider und Tom Sine. Aus England ist N.T. Wright dabei, Alister McGrath und Michael Green, der es seinem Namen eigentlich ja auch schuldig ist (Wo ist Herr Hybels?).

Das Evangelical Environmental Network hat eine umfangreiche Erklärung veröffentlicht. Die ist mit Sicherheit ein Riesenschritt in die richtige Richtung. Na also!

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Nochmal Bonhoeffer

Den Tipp verdanke ich Michael, aber es ist wirklich erstaunlich, wie aktuell und fast schon prophetisch die Worte Bonhoeffers vom 30.4.1944 heute in unserer Situation klingen:

Die Religiösen sprechen von Gott, wenn menschliche Erkenntnis (manchmal schon aus Denkfaulheit) zu Ende ist oder wenn menschliche Kräfte versagen – es ist eigentlich immer der deus ex machina, den sie aufmarschieren lassen, entweder zur Scheinlösung unlösbarer Probleme oder als Kraft bei menschlichem Versagen, immer also in Ausnutzung menschlicher Schwäche bzw. an den menschlichen Grenzen: das hält zwangsläufig immer nur solange vor, bis die Menschen aus eigener Kraft die Grenzen etwas weiter hinausschieben und Gott als deus ex machina überflüssig wird; das Reden von den menschlichen Grenzen ist mir überhaupt fragwürdig geworden (ist der Tod heute, da die Menschen ihn kaum noch fürchten, und die Sünde, die die Menschen kaum noch begreifen, noch eine echte Grenze?), es scheint mir immer, wir wollten dadurch nur ängstlich Raum aussparen für Gott; – ich möchte von Gott nicht an den Grenzen, sondern in der Mitte, nicht in den Schwächen, sondern in der Kraft, nicht also bei Tod und Schuld, sondern im Leben und im Guten des Menschen sprechen. An den Grenzen scheint es mir besser, zu schweigen und das Unlösbare ungelöst zu lassen. Der Auferstehungsglaube ist nicht die „Lösung“ des Todesproblems. Das „Jenseits” Gottes ist nicht das Jenseits unseres Erkenntnisvermögens! Die erkenntnistheoretische Transzendenz hat mit der Transzendenz Gottes nichts zu tun. Gott ist mitten in unserm Leben Jenseits. Die Kirche steht nicht dort, wo das menschliche Vermögen versagt, an den Grenzen, sondern mitten im Dorf.

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Karikaturen und Freiheit

Immer noch wird über die Karikaturen und ihre Folgen diskutiert. Vielleicht hilft es ja uns “Westlern”, unser Verständnis von Freiheit wieder christlich zu fassen. Zumindest schien mir das Diktum des Paulus in den letzten Tagen der Tenor mancher Kommentare zu sein: Es ist alles erlaubt, aber es nützt nicht alles.

Niemand kann und will dem Druck von Zorn, Hass und Gewalt nachgeben und hier Freiheiten staatlich einschränken. Klar darf Kunst (und Satire) auch mal ein Tabu verletzen. Aber Tabubruch an sich ist eben auch noch keine Kunst. Umgekehrt ist in den meisten Ländern, wo protestiert und randaliert wurde (und wo offenbar üble Karikaturen über Juden und gelegentlich auch Christen an der Tagesordnung sind), eben nicht alles erlaubt. Und das, was dort geduldet oder gar angeheizt wird, nützt auch längst nicht allen, sondern nur den Eliten.
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“Postcharismatische Depression”?

Jonny hat zum Thema “Postcharismatiker” angemerkt:

Es gibt auch die Prägung “postcharismatische Depression”, was das Gefühl beschreiben soll, wenn man nach den geistlichen Höhenflügen wieder Erdung bekommt – was ja nicht immer angenehm ist, zumindest anfangs nicht.

Die postcharismatische Depression kam bei Gerald Coates‚ Buch “die Vision” vor, wenn ich mich richtig erinnere. Er hat aber sein “post-” vermutlich weniger vom Begriff postmodern abgeleitet als vielmehr sarkastisch auf die postkoitale Depression angespielt – der Katzenjammer beim Wiedereintritt in die raue Wirklichkeit. Mit Verschiebungen im Weltbild hatte das damals aber noch wenig zu tun.

Links- und Rechtscharismatiker (Walter Heidenreich hat die erste Gruppe mal als “softcharismatisch” bezeichnet) gab es wohl immer. Man hat dieselbe Sache unterschiedlich akzentuiert oder, wie Jonny treffend beschreibt, mehr oder weniger verträglich und kompromissbereit umgesetzt.

Heute aber fragen immer mehr, ob wir damals die “Sache” richtig verstanden haben. Da liegt das Neue, das neue Begrifflichkeiten erfordert. Deprimiert zu sein ist dabei bestenfalls ein Übergangsstadium.

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