Frodos Dilemma

Das Ende des Herrn der Ringe hat mich immer wieder beschäftigt. Es ist nämlich kein uneingeschränktes Happy End. Frodo leidet an den Folgen seiner Verwundung, die nie ganz geheilt wurde. Schließlich verlässt er das Auenland und segelt nach Westen.

Bei allen Siegen bleiben doch aus manchen Lebenssituationen Wunden zurück. Ganz gleich, ob sie uns zugefügt wurden, ob wir sie selbst verursacht haben, oder ob es sich um die Phantomschmerzen amputierter Beziehungen handelt.

Ich hätte das Leben und den Erfolg gern schmerzfrei. Beim Sport ist es wenigstens so, dass erst der Schmerz kommt und dann der Sieg alles vergessen lässt. Bei Frodo bleibt der Schmerz nach dem Sieg bestehen.

Rich Mullins hat folgende Zeilen dazu gedichtet:

And we both feel lost
But I remember what Susan said
How love is found in the things we’ve given up
More than in the things that we have kept
And ain’t it funny what people say
And ain’t it funny what people write
And ain’t it funny how it hits you so hard
In the middle of the night

Liebe im Aufgeben statt im Festhalten zu sehen ist vielleicht das größte Kunststück, das wir von Jesus lernen können. Vielleicht gelingt es dann besser, zu unseren Schmerzen zu stehen statt vor ihnen davon zu laufen. Bis ein Schiff kommt und wir in den Westen segeln, wo auch die letzten Tränen trocknen.

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3 Antworten auf „Frodos Dilemma“

  1. Hallo Peter, auch wenn ich zu meinen Schmerzen stehe, das ist doch nicht das Ziel. Den Schmerz bei Jesus abzugeben und von ihm geheilt zu werden, das sehe ich als Ziel. Keine Frage, dass das ein langer Weg ist, ein Prozess, aber wenn die Wunde von innen heilt, dann vergeht der Schmerz.

  2. Nein, natürlich ist der Schmerz nicht das Ziel, Aber er bleibt manchmal sehr lange und ich entdecke bei mir und anderen, dass er oft nicht völlig (!) heilt – aber dass wir dann auch im Schmerz Gottes Nähe erleben. Und zwar in einer Art und Weise, wie wir es anders (d.h. im „Glück“) nicht könnten. Mit den übrigen Unvollkommenheiten des Lebens ist es ja ganz ähnlich. Wir sind auf einem Weg, aber eben nicht am Ziel…

  3. Ich würde es so ausdrücken: Das Ziel (und somit die auch die Erleichterung / Linderung) liegt oft (zeitlich und emotional) hinter dem Schmerz. Erst wenn ich den Schmerz ‚durchlebt‘ habe, kann ich das Ziel erreichen. (Wobei Schmerz oder Leid ein sehr weiter Begriff ist in dieser Betrachtung)
    Wenn man diesen Schmerz aber umgeht, dann entsteht oft wesentlich schlimmeres Leid – viele Neurosen z.B. entstehen ja gerade dadurch, dass man versucht, erwartbares Leid / Schmerz zu umgehen.
    Vielleicht müssen wir wieder an den Punkt kommen, (entgegen des momentanen Zeitgeistes) einzusehen, dass der Schmerz teilweise eine nützliche Notwendigkeit des Lebens ist oder wie Gandalf am Schluss sagt: ‚Nicht alle Tränen sind von Übel‘

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