Stiefkinder müssen zusammenhalten

Liebe Leidensgenossen, die öfter emissionsfrei auf zwei als abgasend auf vier Rädern unterwegs sind,

die Verkehrspolitik (vor allem da, wo sie Politik ist und von der schwerreichen KFZ-Lobby „mitgestaltet“ wird) betrachtet uns immer noch als Stiefkinder. Die KFZ-Nutzer sehen uns als lästige Konkurrenz, die ihren ungebremsten Vorwärtsdrang hemmt. Also werden wir, wenn wir die Straße nutzen, mit 30 cm (statt 1,50 m) Abstand überholt und, wenn auf dem Radweg fahren, beim Rechtsabbiegen gefährlich geschnitten. Verkehrsminister wollen uns gern mal pauschal als Rüpel darstellen – Autofahrer halten sich ja, wie wir alle wissen, sämtlich tadellos an die StVO. Schließlich gibt es noch meine besonderen Freunde: Hundehalter und ihre Vierbeiner, die uns mit Teleskopleinen (ein klares Indiz für (a) schlecht erzogene Tiere und (b) faule, unaufmerksame Halter) auflauern, die sich blitzschnell quer über jeden Radweg spannen lassen. Dass uns oft der Wind ins Gesicht bläst — gut, das gehört eben dazu.

Wir haben also einen schweren Stand. Und daher brauchen wir einander.

Ich rede jetzt nicht davon, einen neuen Verband zu gründen oder Online-Petitionen anzuklicken. Einiges könnte durch ein paar Kleinigkeiten verbessert werden, die wir selbst in der Hand haben. Zwei davon fallen mir täglich auf – man kann keine Viertelstunde durch die Stadt radeln, ohne dass man sie antrifft:

  • LICHT: Die Zeit quietschender und bei Nässe streikender Reifendynamos nebst gelblich funzelnder Birnchen, die ständig kaputt gehen, ist längst vorbei. LED-Lampen, ob mit Batterie oder Nabendynamo gespeist, sind erschwinglich und hell, es gibt heute keine Ausrede mehr dafür, unbeleuchtet herumzufahren. Es doch zu tun, ist verdammt gefährlich, und zwar nicht nur für Euch selbst, sondern auch für alle anderen.
  • GEISTERRADLER: Auch der deppertste Autofahrer schafft es noch, rechts zu fahren oder die Fahrtrichtung einzuhalten. Warum können das so wenige von uns? Egal ob auf dem Radweg oder auf einem dieser markierten Fahrradstreifen am Fahrbahnrand, oder in Einbahnstraßen, die nicht ausdrücklich für Räder in beiden Richtungen freigegeben sind, gegen die Fahrtrichtung ist man verdammt gefährlich unterwegs. Neulich habe ich gelesen, dass es das Unfallrisiko verfünffacht. Frontalzusammenstöße unter Radfahrern sind enorm verletzungsträchtig.
Lie Down in memory of Road Traffic Accid by onlinejones, on Flickr
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Neulich kam ich auf dem Radweg um eine Rechtskurve und da schoss mir – gegen die Fahrtrichtung – eines dieser schnellen e-Bikes eines örtlichen Pizzalieferdienstes entgegen. Die Dinger sind fast 40 km/h schnell und schwer, die Reaktionszeit war also minimal. Wir haben einander nur deshalb knapp verfehlt, weil ich eine Vollbremsung hingelegt habe. Ich habe ihm dann freundlich, aber unmissverständlich die Meinung gesagt. Es wäre allen geholfen, wenn wir das öfter täten.

Und dann machen wir alle zusammen dasselbe (Meinung sagen) mit den Autofahrern, auch wenn die sich gern hinter getöntem Glas und lauter Musik verschanzen.

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