Die Sonne ging heute um 8:04 Uhr auf und wird um 16:15 Uhr wieder untergehen. Sie scheint heute (meist hinter der Wolkendecke) 8 Stunden und 11 Minuten, das sind nur noch drei weniger als das absolute (lokale) Minimum von 8:08 nächste Woche. Es sind die dunkelsten Tage des Jahres. Für viele ist es noch dunkel, wenn sie morgens das Haus verlassen und schon wieder dunkel, wenn sie zurückkommen.
Warum zähle ich die Zeiten hier so exakt auf? Weil es mich tröstet, dass die Wende in Sicht ist. Noch ist es lange dunkel und es bleibt auch noch eine ganze Weile bei kurzen Tagen und kalten Nächten. Aber ab nächster Woche kippt die Erdachse langsam wieder in die richtige Richtung. Und ich kann mich darauf freuen, dass es jeden Tag ein kleines bisschen heller wird.
Passend zur Jahreszeit haben auch unsere Gottesdienste sich (inspiriert von Brian McLarens neuem Buch) mit der Frage befasst, wie man im „Herbst des Glaubens“ geistlich überleben und irgendwie auch reifen kann. Die Wochen von der Zeitumstellung Ende Oktober bis jetzt ungefähr fühlen sich mehr so an, als würde es in den Tunnel hineingehen. Nun allmählich macht die Röhre einen Bogen und das Licht am Ende erscheint wie ein kleiner Punkt in der Ferne. Den Sonnenaufgang nach der längsten Nacht feiere ich immer mit einem Freund draußen bei einem Feuerchen. Wir sprechen über das alte Jahr und beten zusammen, bevor wir durchgefroren frühstücken gehen, wenn die Zeit noch reicht.
Apropos Freunde: Es gibt im Herrn der Ringe eine Szene, wo sich am Tag der Wintersonnwende Sam und Frodo von ihrem neuen Freund Faramir verabschieden und nach Mordor ziehen. Unvermittelt fällt ein Sonnenstrahl auf das zerstörte Standbild eines alten Königs des Westens und Frodo sagt: „Sie können nicht auf ewig siegen“. Egal womit jeder von uns gerade zu kämpfen hat: Hoffnung bedeutet, dass wir uns eine bessere Welt noch vorstellen können, und uns von dieser Vorstellung anspornen lassen. Die wenigsten von uns müssen ja eine Hölle wie Mordor durchqueren. Aber auch andere Durststrecken können lang werden.
Oh ja, die Szene kenne ich auch: Das steinerne Haupt erstrahlt unter einer Krone von Laub: Die Schöpfung zeigt, dass auch sie die Hoffnung auf Erlösung kennt.
Sicher ist das Mordor, welches Tolkien beschreibt, schlimmer als Vieles, was sich die Meisten von uns vorstellen können. Dennoch glaube ich, dass diese persönlichen Probleme durchaus mit einer Art „persönlichem Mordor“ zu vergleichen sind. Nichts scheint so schlimm und so hoffnungslos, wie die Durststrecke, die gerade vor uns liegt. Das Wissen, dass es Andere noch viel schlimmer erwischt haben, ist da nur ein schwacher Trost. Die Wintersonnenwende ist auch im übertragenen Sinn meist ein Punkt, der vorerst noch weit vor uns liegt und von dem wir nicht wissen, ob und wie wir ihn überhaupt erreichen werden.
Das mit der Feier am Feuer(chen) ist ne gute Idee! Vielleicht sollte ich die auch aufgreifen – nicht nur bei der „richtigen“ Wintersonnenwende!
Huch, die Erdachse kippt? Alle Mann festhalten!
scnr 🙂
Kein Problem, die Australier überleben auch
🙂