Abschied vom Auenland

Seit ein paar Tagen ist es offiziell: Ich werde nach gut sechs Jahren Zabo zum Jahreswechsel verlassen und nach St. Johannis gehen.

Der Hintergrund ist schnell und nüchtern erklärt: Hier in Zabo fällt eine halbe Stelle weg. Das ist auch ganz plausibel: Die Gemeinde ist, wie fast überall, im Lauf der Jahre geschrumpft. Und parallel dazu das Budget der Landeskirche wie auch die Zahl der Pfarrer:innen und Hauptamtlichen.

Arbeit wäre noch genug da. Und in den letzten Jahren war (und wurde) sehr vieles sehr gut. Wir sind hier ganz wunderbar aufgenommen worden und viele haben mir geholfen, in die Rolle des Gemeindepfarrers hineinzufinden. Das macht den Abschied schwer, aber mit dem Blick auf die Segensspuren auch tröstlich.

Zabo, das Dorf in der Großstadt, hat schon eine Art Auenland-Vibe. Ganz buchstäblich, weil hier ein großes Stück naturnaher Auwald liegt, aber es wohnen auch viele gemütliche und gesellige Halblinge hier.

Wir freuen uns zugleich, dass es uns nicht in ferne Gefilde verschlägt, sondern in einen lebendigen, zentrumsnahen Stadtteil und eine große Kirchengemeinde, die dort fest verwurzelt und gut vernetzt ist. auf fitte und freundliche Kolleg:innen – und nicht zuletzt auf einen kurzen Weg zu unserem Enkelkind, das in St. Johannis zur Welt kam und dort mit seinen Eltern wohnt.

Es ist auch objektiv ein guter Zeitpunkt zum Wechseln. Alle Kirchenvorstände werden bis zum Sonntag in einer Woche neu gewählt, und so kann ich zu Beginn der neuen Amtsperiode mit einsteigen – und mein:e Nachfolger:in in Zabo etwas später, aber auch noch in der Phase, wo sich alles einruckelt.

Nach vielen Wochen des Wartens, was aus dieser Bewerbung wohl werden würde, geht nun alles ganz schnell.

Gut, schon der gute alte Bilbo Beutlin wusste ja:

The Road goes ever on and on,
Down from the door where it began.
Now far ahead the Road has gone,
And I must follow, if I can,
Pursuing it with eager feet,
Until it joins some larger way
Where many paths and errands meet.
And whither then? I cannot say.

Die Straße gleitet fort und fort
Weg von der Tür, wo sie begann,
Weit überland, von Ort zu Ort,
Ich folge ihr, so gut ich kann.
Ich lauf ihr müden (?) Fußes nach,
Bis sie sich groß und weit verflicht
Mit Weg und Wagnis tausendfach.
Und wohin dann? Ich weiß es nicht.
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Deutschland in vollen Zügen

Die gute Nachricht: Das Deutschlandticket bleibt erhalten, aber – und das ist die schlechte Nachricht – es wird teurer. Das hat große Wellen geschlagen. Ich habe selber eins seit einigen Monaten, und nutze es immer wieder für längere oder kürzere Fahrten. 

Dabei habe ich Ecken von Deutschland gesehen, in die ich nicht gekommen wäre, wenn ich extra einen Fahrschein hätte lösen müssen. Ich habe auch viel über die Menschen in Deutschland gelernt: In den Regionalzügen fährt das bunte Deutschland. Und oft auch das nicht so wohlhabende Deutschland. Ich höre in den Öffis jedesmal, wirklich jedesmal, ganz unterschiedliche Sprachen.

Was mich ganz besonders berührt, das sind die Gespräche zwischen Menschen verschiedener Herkunft, die sich auf Deutsch verständigen. Manchmal etwas mühsam, manchmal auf einem ganz beachtlichen Niveau. Und dann fühle ich mich ein bisschen beschämt und ein zugleich beschenkt, weil da jemand, dessen Sprache ich nicht verstehe, sich so viel Mühe gegeben und meine Sprache gelernt hat.

Ich mag dieses Deutschland!

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Weißt du, was ich meine?

Manche Unterhaltungen kann man ja nicht überhören, auch wenn man gern würde. Ich sitze im Zug und habe keine Kopfhörer dabei. Hinter mir erzählt einer etwas seinem Gegenüber, und jeder zweite oder dritte Satz lautet: Weißt du, was ich meine?

Seltsamerweise wartet er die Antwort seines Gesprächspartners gar nicht ab, sondern redet sofort weiter. Um prompt wieder: Weißt du, was ich meine? Aber er wartet gar nicht, ob es der andere weiß.

Ich weiß nicht, ob Ihr gerade wisst, was ich meine. Dazu müsstet Ihr mir sagen, was ihr verstanden habt. Und ich müsste dann bestätigen, dass ich das gemeint hatte. Oder nochmal von vorn anfangen und es anders erklären. Dann hätten wir eine Chance, uns zu verständigen. 

Aber dieses Zuhören kostet Zeit und macht Mühe. Und oft reicht ja auch eine grobe Ahnung davon, was gemeint sein könnte. Doch es tut gut, wenn ich Menschen treffe, die das mit dem Zuhören und Nachfragen drauf haben.

Ich weiß übrigens auch nicht, was ihr gerade denkt. Hinterlasst gern einen Kommentar…

Foto von bruce mars auf Unsplash

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Selfies im Guggenheim

Ich bin zum ersten Mal im Guggenheim in Bilbao. Touristen schieben sich dicht gedrängt durch die Flure und Ausstellungsräume. Manche fotografieren eifrig – es gibt ja auch wirklich viel zu sehen. Ich mache auch hier und da ein Bild, dann vertiefe ich mich wieder in den Anblick und die Erklärungen.

Nach einer Weile fallen mir immer mehr Leute auf, die Selfies vor den Kunstwerken machen. Allein, zu zweit, zu dritt… Sie marschieren durch die Säle immer auf der Suche nach einem geeigneten Hintergrund. Das hat ein bisschen was von sich vordrängeln – schaut her, hier bin ich…

Ob Kunst oder Natur – ich finde gerade das Umgekehrte reizvoll: Mich mal verlieren im Anblick von etwas Schönem und Großartigen. Zu merken, Gottes weite und bunte Welt dreht sich nicht um mich, und das ist wunderbar entlastend: Ich darf klein sein, einen Schritt zurück treten und mich über diesen wunderbaren Ort freuen. Der ist, was er ist, ganz ohne mich. 

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