„pornographische Anbetung“

Ein grandios wütender Kommentar von Alexander Gorkow heute in der SZ zur Verleihung der goldenen Kamera, dem Heiratsantrag von Monica Lierhaus und der Frage, was unser Fernsehen eigentlich im Innersten antreibt:

Hinter den Kulissen von deutschen TV-Unterhaltungsformaten finden rituelle Gebete statt. Es geht in diesen Gebeten selten um die Hoffnung auf den großen Erkenntnisgewinn während einer bevorstehenden Sendung. Es geht selten auch um jene Subversion, die Engländer und Amerikaner beherrschen (…) Es geht in unserem Gebührenfernsehen – dem mit jährlich rund acht Milliarden Euro teuersten der Welt – in Ermangelung an Stil, Humor und Vertrauen in die Zuschauer wenig um Sprache. Es geht stattdessen um eine Art Gott, und es ist dies der Gott des emotionalen Augenblicks.

Es ist eine inzwischen quasi pornographische Anbetung des einen, großen und bitte absolut geilen Moments, der ins Bild muss – und heute können wir sagen: koste es, was es wolle, zum Beispiel die Würde einer Frau wie Monica Lierhaus. Es wird wegen der Fixierung der Sender auf diesen Moment kein Mensch mehr sagen können, wer zum Beispiel bei welchem „Bambi“ oder „Fernsehpreis“ mit einer Trophäe nach Hause ging. Es wird sich hingegen jeder an den Auftritt des todkranken Rudi Carrell erinnern, oder daran, wie Marcel Reich-Ranicki plötzlich herumbrüllte, weil ihm das Niveau einer Preisverleihung mit einem Mal zu niedrig vorgekommen war.

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Fürs Protokoll

Es ist ja schon vielen Weisen und Heiligen untergejubelt worden, aber das bekannte „Gelassenheitsgebet“ stammt höchstwahrscheinlich von dem deutsch-amerikanischen Theologen Reinhold H. Niebuhr (1892-1971). Hier ist es, falls jemand es noch nicht kennt:

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Und nochmal auf englisch:

God, grant me the serenity to accept the things I cannot change,
Courage to change the things I can,
And wisdom to know the difference.
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