Von den Papuas lernen

Nächste Woche treffen sich die deutschen Delegierten des Lausanne III Kongresses in Berlin. Jeder war gebeten worden, einen Aspekt des Kongresses schriftlich zu beleuchten. Ich habe ja schon einiges dazu geschrieben, unten steht mein Beitrag zur Diskussion nächste Woche. Ich blättere gerade die anderen Statements durch, mit etwas gemischten Gefühlen. Es ist ein großer Kongress gewesen und die Biografien sind sehr verschieden, da hört natürlich jeder andere Dinge und das macht es einerseits spannend. Andererseits hätte man für Vorsätze wie „das Gebet wieder ernster nehmen“ nicht unbedingt nach Kapstadt fliegen müssen, da hätte auch das Exerzitienhaus um die Ecke gereicht. Keine leichte Aufgabe für die Tagungsleitung, das zu sammeln, zu bündeln und auch noch irgendwie griffig zuzuspitzen.

Unter den vielen eindrücklichen Erlebnissen des Kongresses haben sich mit ein paar Wochen Abstand ein paar Irritationen gelegt. Mit wachsendem Abstand beschäftigt mich im Blick auf unsere deutsche Situation die Frage der Ganzheitlichkeit des Missionsverständnisses. Bei ihrem abendlichen Auftritt haben René Padilla und Samuel Escobar den Dreiklang Discipleship, Justice und Ecology genannt. Vertieft wurde der letzte Begriff aus dieser Reihe in einem hochkarätig besetzten Multiplex unter der Leitung von Ken Gnanakan mit dem Titel „The Environmental Crisis“.

Inhaltlich wurde uns nichts Neues geboten, das Neue war die Klarheit, in der hier Evangelikale Position beziehen. Sir John Houghton, früher Vizepräsident des Weltklimarates, stellte die Forschungsergebnisse kurz vor und wies alle Verschwörungstheorien (die unter Evangelikalen in Nordamerika, aber auch hierzulande durchaus populär sind) deutlich zurück. Die Folgekosten des Kimawandels treffen vor allem die armen Länder der Erde, während die Hauptverursacher in den reichen Ländern zu suchen sind – auch in Westeuropa.

Für Houghton sind die Fakten klar, aber wenn es um die Frage geht, wie aus dem Wissen nun die nötigen Konsequenzen für einen nachhaltigen Lebensstil gezogen werden, dann sieht er vor allem die Christen am Zug. Ergänzt wurde Houghton von Denise Thompson, die als Professorin in Trinidad & Tobago ihren Studenten Klimabewusstsein beibringt, und von David Kidma, dem Vorsitzenden der Evangelischen Allianz in Papua Neuguinea. Kidma beschreibt ebenfalls einige beispielhafte Projekte, vor allem ein Handbuch, das jüngst veröffentlicht wurde, und das biblische Theologie und das ganzheitliche Denken und Lebensgefühl der Papuas integriert.

Für unsere Situation in Deutschland finde ich den Impuls hilfreich und bedenkenswert. So wie wir merken, dass Evangelisation und Diakonie nicht – auch nicht im Sinne einer stillschweigenden „Arbeitsteilung“ – in einem bloßen Nebeneinander existieren dürfen, so gehören auch Fragen der Gerechtigkeit und des Umweltschutzes (wir sprechen ja zu Recht inzwischen von „Klimagerechtigkeit“) integral zum Auftrag der Christen dazu.

Die Micha-Initiative ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Noch etwas weiter gedacht wirft das aber auch die Frage auf, ob die derzeitige Selbstbezeichnung der Lausanner Bewegung in Deutschland als „Koalition für Evangelisation“ so glücklich gewesen ist, und ob nicht bewusst der Schulterschluss mit kirchlichen (und nichtkirchlichen) Organisationen und Netzwerken gesucht werden kann, die sich praktisch und konkret für Nachhaltigkeit einsetzen.

Und es stellt sich natürlich die Frage, welche geistige und theologische Arbeit dafür in unseren eigenen Reihen leisten wäre. Denn fromme Klimaskeptiker, mit allem, was an kruden Verschwörungstheorien dazugehört, gibt es leider zuhauf.

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