Die Jesus-Karte spielen?

Manchmal bleibt man ja an Nebensätzen hängen und es geht einem ein Kronleuchter auf. Heute hat Artur Schmitt zum Abschluss der Allianz-Gebetswoche gepredigt und dabei nur im Vorbeigehen die Christen in Korinth erwähnt, die in vier Parteien gespalten waren: Da gab es die „Paulaner“, andere hatten Petrus und Apollos zum Aushängeschild erklärt und schließlich noch eine Christus-Partei.

Das letzte hat mich, auch aufgrund Arturs verschmittzter Denkanstöße, nachdenklich gemacht. Es gibt diesen Reflex ja immer wieder. In verfahrenen Situationen sagt jemand richtigerweise, man müsse sich an Jesus orientieren, um einen Weg aus der Krise oder dem Streit zu finden. Nur kann man die Jesus-Karte offenbar eben auch so spielen, dass man damit einfach nur zur anderen Partei wird und alles verschlimmert.

So gibt es ja Gruppen, die alle Konfessionskirchen der Spaltung und des Abfalls bezichtigen und eine Rückkehr zum reinen Jesus fordern. Der ist dann aber leider ihr Jesus. Sie zögern auch nicht, diesen Jesus gegen andere zu positionieren, und so werden sie zu den borniertesten und unleidlichsten Sektierern überhaupt. Und hier liegt vermutlich das Problem: Wenn Versöhnung und Einheit durch Jesus kommen soll, dann nur so, dass er nicht „mein“ Jesus ist, sondern der Jesus, der mir im anderen begegnet und auf den niemand ein Monopol hat. Paulus ist darauf nicht hereingefallen, wir müssen es auch nicht.

Jesus hat einmal gesagt: Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. Nun kann man auf dem „mit mir“ herumreiten und den Kreis beliebig eng ziehen. Aber man muss wohl eher das sammeln betonen. Jesus ging es sicher nicht um Beliebigkeit, er konnte auch mal scharf werden, aber er sammelte eben und gründete keinen Club der Besserglaubenden. Konfessionelle Traditionen können uns darin helfen, so lange wir sie nicht exklusiv verstehen. Vielleicht müssen wir uns immer mal wieder einsammeln lassen von Jesus – das ist der Wert eines solchen Tages wie heute.

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