Die Angst vor dem fremden Glauben

Die Grenzen zwischen Islamkritik und Islamfeindlichkeit verlaufen fließend in unserer Gesellschaft. Auf der Suche nach hilfreichen geschichtlichen Parallelen, die etwas Orientierung vermitteln können, verwirft Hannes Stein in seinem lesenswerten Beitrag für die Welt den Vergleich mit dem Antisemitismus, der in vieler Hinsicht ein einzigartiges Phänomen darstellt (und den Ton so ziemlich jeder Debatte massiv verschärft), und verweist stattdessen auf antikatholische Ressentiments im 19. Jahrhundert unter Bismarck – den sogenannten Kulturkampf.

In den USA waren Sorgen über eine katholische Unterwanderung/Überfremdung vor dem 2. Weltkrieg und sogar noch bis zu Kennedys Amtsantritt massiv spürbar. Die puritanischen Siedler hatten den Hass auf alles Katholische aus ihrer britischen Heimat importiert, wo seit der Pulververschwörung römische Priester grausam gefoltert und hingerichtet wurden (und da, wo Katholiken die Mehrheit stellten, hatten Protestanten oft nichts zu lachen).

Dass uns das heute zum Glück alles sehr fremd geworden ist, sagt Stein, sollte uns Hoffnung geben. Es hat sich längst Vieles zu Guten verändert – auf beiden Seiten:

Niemand, der bei Trost ist, würde heute behaupten, Kroaten, Italiener oder Spanier seien in die liberale Moderne nicht integrierbar, weil sie regelmäßig katholischen Weihrauch einatmen. Auf der anderen Seite hat die Kirche ihre weltlichen Machtansprüche beinahe vollständig aufgegeben. Es gibt noch Diskussionen um Kruzifixe in bayerischen Klassenzimmern (nebbich!), aber kein Papst stellt mehr grundsätzlich die Trennung von Staat und Religion infrage.

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