Thérèse von Lisieux und die Wahrheit des Atheismus

Das dritte Kapitel von Geduld mit Gott widmet Halik über weite Strecken der Thérèse von Lisieux, die mitten im verbissenen Abwehrkampf des französischen Katholizismus gegen den Atheismus ihren Glauben auf eine ganz andere Art lebte, und – so Halik – am Ende ihres Lebens sogar verlor. Nu die Liebe blieb, und das lässt sich als Erfüllung des Pauluswortes von 1. Kor 13,8 verstehen, dass in Gottes neuer Welt Glaube und Hoffnung sich in die Liebe hinein auflösen. Bei Thérèse scheint das schon eingetreten zu sein kurz bevor sie die Schwelle überschritt – so wie mancher Marathonläufer buchstäblich ins Ziel wankt und über die Linie fällt.

Sie deutet ihr Verlassensein von Gott als Platz nahmen an einem Tisch mit den „Ungläubigen“, und durch ihre Solidarität mit ihnen erschließt sie für die verbohrte Kirche neues Land. Die Abwesenheit Gottes als „existenzielle Wahrheit des Atheismus“ wird so auch Teil des Glaubensschatzes. Der Atheismus, sagt Halik, ist eben nicht als Lüge zu verstehen, sondern als eine „nicht zu Ende gesprochene Wahrheit“ – und eine nützliche Antithese zur „vulgären Religion“. Auch Chesterton konnte im Blick auf das Sterbewort Jesu ja auch sagen, dass hier „Gott für einen Augenblick Atheist zu sein schien“.

Thérèses Lebensthema war die Demut, und Halik zitiert den folgenden schönen Gedanken von ihr:

Ein Mensch, der lange auf den Berg der Tugend geklettert ist (…) solle mit demütiger Freude auch eine Sturz und (von Gott gewollten) Fall akzeptieren, denn nicht in dem erträumten „Oben“, sondern vielmehr unten wartet Gott auf ihn, „in der Tiefe des fruchtbaren Tales der Demut“.

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