Zutaten gesunder Gemeinschaft (2): Kompetenzen

Um ausgewogene Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen sich ein gesundes Gemeinschaftsgefühl entwickeln kann, sind ganz unterschiedliche Kompetenzen gefragt. Myers zählt einige auf, ich fasse das kurz zusammen:

  • Im öffentlichen Raum ist die Fähigkeit, auf Fremde zuzugehen und sie einzubeziehen, gefragt. Es geht um gemeinsame Erlebnisse, die Menschen locker verbinden. Das Ganze bleibt einmalig oder episodisch, und den Eventcharakter muss man akzeptieren können wie auch die Spielregeln, nach denen solche Veranstaltungen ablaufen. Humor ist eine wichtige Tugend, der ermöglicht eine angemessene Distanz und signalisiert, dass man keine Bedrohung darstellt. Blickkontakte sind im öffentlichen Raum kurz, Berührungen bleiben in der Regel aus.
  • Im sozialen Raum geht es darum, kleine und möglichst authentische „Schnappschüsse“ von sich selbst mitzuteilen und die Schnappschüsse oder „Blitzlichter“ anderer realistisch einschätzen zu können. Spontane und kurze Interaktion ist gefragt, der klassische Small Talk, und Taktgefühl wird großgeschrieben, ein Gespür für das richtige Maß von Nähe und Distanz. Der Blickkontakt darf etwas länger ausfallen, Berührungen sind bestenfalls kurz und ohne größere Bedeutung. Sich an spielerischen Aktivitäten in der Gruppe zu beteiligen, ist wichtig. Sowohl defensive als auch offensive Verhaltensweisen sind gefragt. Es geht darum, dem anderen ein guter Nachbar bzw. Nächster zu sein.
  • Im persönlichen Raum sollte man Vertraulichkeit wahren können. Hier bekommt man auch Privates erzählt und sollte sich für den anderen auch persönlich interessieren und um die Beziehung kümmern. Oft sind es Gespräche unter vier Augen mit intensiverem Blickkontakt, der jedoch nicht ins Intime wechselt.
  • Im intimen Raum geht es noch mehr darum, wer ich eigentlich bin und nicht mehr so sehr darum, was ich tue. Rollen treten in den Hintergrund, aber ein gutes Gefühl für die eigene Identität mit unseren Eigenarten, Stärken, Schwächen und Grenzen ist wichtig. Blick- und Körperkontakt fallen entsprechend inniger aus als in anderen Beziehungen.

Gruppen in Gemeinden, sagt Myers, sind für die meisten Leute deswegen interessant, weil sie dort Nachbarn und Bekannte suchen. Geht das Gespräch oder der Austausch ins Persönliche, dann wünschen sich manche schon wieder die Knabbersachen und den Plauderton der Ankomm-Phase wieder zurück. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einer beliebig zusammengewürfelten Gruppe von acht bis zwölf Leuten jeder die nötigen Kompetenzen mitbringt, die persönliche Beziehungen erfordern, ist nicht sehr hoch. Wenn sich eine Gruppe jedoch in einem größeren Kontext gefunden hat, klappt es eher. Bei sehr intimen Selbstmitteilungen fühlen sich allerdings viele ganz plötzlich sehr unwohl. Statt also Intimität zu betonen, sollte man den Schwerpunkt auf soziale und persönliche Kontakt setzen und darauf vertrauen, dass sich intime Freundschaften dann von selbst entwickeln. Vieles hängt von zwanglosen, im positiven Sinne „unverbindlichen“ Möglichkeiten zum „Andocken“ ab. Zu schematisch und mit einem zu hohen Anspruch an Verbindlichkeit heranzugehen ist eher hinderlich.

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