Die Warnungen vor ökologischen Katastrophen, besonders die drastischen, führen bei der Mehrheit der Menschen dazu, dass man das Problem verdrängt und den Kopf in den Sand steckt – ein Phänomen, das sich auch im NSA-Skandal beobachten ließ. Lieber zweifelt man die Glaubwürdigkeit derer an, die auf solche Dinge hinweisen, zumal man den Klimawandel ja nicht unmittelbar zu spüren bekommt, sondern immer nur mittelbar. Je eindringlicher die Warnung, desto größer das Desinteresse – Jeremia lässt grüßen.
Doch auch bei den Menschen, die sich nicht einfach Augen und Ohren zuhalten, wirken sich solche düsteren Botschaften über die Folgen unseres Raubbaus am blauen Planeten negativ aus. Psychologen sprechen, wie Kathrin Bruder in einem sehr lesenswerten Bericht für die taz schreibt, von der doom(er) depression. In Neuseeland und Australien stiegen nach den vielen großen Naturkatastrophen der letzten Jahre die Selbstmordraten in den betroffenen Gebieten spürbar an.
Der Artikel bezieht sich positiv auf die Ansätze der Transition-Bewegung, die nicht nur kognitiv aufklärt und informiert, sondern Menschen zum Gespräch zusammenbringt, bei dem Schmerz und Verzweiflung über die Zerstörung der Schöpfung thematisiert werden können. Auch das Schweigen und die Meditation haben dabei einen Platz, denn über die christliche Mystik besteht eine Brücke zur Tiefenökologie. Aber dann unternimmt man gemeinsam auch konkrete Schritte in Sachen nachhaltiger Lebensstil, jeder fängt da an, wo er kann und wo es Spaß macht.
An dieser Stelle besteht für das westliche Christentum noch ein gewisser theologischer Nachholbedarf, der mir immer wieder auffällt, wenn ich mir wie in den letzten Wochen und Monaten immer wieder den engen Bezug der keltischen Christen zur Schöpfung vergegenwärtige. Sie haben die Welt, in der sie lebten gewiss nicht romantisch und naiv verklärt oder spirituell überhöht, auf der anderen Seite war sie aber auch keine leblose Materie und kein stummes Objekt wie für das moderne Denken seit Descartes. Stattdessen verstanden sie die Schöpfung als Sakrament.
Die enge Verbindung zwischen den Geburtswehen der neuen Welt aus der alten und dem erneuernden Werk des Geistes Gottes, von dem Paulus in Römer 8 spricht, ist uns spätestens im Zuge der Industrialisierung weitgehend abhanden gekommen. Und damit fehlt auch eine prophetische Stimme der Hoffnung im Gespräch über Klimawandel, Energiewende, Rohstoffkrisen und was da noch alles ansteht. Gott, der in der Geschichte Christi rettend eingreift, greift damit auch rettend in die Geschichte seiner Welt ein. In der Abendmahlsliturgie der Iona Community heißt es zum Beispiel:
Liebender Gott, durch deine Güte bringen wir dieses Brot und Wein
die die Erde hervorgebracht und Menschenhände gemacht haben
Lass uns deine Gegenwart erkennen, wenn wir dieses Brot teilen
so dass wir deine Berührung erkennen in jedem Brot und aller Materie
Die weitgehende Reduktion der Umweltpolitik und Ethik auf das Ökonomische jedenfalls hat dem gesellschaftlichen Diskurs bei uns nicht gut getan. Bruder zitiert den Umweltpsychologen Florian Kaiser, der nüchtern das „Rebound-Phänomen“ beschreibt: „Wer sich nur wegen finanzieller Anreize umweltbewusst verhält, wird zwar reicher, verkonsumiert dieses zusätzliche Geld jedoch wieder, da das Energiesparen ja nicht aus einer inneren Überzeugung herrührt.“