Als Obama seine zweite Amtszeit antrat, haben einige Kommentatoren geschrieben, nun habe er die Chance, doch noch ein großer Präsident zu werden. Eine Wiederwahl sei nicht möglich, nun könne er befreit von Zwängen und Erwartungen das Gute und Richtige tun.
Derzeit sieht es jedoch nach dem Gegenteil aus. Mag sein, dass wir nun Obamas wahres Gesicht sehen, aber den wenigsten dürfte gefallen, was sich da zeigt, nämlich der distanzierte Drohnenkrieger und Datenscanner. Das Komitee für den Friedensnobelpreis wird seine Vorschusslorbeeren vermutlich längst bereut haben. Matthias Rüb hat die Empfindungen vieler in der FAZ schön auf den Punkt gebracht:
Hinter der „coolness“ von Obama verbirgt sich eine kalte Machttechnik, die Wählergruppen, Völker und ganze Weltgegenden nur als Datencluster erfassen kann. Altmodische Tugenden der Diplomatie wie Geschichtsbewusstsein, Verlässlichkeit oder Vertrauenspflege sind Obama fremd. Statt mit Staatsgästen über die Familie zu plaudern und dabei die Grundlage für persönliche und politische Partnerschaft zu schaffen, lässt sich Obama lieber von seinen Adlaten die neuesten Zahlenkolonnen, Abhörprotokolle und Satellitenaufnahmen präsentieren.
Jetzt, wo alle verstehen, wie Obama das mit dem „Zuhören“ unter Verbündeten tatsächlich gemeint hat, sind neue Allianzen gefragt, die dazu helfen, sich technologisch vom allzu großen Bruder und seinen seltsamen Definitionen von Freundschaft und Partnerschaft zu emanzipieren. Ob unsere zukünftige Regierung den Mut hat, für Bewegung zu sorgen, bleibt abzuwarten. Dass allen Ernstes die Herren Pofalla und Friedrich wieder ins Rennen geschickt wurden diese Woche, die sich in dieser Sache ja schon durch außergewöhnlichen Mut und bestechendes Urteilsvermögen ausgezeichnet haben, spricht leider kaum dafür.