Krankes System Schule?

Heute zitiert die SZ eine Grundschullehrerin, deren Klasse dem Schulamt zu gut ist, mit diesen Worten:

Ein Fünferschüler bleibt ein Fünferschüler, egal wie viel Nachhilfe er bekommt, wie sehr sich seine Lehrerin auch um Förderung bemüht, einfach weil es Fünferschüler geben muss. Wir werden genötigt, Versager zu produzieren!

Denn wenn er besser wird, werden einfach die Anforderungen verschärft, damit der Schnitt wieder stimmt. Bildung mit einem vorab längst festgelegten Durchschnitt, und das heißt: Mittelmaß, als Vorgabe. Der einzelne zählt dabei gar nicht. Für Lehrer wie Schüler gleichermaßen deprimierend.

Während die hiesige Staatspartei den Status Quo aus Kostengründen schönredet, haben die Grünen Kati Jauhiainen aus Finnland eingeladen, das bildungspolitisch eine andere Welt zu sein scheint. Wir brauchen offenbar nichts weniger als einen völligen Mentalitätswechsel:

Kinder bräuchten das Gefühl, etwas geschafft zu haben, sagt Kati Jauhiainen und staunt ihrerseits über die deutsche Realität. Über Schüler, die sich vor lauter Angst krank in die Schule schleppen, über Lehrer, die bei Elterngesprächen nicht mehr als den dürren Rat parat haben, das Kind müsse sich eben mehr anstrengen. Dafür, so die Referentin, würde sich jeder finnische Lehrer schämen.

Solche Gespräche kenne ich nur zu gut. Bei einem der letzten hatte ich das Gefühl, dass der Lehrer (Mathematik, mit Sport im Nebenfach) eher seinen Ehrgeiz daran setzte, den Schülern bei Prüfungen ihre Lücken und Grenzen vor Augen zu führen (und damit die eigene Überlegenheit…), als ihnen ein Erfolgserlebnis zu vermitteln.

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4 Antworten auf „Krankes System Schule?“

  1. moin,
    ich kann diese finnland-elegien nicht mehr ertragen ! jede partei (auch im hessen wahlkampf) MUSS irgendwie einen redner aus finnland auftreiben sonst nimmt man ihr eine glaubwürdige opposition in sachen kultuswesen nicht ab. wie in so vielen anderen bereichen wird hier eine bewusste engführung der diskussion betrieben. Warum hört man nie etwas davon, dass finnland das EU-land mit dem stärksten boom an privatschulen ist ? immer mehr eltern sehen ihre begabten kinder in der einheitsschule verkümmern. es gilt auch in diesem bereich: you cant havce the cake and eat it, allen kann man es nicht recht machen, deshalb ist ein differenziertes schulsystem m.e. immer noch die beste möglichkeit
    begabungsgemäß zu fördern. was wir in seutschland daraus gemacht haben ist natürlich eine andere (traurige) sache. wenn man sich den betreuungsschlüsses der finnischen schulen anschaut wird einem auch sofort klar: soviel knete wird KEIN deutscher politiker jemals in die hand nehmen (können!). natürlich teile ich aber im übrigen die o.a. kritik am dumpfen zensurunwesen. ein freund meiner tochter hatte in der ersten note im diktat eine 6, so etwas motiviert natürlich nachhaltig…

  2. Solange man sich auclh in der Schule an der Gauss’schen Normalverteilung hinsichtlich Intelligenz und Leitung orientiert, wird es in der Tat immer auch „Fünfer-Schüler“ geben … das ist ein ehernes Gesetz 😉 Immerhin greift dieses Gesetz dann nicht mehr so zuverlässig, wenn es um die weitere Schullaufbahnempfehlung geht, da sind dann doch die „Guten“ mit der „Gymi-Empfehlung“ statitisch betrachtet nicht mehr im Normbereich …

    Ich halte viel davon, in der GS auf jegliche Zensuren zu verzichten und tatsächlich die individuellen Stärken eines Kindes zu fördern und seine Defizite behutsam auszugleichen, dass sie sich gar nicht erst als Defizit manifestieren können. Aber dazu müsste in der Tat eine kleine Revolution passieren, und zwar vor allen Dingen BEI DEN ELTERN !!!!, die immer ganz selbstverständlich erwarten, dass ihr Kind zu den Besten, sicher aber wenigstens zu den Guten gehört!

    Was mich viel stärker irritiert, dass alle paar Jahre wieder die Landesschulbehörde ganz „plötzlich“ feststellt, dass die älteren Lehrer pensioniert werden und damit ein nicht vorhersehbarer Lehrermangel ins Haus steht …
    so auch jetzt wieder in „meinem“ Bundesland Niedersachsen!

  3. Nachtrag:
    Wohl jede Grundschullehrerin und jeder GS-lehrer kann ein Lied davon singen, wie sehr Eltern ihre Kinder unter Druck setzen und davon, dass unter einer Klassenarbeit nicht einfach nur ein Text steht, in dem der Lehrer dem Kind ein Feedback auf die Arbeit gibt, sondern eine Note, die man stolz der Nachbarin / besten Freundin / der blöden Schwägerin / den Großeltern oder wem auch immer mitteilen kann „Mein Fifi hat eine 2+ im Aufsatz“!

    Ebenso halten viele Eltern ein Notenzeugnis für besser als ein Berichtzeugnis, bei dem sehr bewusst auf eine Benotung durch die „Zahl“ verzichtet wird … aber wie soll man den oben genannten auch den ganzen Zeugnistext verklickern, da machen sich die „Einser“ und „Zweier“ viel besser, einen „Dreier“ gibt man nur noch verschämt zu und die „Vierer“ und „Fünfer“ schon gar nicht…

    Es sind vor allem die Eltern, die zwar wenig bis keine Ahnung von Pädagogik haben, aber dafür umso mehr von „Schule verstehen“ und damit ihrer Kindern und deren Lehrern das Leben immer schwerer machen…

    Ich kann ein Lied davon singen …

    Wäre ein schönes Blogthema, jetzt so in der Ferienzeit und vor der Einschulung des hoffnungsvollen Nachwuchses …

  4. Ja, das wirklich Groteste an der SZ-Story ist, dass der Aufstand von den Eltern der Parallelklassen kam. Ich kann ja den Frust verstehen, wenn die eine Klasse eine Ausnahme-Lehrerin hat und Dein Kind halt nicht (wie fast alle anderen…). Aber dann das notentechnische Prokrustesbett als Lösungsweg zu wählen, das ist armselig.

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