ef10: Muntere Diskussionen

Ich habe noch etwas gebraucht, um das Emergent Forum innerlich auszuwerten. Vieles haben andere schon erwähnt: die tolle Aufnahme im Weigle-Haus, die vielen „Neuen“, die vielfältigen, oft sehr kreativen Beiträge und die große Themenvielfalt. Dazu natürlich: Wiedersehen mit alten Freunden, gute Gespräche mit so manchen neuen Bekannten in einer fröhlichen Umgebung.

Richtig gut hat mir auch der Altersquerschnitt gefallen, mit sehr vielen jungen, aber eben auch einem stabilen Anteil von Leuten so eher Richtung Lebensmitte, von denen waren auch schon einige letztes Jahr dabei. Dass sie wiedergekommen sind, ist auch ein gutes Zeichen. „Emergenz“ ist also keine Frage des Alters, und auch nicht der Konfession.

Besonders gefreut hat mich, dass Walter Faerbers Anstoß zur Neubelebung der müden Initiative Theologie auf so große Resonanz gestoßen ist. Wir planen für nächstes Jahr ein Treffen, wo wir mal so richtig die Köpfe rauchen lassen wollen. Inhaltlich wird es um die Frage gehen: „Was ist das Evangelium?“

An manchen Punkten konnte auf dem Form die Frage nach dem dritten Weg nur angerissen werden. Ob wir zu jedem (vermeintlichen) Gegensatzpaar einen finden, ist für mich immer noch offen. Den Mitwirkenden der meist kurzen Einheiten war das in der Regel zwar klar, aber vielleicht nicht allen TeilnehmerInnen. Womöglich wäre es hilfreich gewesen, mit allen gemeinsam noch etwas intensiver darüber nachzudenken, wie das mit dem dritten Weg „funktioniert“, bevor man es konkret durchspielt. Wenn man von den Gegensätzen und Polaritäten ausgeht, verstellen sie einem allzu leicht den Blick, oder man bleibt in der Reaktion insofern stecken, als man das, was man ablehnt, nur in sein Spiegelbild verkehrt, nach dem Motto: Ich habe unter autoritären Leitern oder Eltern gelitten, also darf jetzt keiner mehr Macht ausüben, egal in welcher Form.

Es gibt ja durchaus hilfreiche Beispiele: Statt biblische Irrtumslosigkeit (konservativ) zu verteidigen oder alles, was man nicht mag und versteht, mit den Mitteln historisch-kritischer Exegese als fromme Legende oder vormoderne Naivität abzutun, können wir mit Walter Brueggeman anfangen, die Bibel als ein Buch zu lesen, durch das Gott unsere Sehgewohnheiten, unsere Phantasie und unser Denken neu formt. Etwas platt gesagt: Es geht nicht um Information, sondern um Transformation. Es geht weniger um einzelne Aussagen, als um die Gesamtrichtung der Texte. So ähnlich argumentiert auch Richard Rohr in Ins Herz geschrieben (und was mich schon immer gewundert hat: je mehr manche Leute das Wirken des Geistes bei der Entstehung der Schrift betonen („Inspiration“), desto weniger kommt er bei deren Interpretation noch vor).

Ich denke durchaus, dass wir an einigen Stellen diese Gegensätze überwunden haben – dass das Evangelium auch politische Seiten hat, scheint mir wirklich keine Frage mehr gewesen zu sein unter den Anwesenden. Die Frage war nur noch, was man den Kritikern – kirchlich wie säkular – dann antwortet. Und bei manchen Themen, etwa beim „richtigen“ Führungsstil oder der Gestaltung von Veränderungsprozessen, scheint mir ja eher emotionale Intelligenz und Augenmaß gefragt, als ein grundlegender Wechsel paradigmatischer Anschauungen, wie es die Rede vom „dritten Weg“ impliziert.

Die Themen gehen uns also noch lange nicht aus… 🙂

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Eine Antwort auf „ef10: Muntere Diskussionen“

  1. Hey Peter!
    Danke für Deine Eindrücke. Auf das Theologen-Treffen freue ich mich ebenfalls sehr und gespannt drauf.

    Sehr cool übrigens, daß Du Walter Brueggemann erwähnst. Der Mann hat wirklich einiges zu sagen. Hoffe, daß er irgendwann eine ähnlich hohe Popularität genießt wie N.T. Wright (nicht wegen seiner Person, sondern wegen seiner innovativen Ansätze zum Bibelverständnis).

    Viele Grüße,
    Philipp

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