Passend zum historischen Datum habe ich gestern Die Jüdin Edith Stein gesehen. Erzählerisch bleibt es hinter Hannah Arendt weit zurück, wenn man sich mit der Person befassen will, ist es trotzdem kein schlechter Einstieg.
Die Geschichten beider Frauen ähneln sich ja an manchen Stellen: Sie waren beide Jüdinnen und Philosophinnen, die eine Schülerin von Husserl, die andere von Heidegger, beide erleben einen schmerzlichen Bruch mit Familie oder Freundeskreis. Aber Hannah Arendt wanderte aus, Edith Stein trat in den Karmelitinnenorden ein und starb schließlich in Auschwitz.
Von der Kontroverse um das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Edith Stein berichtet dieser Spiegel-Artikel von 1987.
Ein kurzes Portrait zum 120. Geburtstag von Edith Stein erschien im Dezember 2011 im Schlesien Journal:
Hannah Arendt und „jüdische Herkunft“ ??? Sie war Jüdin und hat sich meines Wissens nie davon distanziert.
Ja, klar. Ich wollte damit auf keinen Fall sagen, dass sie sich jemals distanziert hätte.
Und warum kann man dann nicht einfach sagen oder schreiben, daß sie Jüdin ist ? Ich erlebe in kirchlichen Kontexten oft die Frage nach meinem „jüdischen Hintergrund“ oder meiner „jüdischen Herkunft“ („haben Sie einen jüdischen Hintergrund“ oder „sind Sie jüdischer Herkunft“) und meine Nachfrage ergibt dann oft, daß man sich nicht traut „Jude“ bzw. „Jüdin“ zu sagen.
Wenn ich jemanden fragen würde, ob er „evangelischer Herkunft“ sei (eine ungebräuchliche Redewendung – wie ich finde), dann impliziert das, daß da mal irgendwann in der Familie was mit evangelisch war, aber kein akuter Bezug dazu vorhanden ist, also eine Form der Distanzierung.
Im Hinblick auf Hannah Arendt stellt sich dann die Frage, ob sie sich vom Judentum distanziert hat oder der Verfasser sie vom Judentum „distanziert“.
Vielleicht habe ich es (ohne über die möglichen Implikationen nachzudenken) so formuliert, weil es als Attribut zum Substantiv „Philosophinnen“ steht. Ich ändere den Text oben.
Ich habe es in der evangelischen Kirche vor allem bei Vertreterinnen einer „gerechten Sprache“ gehört, dass viele ihrer jüdischen Freunde und -Innen das Wort „Juden“ nicht mehr hören mochten, weil es (zumindest als deutsches Wort) durch die Verfolgung von Juden belastet sei und sie daran erinnere. Viele hätte es erleichtert, wenn man sie „Jüdische“ oder „jüdische Menschen“ nannte.
Ich hatte schon, als ich es hörte, Zweifel, wie repräsentativ diese Erfahrungen waren. Andere Juden sagen es nämlich genau andersherum.
@andreas: Ich habe noch keinen einzigen jüdischen Menschen kennengelernt, für den das Wort Jude oder Jüdin ein Problem wäre. Es sind nicht-jüdische Deutsche, die damit Probleme haben – und da ich reichlich Menschen aus dem Umfeld von „Bibel in gerechter Sprache“ kenne und deren (Sprach-)Gewohnheiten, bestreite ich diese Aussage.
Ich habe das so aus dem Mund der damaligen Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter gehört, die damit nach eigener Aussage einige Sprachentscheidungen der BigS verteidigte. Natürlich kann es in dem Umfeld auch andere Meinungen geben.