Bindung und Entwicklung

Im LebensART Team gestern haben wir eine Weile darüber diskutiert, warum sich einerseits so viele Leute nach dauerhaften Beziehungen sehnen, andererseits aber die allgemeine Frotzelei ausbricht, wenn zum Beispiel jemand heiratet.
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Eine Erklärung wäre, dass hinter dem sachten Zynismus Selbstschutz steckt. Wir haben so viel Scheitern erlebt, dass es sinnvoll scheint, sich schon mal darauf einzustellen, dass es mich auch irgendwann erwischt. Bei zu viel Optimismus ist der Katzenjammer dann zu groß.
Andererseits
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Hat er oder hat er nicht?

Ist Saul auch unter den Propheten? George Bush macht momentan Schlagzeilen als Gotteskrieger im Auftrag des Herrn. Das weiße Haus dementiert, Tony Blair schweigt über ein angebliches Gebetstreffen in Sachen Irakkrieg. Welches Interesse verfolgt der Palästinenser Nabil Shaath, der die Sache der BBC verraten hat, wenn alles eine Ente ist?

Ich sitze gerade über einer Predigt zu 1. Könige 22: Ahab will gegen die Aramäer in den Krieg ziehen und bekommt grünes Licht von 400 Propheten – außer von einem. Der muss zwar wegen seiner Miesmacherei ins Gefängnis, aber er behält Recht: Ahab überlebt den Kampf nicht.

Wahre oder falsche Prophetie – so aktuell kann ein Text sein. Ob George Bush auch einen Dissidenten unter seinen Propheten hatte? Ob er den Irak und die Folgen politisch überlebt? Oder hat er am Ende Recht – und sei es nur deshalb, weil die Sieger die Geschichte schreiben?
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opti- oder pessimystisch?

Madonna macht es vor: Mystik liegt voll im Trend. Also ist Unterscheidung die erste Christenpflicht. Dazu muss man natürlich begriffliche Distinktionen schaffen.

Ich finde, wir könnten positive, angenehme und fröhliche Mystik als optimystisch bezeichnen, und Mystik, die depressiv stimmt oder wirre Gedanken und apokalyptische Schrecken hervorruft ist dann pessimystisch.

Und wo gehört nun Madonna hin?

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Ich liebe meine Stadt

Patriotische Statements auf Deutsch wie “ich liebe unser Land” wirken ja manchmal etwas gequält. Aber bei Städten lässt sich das für mein Empfinden ganz unbefangen sagen – da klappt die Identifikation. Gestern bin ich in goldenem Oktoberwetter aus der Nachbarstadt Fürth zurück nach Erlangen geradelt und habe das wieder einmal intensiv empfunden. Nicht, weil diese Stadt perfekt wäre oder objektiv besser als alle anderen. Über vieles kann und muss man sich vielleicht auch mit Recht lustig machen. Aber das gilt für meine Familie auch…

Denn es gibt eben eine Menge liebenswerte Seiten. Ich habe mir nun vorgenommen, die alle mal in Ruhe aufzuschreiben, andere Leute zu befragen und vielleicht ein paar Fotos zu schießen, die diese Dinge versinnbildlichen. Ich weiß nicht, ob ich immer hier leben werde, aber so lange wie ich hier bin, werde ich es fröhlich und dankbar genießen.

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Kunstnamen-Kinder

In einem Gespräch gestern kamen wir darauf, dass sich bei Kindern (besonders Mädchen) in letzter Zeit Namen häufen, die irgendwie so klingen, als hätte sie ein Kosmetik- oder Autokonzern erfunden: Sie lehnen sich an scheinbar vertraute Namen an, aber irgendwo hat man einen Buchstaben oder eine Silbe ausgetauscht oder hineingemogelt und – schwupps – war ein neuer Name geboren.

Ist das die Suche nach mehr Individualität in der Massengesellschaft? Will man keine Copyrights verletzen? Schwierig wird es dann zum Beispiel für Lehrer, die sich die feinen Unterschiede merken müssen. Ich weiß schon, jetzt müsste ich eigentlich Beispiele nennen. Aber ich will es mir ja mit den Eltern nicht verderben.

Wer sich auch ohne Nennung schon auf den Schlips getreten fühlt: Schiebt es darauf, dass jemand mit so einem Allerweltsnamen wie ich durch solche Posts seine Komplexe verarbeitet 😉

Zum Staunen, Schmunzeln oder Nachmachen hier die Vornamen der Woche für aktuelle Babys:

Babynamen der Woche:
Änna Katrina * Ashley Evelyn * Frederik Maximilian * Deike * Till Cedric * Marie-Isabel * Merle * Marissa * Lina Leonie * Maybritt * Tobias-Patrick * Tyler * Kiara-Melina * Anna-Celina * Arthur Eduard * Sigrun * Till * Mika * Tobias * Hannah * Chantal * Ole * Lucienne * Michel * Max Linus

Zwillingspaar der Woche:
Jarah-Eefke und Noah Andrees

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Alles im Fluss

Seit dem unerwarteten Wahlausgang werden plötzlich Lösungen diskutiert, die noch Stunden zuvor völlig undenkbar waren. Mal ganz abgesehen davon, wie die Jamaika-Debatte noch endet, finde ich das reizvoll und ein Gewinn für die ramponierte politische Kultur.

Vielleicht ist das ja die Botschaft der Stunde – nicht nur für die Politik: Denkt über ungewöhnliche Koalitionen nach, überwindet alte Frontstellungen und Vorurteile, lasst euch auf ein spannendes und anstrengendes Miteinander ein, denn es geht um die gemeinsame Zukunft und nicht die eigene Bequemlichkeit oder Überlegenheit. Sucht das Gemeinsame und das Verbindende, statt endlos auf den Unterschieden herumzureiten.

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Benebelt?

Meine Tochter kam eben aus der Schule mit interessanten Neuigkeiten: In der Geschichtsstunde haben sie die Wahl und die Berliner Runde besprochen und gerätselt, ob Gerhard Schröder gestern angetrunken war bei seinem Fernsehauftritt. Das wäre eine genial einfache Erklärung für sein seltsames Verhalten – Doris fand es offenbar “krawallig”, andere Kommentatoren peinlich. O-Ton Harald Schmidt: “Es ist erstaunlich, was so ein Mineralwasser auslösen kann!”

Ähnlich benebelte Assoziationen weckt der Ausdruck “Jamaika-Koalition”. Könnte die uns am Ende eine Reggae-ierung bescheren? Passen die Grünen in Angela Merkels Rasta oder steht wieder ein Frisurwechsel an? Warten wirs ab…

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Langweilige Ewigkeit?

Bei einem Spaziergang am äußersten Westzipfel Frankreichs gestern haben wir über die Frage nachgedacht, ob es in der Ewigkeit nicht langweilig werden würde. Ich denke, das wird es sicher nicht, sondern wir haben eine Menge spannender Dinge zu tun. Es beginnt damit, dass die Bibel (wenn man sie nicht durch die neuplatonische Brille liest) glasklar sagt, dass sich “der Himmel” auf der Erde und nicht im Äther abspielt. Ich könnte mir vorstellen, dass Gott uns wieder als Gärtner einstellt und wir alles wieder ins Lot bringen, was die Menschheit in der Schöpfung so zerstört hat über die Jahrhunderte, besonders im letzten. Finistere – das „Ende der Welt“ (in Wirklichkeit nur das Ende Frankreichs…) bietet genug Natur, um sich das vorzustellen: Nachts hörte man ein Käuzchen und der Sternenhimmel war so klar wie er in der Stadt nie ist.

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Aber es geht ja nicht nur um Natur, sondern auch um Kultur:
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Trauer um Frère Roger

Gestern spät abends berichteten die Nachrichten vom Mord an Frère Roger Schutz, dem Prior von Taizé. Es hat mich aus drei Gründen tief bewegt:

Erstens war ich als 14 Jähriger zu Pfingsten in Taizé und habe meine ersten tiefen, bewussten Erfahrungen mit Gott in der Kirche gemacht, in der das Attentat verübt wurde. Dass der Wahnsinn (es war in jedem Fall einer, wenn auch vielleicht kein psychiatrisch relevanter) an diesen Ort dies Friedens vordringen kann, ist schlimm.

Zweitens verliert die Kirche einen großen und eigentlich immer noch dringend benötigten Brückenbauer und drittens verliert der Protestantismus seine wohl größte spirituelle Persönlichkeit, jemand der mit Johannes Paul II. nicht nur auf guten Fuß stand, sondern an Ausstrahlung und Glaubwürdigkeit gleichziehen konnte und so eine ähnliche Wirkung auf die junge Generation entfaltete. Ein “Heiliger”, ohne Zweifel.

Kein guter Tag. Kardinal Meisner hat festgestellt, dass (wieder einmal!) ein Versöhner und Friedensstifter Opfer einer Gewalttat wurde. Wie hatte Chesterton in seiner Orthodoxie geschrieben? “(A)ny man who preaches real love is bound to beget hate. It is as true of democratic fraternity as of divine love; sham love ends in compromise and common philosophy; but real love has always ended in bloodshed.

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Vergaloppiert

In den Augen vieler denkender Menschen hat unser Ministerpräsident sich in den vergangenen Tagen zunehmend weiter ins Abseits geredet. In Berlin braucht er sich, wenn die Union doch noch gewinnt, jedenfalls nicht mehr sehen lassen. Sicher findet sich der eine oder andere Stammtischbruder, der findet, sowas gehörte schon lange einmal gesagt (da wäre es nur interessant, was derselbe Biertrinker zu anderen Themen denkt…).

Es ist eine Sache, sich zu vergaloppieren. Es ist eine andere, es nicht einzusehen und/oder zuzugeben.
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Evangelikal UND Intellektuell?

Im aktuellen Aufatmen-Heft schreibt Markus Spieker unter dem Titel “Tiefgang und Testosteron” (bitte – geht es denn hier nur um Männer?) unter anderem davon, dass der deutsche Evangelikalismus durch eine geistige (nicht geistliche) Enge bei christlichen Intellektuellen für lange Gesichter sorgt und am Glauben interessierte (noch-nicht-christliche) Intellektuelle kaum noch erreicht. Da hat er wohl Recht.

Noch nachdenklicher hat mich gemacht, dass etwas später eine Liste geistig-geistlicher Vordenker und Vorbilder folgt (Pascal, Kierkegaard, C.S. Lewis, Bonhoeffer), von denen auch noch extra vermerkt wird, dass sie keine Evangelikalen seien. Was zu der Frage verleitet, ob intellektuelle Impotenz (ah, deswegen “Testosteron”?) schon in der Genetik der Bewegung verankert liegt.
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Ausgeschlossen

Eine e-mail hat mich eben an einen Gedanken von neulich erinnert: In Genesis 12 sagt Gott, dass er durch Abraham allen Völkern Segen bringen will und dann kommt (mit höchst problematischer Wirkungsgeschichte) der Satz, dass Gott die verflucht, die Abraham verfluchen.

Manche begründen mit diesem Satz eine Art christlichen Zionismus. Ich denke, dass der Zusammenhang eine ganz andere Deutung nahe legt.
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Gurus, Mentoren und transformatorisches Lernen

Nächsten Samstag wirke ich bei einem Seminar zum Thema “Mentoring” mit und bin mitten in den Vorbereitungen. Dabei bin ich auf einen Artikel von Elizabeth Debold zur Zukunft der Schüler-Lehrer-Beziehung gestoßen. Vielleicht ist er um so interessanter, als ihm der christliche Hintergrund völlig fehlt. Sie setzt sich engagiert und detailliert mit dem Buch “Do you need a Guru?” von Mariana Caplan auseinander. Caplan beschäftigt sich ihrerseits mit der Autoritätskrise östlicher Spiritualität nach den Guru- und Sektenexzessen des 20. Jahrhunderts (zu denen es wenigstens weitläufige Parallelen in verschiedenen christlichen Strömungen gab).

Die Lehrer-Schüler Beziehung als der wichtigste Kontext für echte Transformation – also ein Lernen, das die Person verändert und nicht nur ihren Kenntnisstand – hat im letzten Jahrhundert durch den beispiellosen Vertrauensschwund in so gut wie alle Autoritäten (beziehungsweise deren Integritätsverlust) schwer gelitten. Bezold meint “wir sind zu aufgeklärt, um die Rolle des Abhängigen in einer autoritären Beziehung anzunehmen. und nur allzu oft ist der Wunsch nach einem Lehrer tatsächlich mit all unseren anderen Motivationen vermischt, welche mehr mit Bequemlichkeit und Trost zu tun haben als mit echter Transformation.”
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Orale “Potenz”?

Neulich kam eine der verbreiteten Viagra-Spams mit der netten Formulierung “oral potency pill”. Das wäre eine wesentlich interessantere Variante des Präparats. Zu klären wäre, ob orale Impotenz darin besteht, dass man nichts zu sagen hat oder es nicht in (die richtigen) Worte fassen kann?

Jedenfalls gäbe es einen Markt für die Pillen: “In 30 Minuten zum Power-Prediger”. “Reden Sie Stunden ohne dass ihre Zuhörer einschlafen oder wegbleiben.” Nicht nur Prediger, auch Wahlkämpfer würden sich damit dopen. Wenn keine Kontrollen eingeführt werden! Was, wenn Oskar Lafontaine oder Guido Westerwelle positiv getestet würden? Folgt dann die Disqualifikation bei positiver B-Probe?

Bei Gregor Gysi glaubt niemand, dass er das nötig hätte. Er muss auf seine Gesundheit achten und es könnte mit den Nebenwirkungen Probleme geben. Über die zu spekulieren wäre auch noch spannend.

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Nichts zu verschenken?

Letzten Sonntag habe ich eine sehr inspirierende Predigt über Jesaja 56 gehört, zum Thema Barmherzigkeit. Am Ende stand mir wie aus dem Nichts der Satz vor Augen “Wir haben hier nichts zu verschenken”. Hier treffen sich das Judentum des 5. Jahrhunderts vor und Deutschland im 21. Jahrhundert nach Christus: Man muss nur die Zeitung aufschlagen oder die Nachrichten anschalten. Ganz zu schweigen vom gewaltigen Appell der Live8 Konzerte (auch wenn offenbar nicht jeder den Akteuren oder dem Publikum uneingeschränkte Ernsthaftigkeit unterstellen möchte und Alibi-Aktionen oder Trittbrettfahrer vermutet). Dabei geht es für uns nicht alleine um Geld und Status (die Verengung ist schon Teil des Problems), sondern auch um Anteilnahme, Zeit zum Zuhören, Geduld, Privilegien und vieles andere.
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