Bibel pervers

Spiegel online zeigt ein paar PowerPoint Folien von Donald Rumsfeld, auf denen dieser Kriegsnachrichten aus dem Irak mit Bibelversen garniert hatte. Mit Verlaub, dieser Umgang mit der Bibel ist pervers: Wenn Bilder von US-Kampfbombern, Panzern und Marines mit dem Aufruf Gottes an den militärisch und waffentechnisch hoffnungslos unterlegenen Josua, doch mutig und unerschrocken zu sein, kombiniert werden, dann stellt das die Verhältnisse eben gerade auf den Kopf. So gesehen hätte Gott – wenn man denn schon unbedingt annehmen will, dass er Partei ergreift – doch eher auf der Seite der Irakis gewesen sein.

In Crown of Lights gibt es einen interessanten kleinen Dialog, wo Merrily Watkins‘ Tochter Jane sich fragt, ob es analog zur schwarzen Magie auch eine Art black christianity gibt, wobei „schwarz“ eben weder im politischen noch im ethnischen Sinn gebraucht wird, sondern für die Bereitschaft steht, andere Menschen zu unterdrücken, einzuschüchtern, auszugrenzen und zu zerstören um die eigene Macht zu vergrößern oder zu behaupten.

Also das hier kommt schon nahe hin. Und es zeigt einmal mehr, dass Kontext alles ist. Einfach Bibelstellen zitieren kann ja – laut Bibel – selbst der Teufel…

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12 Antworten auf „Bibel pervers“

  1. Man fühlt sich tatsächlich um ein paar hundert Jahre zurückversetzt. Ich will lieber gar nicht wissen, was noch so alles an „schwarz-christlichem“ Gedankengut Einzug in die Bush-Politik bekommen hat. Mein Motto lautet eh: Traue keinem, der Dir Bibelstellen um die Ohren pfeffert!

  2. Krass ! Der Begriff pervers wirkt hier fast verniedlichend. Diese industriell/militärisch/religiöse Melange hat Amerika echt runtergezogen. Gestern abend habe ich eine DVD gedenen, die genau das in einer ziemlich krassen Satire thematisiert: „War inc.“mit John Cusack, Ben Kingsley u.a. es geht um den ersten vollkommen privatwirtschftlich geführten Krieg – dasselbe Unternehmen bombt erst alles kaputt, baut es dann wieder auf und verdient doppelt.
    Der Film hat mich insgesamt nicht weggerissen, aber es gibt schon sehr skurrile Szenen darin ! Es bleibt zu hoffen, dass wir hier über eine vergangene Epoche reden…

  3. Jeder Text steht in Gefahr, falsch zitiert zu werden. „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ Das war ein beliebter Spruch der Friedensbewegung. Makaber , dass es sich um eine Aufforderung Brechts handelte, gegen das Hiltlerregime im den Krieg zu ziehen! „..dann kommt der Krieg zu dir“ heißt es weiter. Ich empfehle Gelassenheit ohne auf eindeutige Stellungnahme (Bibelsprüche haben auf Waffen nichts zu suchen). Jedem zu misstrauen, der Bibelsprüche zitiert, ist albern. Selbst lesen macht schlau. Wer die Bibel, vor allem das neue Testament, intensiv, komplett und am besten mehrfach gelesen hat, wird nicht leicht durch falsche, verkürzte oder falsch eingesetzte Sprüche u beeindrucken sein

  4. Ich finde diesen Missbrauch von Bibelversen natürlich entsetzlich. Was mich aber noch mehr beunruhigt, ist die Meinungsmache, zu der Speigel Online und viele andere Medien immer mehr tendieren, nämlich Religion als Wurzel allen Übels zu brandmarken. In diesem Kontext kommt ihnen natürlich so eine Nachricht wie gerufen.

  5. @Christof
    Religion ist eine der Wurzeln allen Übels. Was hat Gotteskindschaft mit Religion zu tun? Wenn wir Christen weniger religiös, dafür aber lebendiger und „christusähnlicher“ wären, hätten der Spiegel und andere, die gegen Religion Stimmung machen möchten, ein Problem. Zumindest fiele es ihnen schwer, Christen in den Religionstopf zu werfen und verunglimpfen.
    @Peter
    Wie weiter oben bereits erwähnt, „pervers“ ist noch nett ausgedrückt.

    Grüßle, Sec

  6. @ 2nd attempt: Bei allem Wert von „Christusähnlichkeit“ – ich würde den Begriff „Religion“ jetzt nicht auch noch von christlicher Seite dämonisieren (im Sinne von Irrglauben als Gegensatz zu einer „echten“ Beziehung zu Gott). Von außen lässt sich das kaum unterscheiden, was was sein soll, weil Formen sich sehr ähneln (Beten, Gottesdienste, heilige Schriften, Moralvorstellungen etc.). Dann klingt so ein Anspruch, anders als alle anderen zu sein, eben auch schnell sehr elitär…

  7. Wer von uns hat denn im Rat Gottes gelauscht, dass er so genau weiss, ob Gott den Irak-Krieg gewollt hat oder nicht?
    Jesus sagt, dass wir jegliches Werk an seinen Fruechten erkennen sollen. Schauen wir auf die „Frucht“ des Irak-Krieges, dann stellen wir fest, dass die Welt einen gefaehrlichen Diktator weniger hat: Ein Massenmoerder, der sein ganzes Volk mit einem Stasi-aehnlichen Geheimdienst unterdrueckte, permanent seine Nachbarlaender mit Krieg ueberzog und mehr als eine Million Kurden und Schiiten mit Giftgas umbrachte und verfolgte.
    Dass die Iraker und Muslime mit der neu gewonnenen Freiheit nichts anfangen koennen und sich auch heute wieder gegenseitig umbringen, ist tragisch, unter dem Strich wohl das weitaus kleinere Uebel. Dass sich der scheinbar wahnsinnige Saddam die A-Bombe beschafft und damit seine Nachbarlaender traktiert haette, wenn er von den anderen Staaten nicht so praezise kontrolliert worden waere, steht fuer mich ausser Frage.
    Nur Gott kann in die Zukunft schauen. Wir nicht. Gott gestaltet sie. Wer kann zu 100 % ausschliessen, dass George W. Bush und Donald Rumsfeld Werkzeuge der Gottesgeschichte und Gottesgerichte waren, wie einst Nebukadnezar und Nebusaradan fuer das abtruennige Israel?
    Dann machen Bibelworte auch ein einem Heer Sinn.
    Ich mag diesen Hochmut jener Christen nicht, die alles wissen, alles koennen und die genau wissen, wie Gott auch in der Politik zu handeln hat und damit Christen, die in hohe Aemter gelangt sind, verunglimpfen, beschimpfen, ihnen das Christsein absprechen.Doch Achtung: Sie werden mit dem gleichen Maass gerichtet, mit dem sie die anderen gerichtet und verurteilt haben, wenn sie in diesem geistlichen Hochmut verharren.

  8. @ Jürgen: Niemand weint Saddam eine Träne nach, aber es geht um die Art und Weise, wie dieser Krieg mit systematischen Lügen vorbereitet und das dann auch noch religiös verklärt wurde.

    Man kommt außerdem einfach nicht daran vorbei, dass im Neuen Testament (und in der gesamten alten Kirche) die Verpflichtung zur Gewaltlosigkeit konstitutiv für Christsein war.

    Mehr muss man gar nicht wissen, man kann sogar hoffen, dass Gott aus den Fehlern etwas Gutes macht. Das rechtfertigt den Krieg deswegen noch lange nicht. Und so sehr Nebukadnezar „Werkzeug“ des Gerichts war, so hart fällt Gottes Urteil über Babylons Brutalität in der Bibel dennoch aus. So gesehen hast Du vielleicht auch wieder Recht…

    Deine Bemerkung über die Iraker und Muslime empfinde ich trotzdem mehr als zynisch. Diese vordergründige „Freiheit“ wurde ihnen aufgezwungen ohne einen richtigen Plan seitens der Sieger. Kein Wunder, dass es drunter und drüber ging im Irak und der Terror blühte wie selten zuvor.

    Zum Schluss: Hier wurde niemandem das Christsein abgesprochen, sondern es geht um einen verantwortlichen Umgang mit der Bibel. Niemand hat behauptet, alles zu wissen.

  9. Ich möchte noch zu bedenken geben, dass ja nicht 100% klar ist, wo die Folien herkommen. Der Spiegel-Artikel klingt schon recht eindeutig, aber bewiesen ist wohl nichts – es könnte sich auch um eine Fälschung handeln. Etwas Vorsicht in der Beurteilung der Situation ist daher sicher angebracht.

  10. Danke für den Hinweis, Christian. Die Folien scheinen tatsächlich aus dem Pentagon zu sein, Rumsfelds Leute bestreiten jedoch seine Urheberschaft, wie hier zu lesen ist:

    The slides in the “World Intelligence Update” were prepared on a daily basis by military personnel serving on the Joint Staff, which reported to the Chairman of the Joint Chiefs, not the Secretary of Defense. The report was briefed regularly to senior military officials in the Pentagon – only occasionally to the Secretary of Defense and not to the President of the United States.

    Der Journalist Robert Draper, der die Sache öffentlich gemacht hat, hält derweil an seiner Darstellung fest. Also: komplett erfunden ist es sicher nicht.

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