Barth missional (1)

Im vierten Band der Kirchlichen Dogmatik schlug Barth die Brücke vom „prophetischen Amt“ Christi zur christlichen Gemeinde, die in seine Sendung einbezogen wird und betrat damit theologisches Neuland. Ich werde in lockerer Abfolge hier Auszüge aus dem §72 („Der Heilige Geist und die Sendung der Gemeinde“) posten, um zu sehen, was sie für die missionale Diskussion abwerfen. Hier der Einstieg zum Thema „Berufung“:

Des Menschen Berufung ist […] seine Berufung zum Christen. Eben die Berufung zum Christen ist aber, […) des Menschen Berufung in die Christenheit und also in die Kirche, d. h. in die lebendige Gemeinde des lebendigen Herrn Jesus Christus. Man wird nicht zuerst zur Kirche und dann, in der Kirche und durch sie, wohl auch noch zum Christen berufen. Man kann aber auch nicht Christ werden, um dann wohl nachträglich auch zur Kirche berufen (möglicherweise auch nicht berufen) zu werden. Wie die christliche Existenz kein bloßes Komplement der kirchlichen ist, so ist die kirchliche auch kein bloßes Komplement der christlichen.

aus: Karl Barth, Kirchliche Dogmatik IV,3, §72 S. 780

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2 Antworten auf „Barth missional (1)“

  1. Die Sätze von Barth enthalten einen deutlichen Widerspruch gegen die in England entdeckte und postulierte Reihenfolge von Belonging und Believing. Natürlich hat Barth die anglikanische Konzeption noch nicht kennen können, aber ähnliche Gedanken lagen scheinbar schon in den 60er Jahren in der Luft.
    Den Kern dieses Unterschiedes vermute ich in einer unterschiedlichen Bekehrungstheologie. Man müsste vielleicht platt sagen: wer zur Kirche gehört, also im Netzwerk derer, die Gottesdienste feiern und Christus nachfolgen, selber anwesend ist, hat schon eine Umkehr vollzogen / erlebt (passiv), die nur noch nach innen ins Bewusstsein, ins Herz, in den willentlichen Entschluss hinein zu wachsen braucht.

  2. Ja, Barth denkt hier christologisch, nicht soziologisch. Man könnte die Differenz vielleicht noch pneumatologisch relativieren oder ausgleichen. Kurze Zitate aus seinen langen Gedankengängen sind aber immer anfällig für Missverständnisse.

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