Dicke Luft

Die USA pusten pro Kopf über doppelt so viel Kohlendioxid in die Atmosphäre wie wir in der EU, berichtet die SZ aus Montreal. Weltweit ist das ein Anteil von 25%, und die US-Regierung verschließt noch immer die Augen vor den Folgen. Die Logik war bisher ungefähr die: Es kann ja niemand sagen, ob es bei verringertem Ausstoß nicht auch wärmer würde – einfach deshalb, weil der Fall gar nicht eintritt.

So gesehen wäre die Frage, ob die Hurrikans dieses Jahres nicht auch eine Form von Gericht über die USA sind. Nicht wegen deren moralischer Sünden, sondern wegen der ökologischen (das kapieren auch die frommen Propheten da drüben nicht so ganz, fürchte ich). Wie hieß es letzten Sonntag in der Predigt: Gott bestraft uns nicht wegen unserer Sünde, sondern mit ihr.

Aber in der EU haben auch nicht alle die Ziele von Kyoto erreicht, nur Großbritannien (die???), Frankreich und Schweden. Sogar wir sauberen Deutschen haben die Hausaugaben nicht fertig. Bei manchen anderen Europäern sieht es düster aus.

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Kriecht Hollywood zu Kreuze?

Naserümpfend berichten diese Woche Spiegel und Focus über die Tatsache, dass Hollywood derzeit auch “christliche” Stoffe verfilmt. Es klingt wie eine Verzweiflungstat der Studios, um angesichts von Raubkopien und schwindenden Einnahmen neue Kundenkreise zu erschließen. Dass Mel Gibson alles nur des Geldes wegen gemacht hat (das ihm vorher niemand geben wollte…!), ist sowieso klar, die gängige “Hermeneutik des Verdachts”, wie N.T. Wright sagen würde. Es muss um jeden Preis etwas Schmutziges zu enthüllen geben. Gehen sonst die Abonnenten von der Fahne?

Das ganze ist zudem nicht gerade glänzend recherchiert. Der Focus rätselt, ob Jesus als Löwe dargestellt nicht als Sakrileg empfunden würde und fragt zynisch, was denn an Opfertod und Auferstehung per se christlich sei (als käme das in jeder halbwegs anständigen Religion und Mythologie vor). Doch dass die Narnia Chroniken in England und den USA seit Jahrzehnten ein Klassiker sind wie bei uns Emil und die Detektive oder der Räuber Hotzenplotz, wird gar nicht erwähnt. Und dass hier und überall auf der Welt ein immer größerer Hunger nach Spiritualität wächst, und wie die in Geschichten wurzelt, haben die Jungs seit dem Weltjugendtag (da fiel es manchen von ihnen mal kurz auf) wieder erfolgreich verdrängt.

Unabhängig davon, wie viel der Film einspielt und ob er hier und da sich an der amerikanischen statt an unserer Kitschgrenze orientiert: Dass das Gute existiert, und dass es nicht nur das Böse in Verkleidung ist, und dass es am Ende gewinnt, es also eine Hoffnung gibt – das müssen wir alle immer wieder hören. Oder, wie Kapuzinerbruder Paulus von SAT 1 in der aktuellen Ausgabe von “Neues Leben” sagt: “wenn die Leute begreifen würden, dass ihr Schöpfer keine Lust hat, sie zu verkleinern, sondern dass er alles dran setzt, sie zu wirklich frei werden zu lassen, dann wären wir einen kräftigen Schritt weiter.”

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Evangelikales Ancient-Future Projekt

Robert Webber, Autor von u.a. “The Younger Evangelicals”, hat auf seiner Website ein spannendes offenes Projekt zur Erneuerung evangelikaler Theologie und Gemeinde vorgestellt. Es soll eine Weiterführung des “Chicago Call” von 1977 werden. Was genau der enthielt, muss ich auch erst noch herausfinden

Ich werde mich auf jeden Fall zur Mitarbeit bewerben. Man kann in einer von 36 Themengruppen an der geplanten Erklärung teilnehmen. Das alleine könnte schon spannend werden. Da bleibt nur noch die Schwierigkeit, sich zu entscheiden unter so vielen spannenden Themen.

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Die Guten ins Töpfchen…

Beim weiteren Nachdenken über die Gutmensch-Problematik fiel mir auf, dass sich die populäre Vorstellung, das ewige Leben sei eine Belohnung für anständiges Verhalten in diesem Leben, neben der klassisch vulgär-katholischen Leistungsfrömmigkeit vor allem auf Kant zurückgeht. Nicht, dass den alle gelesen oder gar verstanden hätten, aber er hat sicher eine Menge dazu beigetragen, dass in der Religiosität der Aufklärungskultur dieser moralisierende Zug so populär ist.
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Höllenpredigten

Ich bin je länger je mehr der Meinung, dass die klassischen Konzepte von Hölle weder zur missionarischen Mobilisierung von Christen noch zur Überzeugung von Noch-Nicht Christen irgend etwas Positives abwerfen. Es kommt nur Quatsch und Krampf dabei heraus.

Dennoch ist das Evangelium eine Botschaft, bei der es um Leben und Tod geht. Tod – nicht “Hölle”! Und über den Tod (der für uns alle so bedrohlich real ist, dass wir nicht darüber reden) sprechen wir nicht, so lange nur das “Danach” interessiert. Ganz anders dagegen Paulus, bei dem jede Vorstellung von Hölle fehlt (Gott wird alles in allem sein – da ist schlicht kein Platz mehr), ohne dass das (wie manche argwöhnen) zur “Allversöhnung” führen würde, die ja auch den Tod wieder nur verharmlost.

Warum also nicht offener, ehrlich und direkter über den Tod und seine Verwandten sprechen: Krankheit, Isolation, Hass, Verzweiflung. Da hat niemand Zweifel, ob das real ist. Und wer hier Hoffnung weckt, dem werden die Leute gerne zuhören, auch wenn es keine billige Lösung ist, die er beschreibt.

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Abgekupfert

Norma bietet heute ein “Design Notebook” an. Und rate mal, wessen Design das weiße 12,1“ Gerät kopiert? Richtig: Apples iBook, das übrigens billiger ist und bei der Stiftung Warentest besser abschneidet als die dort getesteten Wintel Notebooks namhafter Hersteller.

Vor Monaten schon verkaufte Plus ein klägliches Plagiat des iPod mini, auch nur marginal billiger als das Original und mit peinlichem Imitat des ”Klick Wheel“. Ist den Deutschen der Erfindungsgeist ausgegangen? Machen wir es nun den Taiwanesen nach?

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Kulturrelevanz – mal anders

Neulich in Braunschweig feierte man am 11.11. die Eröffnung des Karnevals. Ein paar Nasen standen mit Narrenkappen in der Fußgängerzone herum und versuchten mit kläglichem Erfolg Stimmung zu machen. Aus den Lautsprechern kamen einige hundert Watt Unterstützung, aber das Ganze zündete offensichtlich nur bei den wenigen, die auf Bierbänken hockten und schon kräftig ins Glas geschaut hatten. Das ist eben nicht das Rheinland. Und was mich angeht, ist das auch gut so.

In der VW-Arena fragte derweil Michael Herbst, wer denn die Menschen der Volksmusik-Kultur erreichen wird. Gute Frage: Ich bestimmt nicht. Das Thema aber hat mich schon vor ein paar Jahren mal sehr interessiert. Wer immer es unternimmt, kann sich meines Beifalls und meiner Gebete sicher sein.

Der “Lobpreisstadel” hätte sicher großen Zulauf, die Kreuzbuben könnten statt der Herzbuben auftreten, weitere Blasmusik (bitte auf die 1 und die 3 klatschen, keine Offbeats!) könnte von der Heilsarmee kommen, das Abendmahl würde mit Brezeln und Bier gefeiert werden. Gute-Laune-Predigten müssten mit viel Pathos und “Herz” gehalten werden und sollten ein Stück (ge)heil(t)e Welt vermitteln. Ein Trachtenanzug und Hemd mit weiß-roten Karos wäre als Outfit gut. Der Gemeindeleiter (respektive -leiterin) würde als “Wirt(in)” bezeichnet und aus einem Diakon würde nach biblischem Vorbild der “Ober”. Und zum Segen wird geschunkelt.

Frage an alle Experten: Würde das als “Emerging Church” durchgehen?

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Emotionen

Über Emotionen in Gottesdiensten wird ja viel gestritten. Leidenschaft und Fanatismus sind verwandt, aber keinesfalls identisch. Trotzdem wittern manche Fanatismus, wenn jemand nur ein bisschen begeistert wirkt. Ob man zur Erklärung dieser Angst unbedingt auf die jüngere deutsche Geschichte rekurrieren muss, sei mal dahingestellt.

Was wir verkennen ist die Tatsache, dass alle unsere Gottesdienste emotional sind. Nur eben oft weder fröhlich noch ausgelassen, ganz und gar nicht aufgekratzt, sondern Ernst (das ist auch eine Stimmung) mit einem Schuss Depression. Ok, sagen wir besser Melancholie. Weltschmerz.

Es ist daher nur ein Streit um die Frage, welche Stimmung wir für “normal” halten und ob wir verschiedene Stimmungen zulassen können. Immer happy ist ebenso unecht wie immer gedämpft. Und die, die immer den Vergleich mit dem Fußball bemühen, sollten mal genau hinsehen, wenn der Club wieder absteigt.

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Gutmenschen

Gestern hatten wir im Alpha Kurs ein interessantes Gespräch zu der Thematik “Ich bin doch ein guter Mensch – der liebe Gott lässt mich bestimmt einmal in den Himmel”. Beim längeren Nachdenken ist mir wieder aufgefallen, wie wenig sich Gott dafür interessiert, ob wir in unseren eigenen Augen gute Menschen sind. Jesus fragt den reichen Jüngling, warum er ihn (Jesus!!) gut nenne, wo doch Gott allein gut sei, und begnadigt umgekehrt einen Raubmörder in letzter Minute. Und Paulus fällt zu der Thematik im Philipperbrief nur ein Kraftausdruck ein.

Umgekehrt hat es mich auch über mich selber ins Nachdenken gebracht. Gott geht es um Liebe, nicht um Wohlverhalten. Die größten Chaoten haben bei ihm offene Türen, wenn sie ihn lieben. Aber wenn meine Frau sich perfekt verhalten und alles mögliche für mich tun würde, gleichzeitig aber mit ihrem Herzen ganz wo anders wäre, käme ich auch nicht damit klar. Lieber ab und zu eine schwierige, aber herzliche Aussprache. Nein, Gott interessiert sich nicht für gute Menschen, die sich hinter ihrem Gutmenschentum vor ihm verstecken. Oder vielleicht sollte ich sagen, er interessiert sich sehr wohl für sie, aber nicht für ihre vermeintlichen Leistungen und die anständige Fassade.

Und was bedeutet das für Himmel und Hölle?
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Verpasste Chancen

Gestern berichtete die Tageszeitung von einer peinlich schlecht besuchten, aber inhaltlich interessanten Bürgerversammlung. Die gesamte Stadtspitze war da, aber eben kaum Bürger.

Ich muss gestehen, dass ich auch nichts mitbekommen hatte von dem Termin und ohnehin nicht in der Stadt war. Aber was wäre wohl, wenn wir als Christen und Gemeinden etwas wacher wären und erscheinen und uns konstruktiv einmischen (und, ketzerisch gedacht, zur Not einen Gebetsabend dafür kippen) würden?

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Au Wei – hnachten!

Auf dem Heimweg lese ich die Anzeigen in der Londoner U-Bahn. Ein Inserat zitiert ironisch das biblische “Geben ist seliger als Nehmen” und fügt an “or so they say”. Hier prallen die Welten des Glaubens und der Konsumgesellschaft aufeinander. Die Weihnachtsdekoration der Regent Street verzichtet auf alle biblisch-christlichen Symbole und ein Kaufhaus verkündet von der Fassade herab, man glaube an den Weihnachtsmann.

Ich frage mich, ob wir Weihnachten boykottieren und aus Protest in den Sommer verlegen sollten, um Kitsch und Kommerz ein Schnippchen zu schlagen und die wahre Bedeutung des Festes wieder klar kriegen zu können…

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Transforming Nations…

Heute haben wir aus 25 Ländern Europas, Afrikas und des Nahen Ostens gehört, wie Alpha sich dort entwickelt. Es ist ein wirklich bunter Haufen. Unter den Anwesenden ist ein russisch orthodoxer Erzbischof und eine Gruppe Armenier, von denen einige der ältesten “Volkskirche” der Welt angehören. Und morgen kommt die zweite Hälfte, aber da bin ich schon wieder daheim um bei meinen eigenen Alpha Kurs zu sein.

Beim nächsten Mal sollten wir den Afrikanern ein paar Taschenwärmer zur Verfügung stellen. Die Ärmesten sitzen mit Mütze und Winterjacke oder dicken Wollpullis in unseren geheizten Räumen. Aber was viele von ihnen unter den schwierigen Umständen im Kongo, Angola, Zimbabwe und Südafrika bewegen, ist großartig. Immer wieder haben sie in den telegrammartigen Statements von Alpha Kursen in den Gefängnissen gesprochen. Das gibt Hoffnung, dass auf Dauer mehr als AIDS und Bürgerkriege das Schicksal der Menschen dort prägen.
„Transforming Nations…“ weiterlesen

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Wieder mehr Oasen

Seit gestern sind wir mit einem Team in London zur EMEA (Europe – Middle East – Africa) Woche von Alpha International. Nach anderthalb Tagen Meetings in geschlossenen und schlecht belüfteten Räumen bin ich heute mittag eine Runde Joggen gegangen.

Das Acacia Hotel liegt dafür günstig (abgesehen davon ist es schrecklich heruntergekommen, aber für London recht billig. Erinnert an die Beschreibung des “Railway Hotel” von Mike Batt). Aber der Hyde Park ist nur ein paar Minuten entfernt, und so war ich in der schon ziemlich fahlen Novembersonne eine Stunde lang im Hyde Park und Green Park unterwegs. Vorbei am Buckingham Palace, an Hunden, Enten und Kanadagänsen, Joggern und Reitern. Die Bäume sind noch nicht so kahl wie daheim. Hin und wieder ein paar merkwürdige imperiale Monumente, die uns als Deutschen zum Glück erspart geblieben sind.

Laufen hat etwas Meditatives. Die Gedanken werden ausgeschüttelt, ich komme auf eine ganz andere Weise in Kontakt mit mir selbst, habe wieder ein Gefühl für den Körper und die Emotionen steigen allmählich an die Oberfläche. In den letzten Wochen habe ich mir viel zu wenig Zeit für solche Oasen gelassen. Letzten Samstag saß ich Stunden über meiner Predigt für Sonntag und es kam einfach nichts. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann mir das das letzte Mal passiert war. Also mussten die Laufschuhe mit auf den Kurztrip. Es hat sich gelohnt.
Jetzt sitze ich in der Cafeteria des Dana Centre am Naturhistorischen Museum. Guter Cappuccino (da haben uns die Engländer mal eben so überspurtet in der Kaffeekultur!) und kostenloser WiFi Zugang. Im Innenhof fangen sich noch letzte Sonnenstrahlen. Makes my day.

Sehr zu empfehlen ist dort im Übrigen die Ausstellung des Wildlife Photographer of the Year!

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Der Mann an ihrer Seite

Nun ist Angela Merkel Kanzlerin, die erste der Geschichte. Damit beginnt auch die Frage, was mit der verwaisten Stelle der Kanzlergattin wird. Merkels Mann hat (verständlicherweise) keine Lust auf den Job von Doris Schröder-Köpf.

Ich finde, da könnten sie sich mal die Ehemänner von Pfarrerinnen mit ihren Erfahrungen solidarisch nützlich machen. Wenigstens im Ansatz ist die Konstellation doch vergleichbar.

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Volkskirchen-Fundis?

Der Begriff ist mir heute in einem Gespräch entflutscht, aber bei näherem Hinsehen fand ich ihn doch interessant. Es gibt alle möglichen Fundamentalisten – islamische, grüne, unfehlbarbiblische -, warum nicht auch solche? Wie immer wird eine komplexe Realität auf ein paar unhinterfragbare Dogmen reduziert, die mit Zähnen und Klauen verteidigt werden gegen alle Kritik und abweichenden Meinungen.

Was also sind die “Fundamentals” in diesem Fall? Ich spekuliere mal vor mich hin:

1. Die Kirche (bitte immer mit bestimmtem Artikel) ist in Ordnung. Kritik an “der” Kirche ist in manchen Kreisen tatsächlich die einzige Todsünde, die noch überlebt hat. Sie macht dich innerhalb von Sekunden zur Unperson. Das sagt man nicht direkt, aber die dünnhäutigen Reaktionen – verbal wie nonverbal – sprechen ihre eigene Sprache, selbst wenn die Kritik sachlich und fair ausfiel und wenn Dinge gesagt werden, die jeder weiß.

2. Allein die Taufe genügt: Manche Volkskirchen-Fundamentalisten (NB: Nicht alle Volkskirchler, nur dass wir uns richtig verstehen!) glauben zum Beispiel an das Heil nicht sola fide wie bei Luther, sondern “solo baptismo”. Diese objektive Realität wird auch bei “Evangelen” quasi-katholisch “ex opere operato” (allein durch den äußeren Vollzug des Taufritus) gedacht. Durch persönlichen Glauben oder allzu aktive Nachfolge würde die Gnade Gottes im Grunde doch nur verdunkelt…
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