Winter, Wald und Wunden

Ein stiller Moment im winterlichen Wald. Ich stehe neben einem kleinen Wasserlauf, der fast unmerklich vor sich hin tröpfelt. Als ich mich umdrehe, sehe ich am Stamm einer schlanken Rotbuche Spuren eines Sonnenbrandes. Benachbarte Bäume sind umgefallen oder geschlagen worden, das Kronendach hat dadurch ein Loch bekommen und der Stamm hat die Hitze der Sommersonne nicht gut verkraftet. Die RInde ist aufgeplatzt und hat um die offene Stelle eine dicke Wulst gebildet.

Ich lege meine Hand ein paar Augenblicke in die vernarbte Wunde. Mein Blick wandert umher. Der Schnee verbirgt etliche Baumstümpfe und die vielen am Boden liegenden Äste und Zweige. Aber es ist immer noch deutlich, dass da ein verwundeter Baum in einem verwundeten Wald steht.

Ich habe aus zwei Ästen ein Kreuz auf dem Waldboden gelegt. Das erscheint mir ein passender Ort, um an einen verwundeten Gott zu erinnern. Einer, von dem es rätselhafterweise heißt, dass wir in seinen Wunden Heilung finden. Wie sie wohl aussehen wird? Wie lange wir noch auf sie warten müssen? Was noch alles verwundet oder zerstört wird, bis es so weit ist?

Aber die Buche steht noch, und für eine Weile stehen wir hier zusammen. Eine tröstliche Weile.

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