Wenn der Förster wildern geht

Die Zeitungen haben es während der Sarrazin-Debatte der letzten Wochen ja regelrecht herbeigeschrieben, was Horst Seehofer nun, wenige Tage nach der – inzwischen muss man ja sagen: umstrittenen – Wulff-Rede verkündet hat: Er wünscht keine Zuwanderung aus islamischen Ländern. Ständig wurden Statistiken präsentiert, welches Wählerpotenzial eine Partei rechts der Union angeblich hat. Und dass Angela Merkel vielleicht zu weit in die Mitte gerückt sei.

Da war doch klar, dass jemand diese Schäfchen wieder einsammeln muss, wenn (was ja alle Kommentatoren befürchteten) hier kein deutscher Wilders Karriere machen soll. Also krempelt Seehofer (der eben noch eine sicher nicht stammtischtaugliche Frauenquote für die CSU durchgeboxt hatte) die Ärmel hoch und wildert selbst im dichten Gestrüpp der Sarrazin-Leser und Sympathisanten, um sie wieder bei Mutter CSU zu beheimaten.

Schön ist das nicht, ganz ehrlich ist es vielleicht auch nicht einmal, und ob es wirkt, wird man sehen müssen. So wie jetzt gleich wieder alle pflichtbewusst aufschreien (und dafür sorgen, dass auch der letzte verschreckte Kleinbürger davon erfährt), muss man sich fast fragen, ob das nicht ein abgekartetes Spiel ist: Der populistische Theaterdonner, der kalkulierte mediale Widerhall, ein bisschen Volksheld spielen (der ist in Bayern mangels Küste nicht Pirat, sondern Wilderer), und dann in ein paar Wochen entweder andere zur Versöhnung vorschicken oder alles im Sand verlaufen zu lassen, wenn die Diskussion abebbt.

Wie das geht, sehen wir ja regelmäßig, wenn es um die EU geht. Laut schimpfen und dann doch brav mitmachen. Das geht eben nur in Bayern – hier wildert der Förster selbst. Wir bauchen keinen Geißler, wir haben den Protest gegen die eigene Politik schon in der Person des Landesvaters integriert. Da sollte sich Herr Mappus mal eine Scheibe von abschneiden…

Und weil wir alle keine Rechtspartei wollen, spielen wir mit: Bitte etwas öffentliches Seehofer-Bashing, möglichst aufgeregt und ohne zu viel Augenzwinkern. Ein paar von uns (es können ruhig dieselben sein) müssen in etwa drei Tagen schreiben, das müsse man doch noch sagen dürfen, wenn es schon so viele empfinden. Dann nochmal ein kleiner Reigen der Kritik, ein paar vermittelnde Worte der Kanzlerin (Nachtrag: voila – hier sind sie auch schon), die den Tanz beruhigen, und alles geht fast so weiter wie bisher. In einem Jahr trifft man sich diskret zum Bier und schmunzelt drüber.

Alles klar?

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