Gruppenbild mit ohne Dame(n)

Eine ultraorthodoxe Tageszeitung aus Israel hat das Foto der Staatschefs, die den Trauerzug für Charlie Hebdo am Sonntag anführten, für ihre Leser so bearbeitet, dass alle Frauen aus dem Bild verschwanden. Prominentestes Opfer: Angela Merkel.

Die Aktion, so ungewöhnlich sie an dieser Stelle sein mag, kam mir bekannt vor. Erst vor ein paar Wochen nahm ich an einer Diskussion teil, in der ein Teilnehmer sich dafür aussprach, die Vielfalt der dort geäußerten Positionen (vor allem natürlich die Positionen, die seiner eigenen widersprachen) möglichst nicht öffentlich zu machen, weil es die Menschen, für die er sich verantwortlich fühlte, verwirren und irritieren könnte, wenn es da plötzlich Indizien für eine Meinungsvielfalt oder gar einen -umschwung gebe.

Es ist also gar kein frommer „Realitätsverlust“, wie manchmal gesagt wird, keine unbewusste Verdrängung, kein unwillkürliches Übersehen. Vielmehr wird die Realität von denen, die sie genau kennen und mit ihr umgehen (können, müssen, …) dogmatisch retuschiert. Eine Lachnummer ist sie dennoch überall da, wo Menschen noch andere Informationsquellen nutzen und diesen vertrauen. Doch anscheinend gibt es Blasen, in denen diese Beschneidung der Bilder und Berichte funktioniert.

In beiden Fällen habe ich mich gefragt, was für ein kümmerliches Bild diese Vormünder von ihren „Schäfchen“ (hier passt der Begriff endlich mal) haben. Oder sind sie nur willige Dienstleister, die ihren pluralitätsstressgeplagten Kunden die erwünschte Komplexitätsreduktion ins Haus und Hirn liefern? Anscheinend sind bestimmte Menschen ja dankbar, wenn ihnen jemand die anstrengende Vielstimmigkeit der vermeintlichen „Lügenpresse“ erspart.

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