Sternstunden des Sportjournalismus

Ich mag die SZ – normalerweise. Aber vor dem Auftaktspiel unserer Internationalmannschaft einen Astrologen ins Studio zu holen, das gehört schon zu den schwärzeren Stunden ihrer verdienstvollen Geschichte.

Der Mann (ich hab den Namen vergessen und will ihn auch gar nicht wissen) gab ein paar wohlwollend-positive Allgemeinheiten von sich über Löw und Lahm und Schweinsteiger, die man auch ohne Referenz zu irgendwelchen Himmelskörpern tausendfach im heimischen Blätterwald vorfindet. Beruhigend daran: Er ist offenbar des Lesens kundig. Auf die Frage, was die Sterne mit der WM zu tun haben, antwortete er: Eine Menge. Schließlich gebe es 12 Tierkreiszeichen und eine Fußballmannschaft bestehe ja auch aus 12 Leuten … wenn man den Trainier dazu rechne.

Guter Mann, du hättest wenigstens vorher sehen können, dass gestern 14 Leute gespielt haben. Auswechslungen sind ja so ungewöhnlich nicht. Und der Trainerstab besteht auch aus mehr als einer Person. Flick und Köpke mitgerechnet wären wir bereits bei 17 Akteuren. Bei dieser Kaffeesatzleserei geht es offenbar nur darum, Leuten das zu sagen, was sie gerne hören würden und daher glauben wollen, und dem eine an den Haaren des freien Assoziierens herbei gezogene Pseudoplausiblität zu verleihen. Ohne sich freilich auf irgendwas festzulegen.

Leute, gebt mir den Kaffee und behaltet die schwammigen, ausgelutschten Sätze für euch!

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3 Antworten auf „Sternstunden des Sportjournalismus“

  1. Gut gebrüllt, Löwe!
    Aberglaube und Fußball ist leider eine unselige Verquickung – aktuell mit Vodoo Praktiken und anderen Hirnrissigkeiten.
    Warum das ganze funktioniert und Leute dem Mist auf den Leim gehen erklärt Watzlawick ziemlich gut in seinem Büchlein „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“.

    Drücken wir die Daumen, dass unsere Jungs Weltmeister werden 🙂

    Guten Tag
    Wolfgang

  2. Ich fand ja schon die Einleitung vom „Interview“ dumm … Zitat “ … und ganz ehrlich, irgendwie wuessten wir doch schon jetzt wie das Ganze ausgeht“ … Ganz Ehrlich, der Spass und die Freude an der WM liegt doch gerade darin das Ich eben nicht weiss wie das ganze ausgeht, die Spannung will ich mir nicht nehmen lassen. Ich lese ja schliesslich auch nicht das Ende von einem guten Buch zuerst, oder schau mir das Ende von einem spannenden Krimi zuert an …

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