Spirit of Siemens

Gestern abend haben wir uns im Möhrendorfer Mühlentheater bei “Werners Erben” amüsiert. Dort wurde der “Siemensgeist” eindringlich beschworen (nein, nicht im okkulten Sinn…) und die Luft aus dem Magagement-Chinesisch abgelassen. Der Altersdurchschnitt war zwar recht hoch, aber der Stimmung tat es keinen Abbruch, die steigerte sich im Verlauf des Abends.

Heute las ich dann den zweiten Teil von “Beraten und Verkauft” in der SZ, das schlug in eine ähnliche Kerbe, nur ist es eben kein Kabarett, sondern Realität. Und eine Geschichte aus einem Tischgespräch mit einem “Insider” zum Thema Umgang mit Scheidung unter Führungskräften von gestern geht mir noch nach, die alle Persiflagen der “Erben” in den Schatten stellte. Man kann wohl gar nicht genug übertreiben.

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So viele Sechser

Während sich Heiratswillige heute auf den Standesämtern drängeln und werdende Eltern hoffen, dass der Sprössling es noch vor Mitternacht ans Licht der Welt oder des Kreißsaales schafft, hat meine Mutter das seltene Kunststück geschafft, am 06.06.06 exakt 66 Jahre alt zu werden.

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Andere Geburtstagskinder heute sind Thomas Mann (*1875) und Björn Borg (*1956) -und unsere Zwillinge Manuel und Micha! Besondere Tage – besondere Menschen 🙂
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Emerging Gummibären (Martin Rauh zum 40. Geburtstag)

Seit einigen Jahren macht der emerging Gummibär zunehmend von sich reden. Hatte der moderne Gummibär in der Form des Goldbären (Tagesproduktion: 80 Millionen) über Generationen zusammen mit der Colaflasche hinweg die Regale der Warenhäuser dominiert, versank er in den vergangenen Jahren in einer Flut neuartiger Gummiprodukte. Die Globalisierung öffnete die Menschen für andere, exotische Geschmäcker. Eine existenzielle Krise war die Folge: Sollten Gummibären sich dem Pluralismus des Supermarktes beugen? Waren also synkretistische Gummimischungen angesagt: Bären, Flaschen, Schnuller, saure Pommes oder gar bislang als okkult verschrieene Vampire und Chiliteufel? Noch schwerer wog die Frage, ob über die Ökumene der Fruchtgummis hinaus Berührungen mit den Zucker- und Gelatine-Ersatzstoffen denkbar und legitim waren. Kann man süß sein und doch zuckerfrei, um all denen gerecht zu werden, die keinen Zucker mögen oder vertragen?

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Wohnst du noch, oder…?

Bei Thomas von Aquin heißt es, die Engel seien nicht wie körperhafte Wesen im Raum, sondern sie erzeugten aus sich den Raum, den sie mit ihrem Wesen ausleuchten und beleben. In unserem Jahrhundert schrieb Merleau-Ponty den Satz nieder, von dem alle Reden über das sinnliche In-der-Welt-Sein der Menschen auszugehen haben: „ Der (menschliche) Körper ist nicht im Raum, er wohnt ihm ein“ ( Le corps n’est pas dans l’espace, il l’habite). Die großen Künstler sind es, die heute wie früher die Wahrheit dieser Sätze offenhalten. Als Tiefenbewohner der Welt erinnern sie an die Frage, wie das Welthaus überhaupt zu bewohnen sei. Wenn wir in der Welt sind, sind wir dann wie in den eigenen vier Wänden bei uns eingerichtet? Ist uns dann alles, was der Fall ist, in hausartiger Weise gegeben? – beziehbar wie ein schlüsselfertiges Sein, in dem wir uns nur niederzulassen brauchen und unsere Raten zahlen? Wer Künstler ist, wird solche Fragen immer verneinen. Ihm ist die Verlegenheit, in einem Nicht-Haus zu wohnen, seit jeher gegenwärtig. Künstler sind die Ökologen des Unheimlichen, die Hauszweifler, die Anderswohnenden. Ihr Wohnen unter den Dingen bedeutet Mitarbeit mit den aufscheinenden Formen – mögen diese aus der Natur, der Kultur oder aus dem Kosmos der wissenschaftlichen Zeichen und Modelle stammen.

Peter Sloterdijk

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“Zeitgemäße” Mission

In Diskussionen über die zeitgemäße Mission der Kirche wird oft gesagt, die Kirche müsse die Fragen ansprechen, die Leute stellen. Das hieße, die Mission Jesu und die Mission der Kirche zu verkennen. Die Fragen der Welt sind nicht die Fragen, die zum Leben führen. Vielmehr muss man sagen, dass dort, wo die Kirche ihrem Herrn treu ist, die Kräfte des Reiches (Gottes) präsent sind und Menschen anfangen, die Fragen zu stellen, auf die das Evangelium die Antwort ist. Und deshalb, vermute ich, enthalten die Paulusbriefe so viele Ermahnungen zur Treue, aber keine Mahnung, in der Mission aktiv zu sein.

Lesslie Newbigin

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Last oder Lust?

Es ist üblich geworden, vom “Missionsbefehl” zu sprechen. Diese Art, die Sache auszudrücken, ist sicher nicht unberechtigt, und doch scheint sie mir am Wesentlichen vorbei zu gehen. Sie tendiert dahin, Mission eher zu einer Last als zu einer Freude zu machen – eher ein Bestandteil des Gesetzes als des Evangeliums.
Sieht man den neutestamentlichen Befund an, ergibt sich ein anderer Eindruck: Mission beginnt mit einer Explosion von Freude. Die Neuigkeit, dass der abgelehnte und gekreuzigte Jesus am Leben ist, ist etwas, das einfach nicht unterdrückt werden kann. Es muss erzählt werden. Wer könnte über solch eine Tatsache schweigen? Die Mission der Kirche auf den Seiten des Neuen Testaments ist mehr wie der Fallout einer gewaltigen Explosion, radioaktiver Fallout, der nicht tödlich ist, sondern Leben spendet.

Lesslie Newbigin, The Gospel in a Pluralist Society, S. 116

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Pyrrhussieg

Nach einer Rauferei mit meinem halbstarken Sohn gestern ist meine ganze Nackenpartie lädiert und ich kann den Kopf nur mit Mühe hoch halten. Ich hatte vergessen, dass „nicht richtig stark“ in diesem Fall trotzdem „richtig schwer“ bedeutet; er hatte sich mit seinem vollen Gewicht auf mich gelegt, als ich arglos da saß. Da er aber eben doch nur halb stark ist, verlor er den anschließenden Kampf, einschließlich Revanche. Nur nützt mir das heute wenig…

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Fans von einander werden

Anlässlich einer Traupredigt habe ich über Hebräer 10,24 nachgedacht, wo es darum geht, auf einander zu achten und einander zu guten Taten anzufeuern. Wenn man das mal so kurz vor der WM mit Fußballfans – nicht mit Hooligans! – vergleicht (die Autorin bzw. der Autor des Hebräerbriefs macht ja auch Anleihen beim Sport), dann erkennt man einige Parallelen, die nicht nur, aber eben auch für Ehepaare gelten:

  1. Fan werden ist etwas lebenslängliches und Schicksalhaftes, für das man oft keine plausiblen Gründe angeben kann. Man muss nur mal Nick Hornbys “Fever Pitch” dazu lesen, um es zu verstehen. Ein Fan wechselt nicht einfach den Verein.

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Die Bibel leben

Lesslie Newbigin (ja, ich bin immer noch drüber) hat sehr anregende Gedanken zum Umgang mit der Bibel: “Unsere angemessene Beziehung zur Bibel ist nicht, dass wir sie von außen untersuchen, sondern dass wir sie ”bewohnen“ und aus ihr heraus das, was um uns her ist, zu verstehen und zu bewältigen suchen.

  1. Es bedeutet, in einer alternativen “Plausibilitätsstruktur” (grundlegende Annahmen, Denkvoraussetzungen, die unsere Sicht der Wirklichkeit bestimmen) zu leben, die von einer Gemeinschaft von Menschen verkörpert wird.
  2. Diese Plausibilitätsstruktur ist in ihrem Wesen Geschichte, so wie die Frage “wer bin ich” auch nur durch das Erzählen der eigenen Geschichte, also narrativ beantwortet werden kann.
  3. Dieser Geschichte anzugehören entnimmt uns nicht der Verantwortung für eigene (Fehl-) Entscheidungen, sondern sie schreibt sich fort durch unsere verantwortlichen Entscheidungen in Liebe und Gehorsam.

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Kreatives Neinsagen

Gestern bekam ich einen Anruf mit der Bitte, mir kurzfristig für ein bestimmtes Projekt etwas Kreatives einfallen zu lassen. Es war mir dann einfach zu viel Druck und ich habe abgesagt. Ein gutes Gefühl, weil mein Katalog unvollendeter Dinge schon groß genug ist.

Am Abend dann habe ich mich hingesetzt ohne an etwas besonderes zu denken und – plopp! – da war der Einfall. Jetzt bringe ich die Sache im übertragenen Sinne zu Papier (zu Platte müsste man eigentlich sagen) und es macht sogar Spaß.

Ich sollte öfter nein sagen. Es macht mich kreativer, wenn ich mal nichts schaffen muss.

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Der Altmeister

Bob Dylan, den der Independent respektlos schon zum 50. Geburtstag als “Rob Zimmerframe” bezeichnete, wird 65. Als heute morgen alle Hausbewohner in die Schule verschwunden waren, habe ich mir zum Gedenken eine Runde seiner Klassiker aus “Live at Budokan” gegönnt, richtig laut. Irgendwie fühle ich mich mit ihm verbunden, weil wir beide im gleichen Jahr (1979) zum Glauben fanden – freilich aus recht unterschiedlichen Richtungen.

Christsein ist laut Wikipedia immer noch ein wichtiges Thema, auch wenn Dylan nicht mehr mit der Tür ins Haus fällt wie in der Anfangszeit. Der australische Theologe Ben Myers hat als Hommage auf seinem Blog unter anderem ein paar kryptische Dylan-Zitate zusammengetragen.

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Zweifelhafte Typen

Der christliche Hype um Persönlichkeitstests ebbt schon seit einer Weile ab. Zu Recht, wenn man dem neuen Buch der Autorin Barbara Ehrenreich glaubt, dem die SZ einen Artikel widmet. Eine Art Realsatire über eine Session mit Coach Kimberley macht die Lektüre recht kurzweilig.

Das Enneagramm sei “eigentlich nichts weiter als ein Mischmasch windiger New-Age-Sehnsüchte nach mystischer Einheit, die dem Chaos menschlicher Erfahrung zugrunde liegen soll” und der in Unternehmen besonders beliebte Test nach Myers-Briggs besitze in seinen Typenkategorien auch nicht mehr Gültigkeit als die zwölf Tierkreiszeichen (und die sind ebensfalls sehr beliebt, wenn auch nicht unbedingt im gleichen Zusammenhang).

Zudem kommen bei wiederholten Tests nicht selten deutlich andere Ergebnisse heraus. Vielleicht sollten wir doch lieber auf das nicht immer leicht verdauliche Feedback echter Menschen hören, unsere Selbstwahrnehmung schärfen und Einzigartigkeit nicht mit der Zugehörigkeit zu einer Typenklasse verwechseln?

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Uns fällt die Decke auf den Kopf…

Die Angst der Gallier vor dem Himmel, der ihnen auf den Kopf fallen könnte, wurde heute mitten im Gottesdienst ganz plastisch nachvollziehbar. Etwaige Predigtschläfer wurden unsanft unterbrochen, denn rund zwei Quadratmeter Stuck lösten sich von der Decke und fielen zum Glück so herab, dass nach meinem augenblicklichen Wissensstand mehrere Erwachsene (danke, Gernot, für die Info!) blaue Flecken oder Prellungen und ein Baby einen Kratzer am Kopf davontrugen. Eine Person hatte eine Platzwunde am Kopf. Alles in allem trotzdem Grund, Gott dankbar zu sein für die Bewahrung. Da hätte sehr viel mehr und Schlimmeres passieren können. Ein bis zwei Kilo Gips und Mörtel aus 8m Höhe hätte auch tödlich sein können, gerade bei den Kleinen.

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Familiengeschichte in nuce

Nach gut 17 Jahren haben wir kürzlich unser altes Bett ausrangiert. Über 6000 Nächte (und Tage) hat es hinter sich und war gegen Ende etwas wacklig geworden. Es war das dienstälteste Möbelstück im Haus. Beim Zerlegen zogen Erinnerungen vorbei – an romantische Abende mit Kerzenschein und Weinglas, schlaflose Nächte wegen Sorgen oder quakender kleiner Quälgeister, diverse Krankheiten; an manche schwierige und viele gute Gespräche, an glückliches und ratloses Schweigen, Tränen und Gekicher, an Gähnen und müde Augen am Abend, verschlafenes Blinzeln am Morgen; an vier Kinder, die gestillt wurden, zum Kuscheln kamen, auf der Matratze hopsten oder getröstet werden mussten nach Kummer und Albträumen – und die unaufhaltsam größer wurden.

Keine Ahnung mehr, wie viele Bücher ich in diesem Bett gelesen habe, wie viele Ideen und Gedanken mir vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen gekommen sind und noch viel weniger, was ich in diesem Bett wohl so alles geträumt habe. Jetzt steht ein neues da – mit “Himmel”. Wenn das keine Verheißung ist…

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