„Ich bin einer von euch“

Herr Berlusconi hatte hierzulande noch nie eine gute Presse und die Aufhebung seiner Immunität diese Woche schlug daher große Wellen. Warum dennoch viele fürchten, dass der Mann sich in Italien auch weiterhin noch halten könnte, hat dieser Kommentar von Stefan Ulrich in der SZ mir endlich einmal schlüssig erklärt. Es hat mit der Misere des Staates und dem Gesetzesdschungel zu tun:

Der italienische Staat weiß seit langem, dass die Bürger ihm nichts zutrauen und sich, wo sie nur können, entziehen. Der Staat reagiert, indem er immer strengere Gesetze erlässt, sei es im Straßenverkehr, am Bau oder im Steuerrecht. Der Bürger entzieht sich weiter, und der Staat legt nach. Die Folge: Es ist ein derart dichtes Regelwerk entstanden, dass es die Italiener ersticken würde, wenn sie sich daran hielten. (…)

In dieser Lage präsentiert sich ihnen ein Mann, dem es – im Großen – anscheinend genauso geht. Berlusconi verspricht, dem Staat Einhalt zu gebieten. Er beschimpft die lästige Strafjustiz. Er suggeriert, ein bisschen Korruption sei eher ein Kavaliersdelikt. Ich bin kein Politiker, sondern einer von euch, sagt Berlusconi, und daran ist etwas Wahres.

Wer also Berlusconi los werden will, muss gleichzeitig auch dieses Problem in den Griff bekommen. Der Cavaliere ist nicht die Ursache der Misere, sondern nur ein besonders unerträgliches Symptom. Wenn das Vertrauen weg ist – das kann man durchaus auch theologisch verstehen – dann hilft es auch nicht weiter, bürokratisch an der Regelschraube zu drehen und die Sanktionen zu verschärfen.

Wie gut also, dass unsere Regierung nur der Spiegel dieser Gesellschaft ist. Die Amis haben Obama, wir Angie, Guido und Guttenberg.

PS: Im Blick auf unseren schillernden Landesvater, die Lichtgestalt des Kaisers Franz (Berlusconi ist ja auch Vereinspräsident in Mailand!) und das sich hartnäckig haltende Gerücht, die im Grunde unregierbaren Bajuwaren wollten insgeheim einen echten Bazi á la FJS als Regenten, kann das eigentlich nur im Aufruf zu fränkischem Separatismus oder in der Depression enden.

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