Gestern sprach ich auf einer Veranstaltung über das Thema Hoffnung. Alles in allem war es sehr schön, viele nette Leute und ein liebevoll gestaltetes Programm. Nach dem Ende kam dann ein mit Traktaten bewaffneter Mann auf mich zu und fragte, ob ich denn Auferstehungshoffnung oder -gewissheit hätte.
Das war natürlich eine Fangfrage, und bei einer falschen Antwort hätte ich mir eine gönnerhafte Belehrung eingefangen. Dass ich so viel von Hoffnung geredet hatte, hatte ihm offenbar nicht gepasst. Erst wollte ich gar nicht antworten, dann dachte ich, dass ich ihn vermutlich schneller los werde, wenn ich sage, was er hören will und sagte „Gewissheit“.
Treffer. Er wollte mir dann noch ein Traktat zustecken. Ich lehnte ab. Dann erklärte er, er sei kein Sektierer und wollte er über mein (natürlich viel zu laxes und freundliches) Verhältnis zu Katholiken reden, es stünde schließlich in der Offenbarung – ich sagte ihm, dass nichts von Katholiken in der Offenbarung stehe und dass er sehr wohl ein Sektierer sei, dann ließ ich ihn stehen und ging meine Sachen packen. Wer andere so ungefragt belästigt, dem sollte man dabei so schnell wie möglich die Luft ablassen und ihm keine Aufmerksamkeit schenken, auch und vielleicht gerade dann, wenn er fromme Worte benutzt.
Aber zurück zur Fangfrage, da hatte ich nämlich gelogen: In Wirklichkeit ist der Begriff „Hoffnung“ viel angemessener vom Neuen Testament her. Hoffnung ist nichts, was der Gewissheit unterlegen ist, sondern sie richtet sich auf zukünftige Ereignisse. Also kann ich nur sagen, dass ich an die Auferstehung Jesu glaube und auf die Auferstehung von den Toten hoffe. Eine Gewissheit darüber hinaus zu fordern, ist Unsinn, und sie zu behaupten, heißt, den Mund zu voll zu nehmen.
Wenn man schon meint, andere ständig verbessern und bevormunden zu müssen, sollte man wenigstens seine Bibel gründlich lesen: dann würde man Hoffnung richtig verstehen. Und kapieren, dass auch Taktgefühl eine christliche Tugend ist. Glaube, Liebe, Hoffnung – Gewissheit kommt in dieser Aufzählung von 1.Kor 13 gar nicht vor. Gewiss, sagt Paulus, ist allerdings dies:
Gewiss, wir alle haben Erkenntnis. Doch die Erkenntnis macht aufgeblasen, die Liebe dagegen baut auf.
„Eine Gewissheit darüber hinaus zu fordern, ist Unsinn, und sie zu behaupten, heißt, den Mund zu voll zu nehmen.“
Finde ich aber auch sektierermäßig…. Die Bibel schreibt mit Gewissheit über die Auferstehung der toten. (nicht gelesen??)
Aber ich finde deine Art Sachen aus dem Zusammenhang zu reisen Bemerkenswert ;). komisch das Jesus von einem Leben nach dem Tod geredet hat… nahm er seinen Mund auch zu voll?
Nebenbei.
Fühlst du dich etwa beleidigt wenn dich jemand (zu recht? :D) kritisiert? Du übst doch auch Kritik 😉
„Auferstehungshoffnung oder -gewissheit“
Worin unterscheidet sich Deine persönliche Ansicht mit der des Fragestellers?
Heilsgewissheit und Auferstehungshoffnung sind bekannte Begriffe in der Evangelikalen Welt. Weshalb soll denn das eine höher sein als das andere?
@ Johannes (wusste ich doch, dass Du diesen Post kommentieren würdest!): Vielleicht kam das nicht deutlich genug rüber: Hoffnung ist im biblischen Sprachgebrauch keine minderwertige Form der Gewissheit – nur darum ging es.
Ich bin nicht beleidigt über Kritik, wenn sie Niveau hat, aber ich finde es bezeichnend, dass eine bestimmte Art von Theologie und ein bestimmtes taktloses Verhalten so häufig koinzidieren.
Roemer 8,16:“Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.“
und
Phil. 2,12:“schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern.“
Zwischen diesen extremen Aussagen bewegt sich unsere Glaubens-Gewissheit, und die Bibel nimmt uns eigenes Nachdenken und Beurteilen nicht ab.
@ Peter (woher du nur weißt was ich mache:D)
nun es kam in der Tat so rüber, als ob du die Auferstehung von den toten als eine Hoffnung einstuft die aber nicht sicher ist…
Aber es würde mich mal interessieren, ob ich meinen Mund zu voll nehme wenn ich überzeugt bin, dass die Auferstehung aus den toten eine Realität bin (bitte aber nicht auf dieselbe weise, wie du es gegenüber der Person getan hast, die du im obrigen Beitrag kritisierst ;))
😉 find ich gut dass du nichts gegen Kritik hast 😀
Finde deinen Beitrag auch unter dem Gesichtpunkt „konsequente Psychohygiene“ sehr inspirierend 😉
Besser als der Schreiber des Hebräerbriefes könnte ich meine Hoffnung / Gewissheit nicht ausdrücken: (Hebr 11,1) „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“
Also wenn schon Taktgefühl eine Tugend ist, dann ist das hier beschriebene Verhalten gegenüber dem Sektierer sicher ein Gegenbeispiel, oder?
Ich halte immer mehr davon, auch solchen Menschen mit Respekt und Liebe zu begegnen. Was ist mit so einem Schlagabtausch denn gewonnen?
Wer will solche Irrlehrer denn aus der Irre zurückholen, wenn nicht verständige Theologen?
Ich würde gerne dessen Blogeintrag zu dieser Begegnung lesen.
@ Achti: Ich habe freundlich, aber bestimmt erklärt, dass ich kein längeres Gespräch will. Er hat nicht darauf reagiert. Bedeutet denn Liebe und Respekt Deiner Meinung nach, dass ich so lange mit ihm reden muss, wie er will? So jemand geht auf eine Veranstaltung, um einen Auftritt zu haben. Müssen wir ihm den geben? Come on…
OK, das geht aus dem Post aber so nicht hervor. Das klang eher so nach unliebsame Kritiker „abbügeln.“ Und ich kann mich ja nur auf das beziehen, was hier steht.
Irgendwann ist vielleicht tatsächlich kein HappyEnd des Gespräches mehr in Sicht, und „auch mein Fass hat Grenzen“, wie Stromberg sagt. 😉
@ Achti: Der gute Stromberg 🙂
@ Johannes: Ich habe immer noch Mühe mit der Begrifflichkeit. Wenn die Auferstehung (Deine, meine, …) in der Zukunft liegt, dann ist es eben eine Hoffnung und gerade noch keine Realität. Wäre sie eine Realität, dann wäre ja schon alles vollendet. Der auferstandene Jesus dagegen ist die Realität, von der das Evangelium spricht, und darin gründet unsere Hoffnung. Zufrieden?
Ganz ehrlich? Wenn sich jemand mir so nähert, mit Traktaten „bewaffnet“, vorher schon wissend, wer hier in die Hölle kommt und wer in den Himmel, ständig von der „Wahrheit“ und von „Gewissheit“ spricht, hab ich längst keine Lust mehr zuzuhören.
@Achti: Mein Gott, wie oft hab ich das versucht… es bringt nichts!
@Peter: Ich finde, du hast angemessen reagiert
@Allgemeinheit: Lasst doch mal Gott entscheiden, wen er wann und warum rettet. Ich finde es dermaßen anmaßend, wenn mir jemand sagt, ob ich gerettet bin oder net. Muss sich Gott dann daran halten, wenn mich mal wieder ein Mitbruder in die Hölle diskutiert??? Hoffentlich nicht! Was ist denn so schwer daran, Gott seine Souveränität zu lassen? Dass er das Recht hat (und nur ER!) zu retten wen er will. Wieso sind denn so viele irgendwie „scharf“ drauf, dass die Hölle gut bevölkert wird? Ich persönlich hoffe und flehe, dass Jesus zu seinem Wort stehen wird und ich mal gut aufgehoben bin bei ihm. „Wissen“ tu ichs nicht^^
Amen, Stephan, Amen!
Hallo Peter, mir ist dieses Thema fast schon zu akademisch. Welche konkrete Auswirkung hat diese Differenzierung denn auf mein praktisches, alltägliches Leben? Möchtest du damit andeuten, dass man es letztendlich ja nicht wissen kann und auch andere religiöse Richtungen außerhalb des Christentum recht haben könnten? Diese Frage beziehe ich auf der Frage des Seelenheils. Falls du das meinst, so wäre die Betonung, dass eine Unterscheidung dieser Begriffe sehr wichtig sei, verständlich.
Das Missverständnis besteht ja wohl hauptächlich im unterschiedlichen Sprachgebrauch des Wortes Hoffnung aus biblischer Sicht und der Heutigen.
Ich glaube, dass die Gewissheit des Heils, bzw. das biblische „Hoffen“ auf das zukünftige Heil unerlässlich ist – im Bezug auf die geistliche Kriegsführung. Ich verstehe den Helm des Heils aus Eph 6,17 als essentiellen Bestandteil der geistlichen Waffenrüstung um gegen Anfechtungen im Hier und Jetzt – unserer Realität – im Glauben bestehen zu können. Diese Gewissheit bildet eine Brücke von unserer Gegenwart zu unserer Zukunft – aus unserer Perspektive.
Für mich persönlich ist es super wichtig gewiss zu sein, dass ich ein Zuhause habe und das ist eben in meinem Sprachgebrauch etwas mehr als darauf zu hoffen, denn das impliziert eben doch irgendwie einen Hauch von Zweifel.
@ Tanja: Exakt das ist mein Punkt – Du verstehst unter Hoffnung etwas anderes als z.B. eben Paulus
@ Henni: dto – beim Hoffen geht es eben NICHT um „nicht wissen“. Das ist der falsche Gegensatz. Der biblische Gegensatz ist jetzt und später. Alles, was noch kommt, ist Gegenstand der Hoffnung. Was schon ist, ist Gegenstand des Glaubens. Und „Wissen“ spielt nicht annähernd die Rolle wie im modernen Christentum seit der Aufklärung.
Hallo Peter, vielen Dank für deine Antwort! Ich vermute, man könnte mit der Frage, inwieweit „Wissen“ theologisch zu beurteilen ist, mindestens eine Diplomarbeit füllen. Mich würde aber doch sehr interessieren wie du zu meiner ersten Frage stehst: „Welche konkrete Auswirkung hat diese Differenzierung denn auf mein praktisches, alltägliches Leben?“
@ henni: Also, welche Auswirkungen das auf Dein alltägliches Leben hat, kannst ja nur Du selbst sagen…
Hm… wird hier gespielt: „Wie weiche ich die Fragen vom anderen, am besten aus“??? 😉
Ich frage mich woher viele ihre sogenannte “Gewissheit” nehmen. Bei vielen, die so auftreten, habe ich im Gegenteil des Eindruck, dass ihre “Gewissheit” nichts anderes als ein ängstliches Klammern an einen Strohalm ist. Denn oft sind diese Menschen starr und unbeweglich in ihrem Denken, was keinesfalls ein Zeichen von Freiheit und Gewissheit sein kann. Ihr Glaubenssystem (besser: “Für-wahr-haltens-System”) lässt keine anderen Gedanken und Fakten zu.
Mir erscheinen sie deshalb suspekt. Denn oft sind es ja die, die den einen (unabhängig von ihrem geistig-seelischen Stand, wenn sie nur “glauben”) nach dem Tod die unmittelbare Seligkeit und allen anderen die ewige Verdammnis zuordnen. Ein “Glaube”, der weder biblisch noch durch die Fakten, die eine ganz andere Sprache sprechen, belegt sind.
Um von mir zu sprechen:
Ich weiß, dass ich ein ewiges Wesen bin. Deshalb kann mir nichts und niemand etwas anhaben, kann ich jeden Gedanken denken, jeden Fakt berücksichtigen.
Wenn ich aus diesem Ewigen lebe – das erfahre ich, löse ich mich aus der Abhängigkeit des Innerweltlichen, überwinde ich die Welt – habe ich die Hoffnung (wenn ich dran bleibe), dass ich eines Tages völlige Freiheit vom Leid erfahre. Aber es liegt an mir. An keinem anderen. Ich muss treu sein.
Drei Zitate dazu:
1. „Jeder Mensch ist eine Insel.“ Alfred Koestler
2. „Der Andersdenkende ist kein Idiot, er hat sich eben eine andere Wirklichkeit konstruiert.“ Paul Watzlawick
3.“ Wenn wir uns sicher sind, dass wir die Wahrheit glauben, warum haben wir dann so viel Angst vor der Wahrheit der Anderen?“ mir unbekannt
@Peter: Ich hätte wohl meine Frage etwas präziser stellen sollen. Für mich persönlich hat diese Differenzierung ja wie bereits geschrieben einen zu akademischen Charakter. Aber dies scheinst du ja nicht so zu sehen. Deshalb interessiert mich schon, warum es dir wichtig ist, diese aus deiner Sicht signifikante Unterscheidung auch auf deinen Block zu publizieren. Du verfolgst doch deinen Blogeinträgen ein Ziel bzw. bestimmte Ziele!? Vielleicht hätte ich meine Frage gleich so formulieren sollen: „Welche konkrete Auswirkung hat diese Differenzierung denn auf dein praktisches, alltägliches Leben gehabt?”
Ich meinte natürlich: „Du verfolgst doch MIT deinen Blogeinträgen ein Ziel bzw. bestimmte Ziele!?“
@ Henni: Ich schreibe hier Dinge, die für mich interessant sind. Dazu gehören akademische Dinge, an denen ich nichts Verwerfliches finden kann. Und wer sie interessant findet, kann sie lesen oder kommentieren. In diesem Fall u.a. auch Du.
Ich sage ja auch nicht, dass nicht-akademische Themen trivial sind. Obwohl, wenn ich so drüber nachdenke, wäre das mal einen (akademischen) Post wert.
Generell bin ich der Meinung, dass ein reflektierter Sprachgebrauch und saubere Differenzierungen immer sinnvoll sind. Man sieht den praktischen Nutzen nicht immer sofort, das mag sein, aber auf lange Sicht zahlt es sich aus.
Meine Frage ist noch nicht beantwortet worden.
Worin unterscheidet sich Deine persönliche Ansicht mit der des Fragestellers?
Und noch eine Frage.
Warum heißt es falsche Gewissheit.
Demnach hat dieser Mann tatsächlich eine falsche Gewissheit.
Ist das so?
@Peter – Ich kann nur noch einmal wiederholen, was ich schon geschrieben habe: den Begriff „Gewissheit“ – und die Unterstellung, das sei mehr als „Hoffnung“ – fand ich an dieser Stelle auch vom biblischen Zeugnis her nicht angemessen.
Worüber ich 100 Prozent „Gewissheit“ habe: „Traktat“ kommt von „traktieren“.
Und deswegen finde ich es allein aus Wahrheitsliebe mehr als angebracht, dass wir unseren christlichen Sprachgebrauch umstellen.
Also: „Ich bin traktiert worden“ (früher: „Ich habe ein Traktat erhalten.“) und „Lass uns Leute traktieren“ (früher: „Lass uns in die Welt hinaus gehen und unsere verlorenen Mitmenschen mit Trakaten den rechten Weg weisen.“).
-:)
nanana, 😉 das ist ja ein Wortspiel… 🙂
Ich würde aber nicht den missionarischen Einsatz so herabsetzen…
Fände ich etwas unfair…oder?
@ Johannes D – der war gut 🙂
@ Johannes – hat er das? Allenfalls dann, wenn man Traktate und „Einsatz“ gleichsetzt. Aber Jesus hat ja nicht gesagt: „Geht hin in alle Welt und verteilt Schriften.“
Natürlich nicht, aber es ist eine von vielen Methoden… (die auch Houdson Taylor gebraucht hat) aber mir geht es nicht um die Verteidigung von soetwas 😉
@Peter: Gingen die Fragen oben an mich oder an Johannes?