Theologisch kann man sich beim Thema „Erbsünde“ ja heiße Diskussionen liefern. Ab und zu aber stolpert man über unerwartet gute literarische Beschreibungen dessen, was mit diesem Begriff gemeint sein könnte. Zum Beispiel in Der menschliche Makel von Philip Roth. Dort betrachtet Faunia, die Geliebte des Protagonisten Coleman Silk, eine zahme Krähe in der Voliere des Vogelschutzbundes. Sie wohnt dort, weil die wilden Krähen sie nicht akzeptieren. Vielleicht wäre Augustinus ja einverstanden mit ihren Schlussfolgerungen:
„Das kommt davon, wenn man handzahm geworden ist“, sagte Faunia. „Das kommt davon, wenn man die ganze Zeit mit Leuten wie uns verbringt. Das ist der menschliche Makel“, sagte sie, weder angewidert noch verurteilend. Nicht einmal traurig. So ist es eben (…) Die Berührung durch uns Menschen hinterlässt einen Makel, ein Zeichen, einen Abdruck, eine Unreinheit, Grausamkeit, Missbrauch, Irrtum, Ausscheidung, Samen – der Makel ist untrennbar mit dem Dasein verbunden. Er hat nichts mit Ungehorsam zu tun. er hat nichts mit Gnade oder Rettung oder Erlösung zu tun. Er ist in jedem. Eingeboren. Verwurzelt. Bestimmend. Der Makel, der schon da ist, bevor irgendeine Spur davon zu erkennen ist. es ist nichts zu sehen, und doch ist er da. Der Makel, der so wesenseigen ist, dass er kein Zeichen braucht. Der Makel, der jedem Ungehorsam vorausgeht, der den Ungehorsam einschließt und jedes Erklären und Begreifen übersteigt.
Hmm – würde darauf mit Blumfeld antworten:
„Tiere um uns sind keine besseren Menschen, in ihrer Welt gilt des Stärkeren Recht.“ Theologisch kann man den Makel also wohl nicht nur auf den Menschen eingrenzen…